Seekers 03: Auf dem Rauchberg
Mit der Schnauze deutete sie auf die gewaltigen, unförmigen Feuerbiester, die auf dem Hang oberhalb von ihnen kauerten.
»Ich glaube, sie fressen die Erde«, antwortete Ujurak. »Aus der Luft habe ich einige von ihnen im Graben sitzen sehen, die Klauen voller Sand.«
»Warum machen sie so was?«, fragte Kallik. Sie legte sich nieder, wo sie gerade stand, ohne Rücksicht darauf, dass ihr Fell vom Lehmboden braunrot verschmiert wurde.
»Ich weiß es nicht«, antwortete Ujurak. Er wandte sich an Toklo. »Aber die Vögel kommen nicht mehr hierher. Früher haben sie im Schlamm neben dem Fluss reichlich Nahrung gefunden. Ich habe mich mit einer alten Möwe unterhalten. Sie hat mir erzählt, dass die Flachgesichter sich immer weiter ausbreiten, zu beiden Seiten des Flusses. Sie graben und graben und pflanzen seltsame Dinge in die Erde. Sie holen etwas Klebriges, Schwarzes aus dem Boden, das die Federn der Vögel verklebt und sich auf alles legt, was sie fressen, und dann werden sie davon krank. Für die Möwen gibt es hier nichts mehr zu holen.«
Toklo schnaubte. Was interessierten ihn die Vögel? Er hatte das Gefühl, er könnte jetzt sofort in den Langschlaf versinken, der eigentlich erst nach dem Ende des Fischsprungs vorgesehen war. Wahrscheinlich würde er ohne Weiteres bis zum nächsten Fischsprung durchschlafen können.
»Wir sollten uns gleich wieder auf den Weg machen«, drängte Ujurak. »Wir sind noch nicht weit genug weg von all diesen Flachgesichterdingen.«
»Es geht nicht«, widersprach Toklo. Selbst wenn er selber noch in der Lage gewesen wäre weiterzuziehen, brauchte man nur Lusa keuchen zu sehen, um zu wissen, dass sie eine Pause brauchte. »Wir können uns kaum noch auf den Beinen halten. Wir brauchen ein bisschen Schlaf.«
Ujurak zögerte und blickte mit Unbehagen auf das verschwommene orangefarbene Himmelsband über dem Höhlengebiet der Flachgesichter. »Na schön«, gab er schließlich nach. »Aber nicht lange. Wir müssen aufbrechen, bevor die Flachgesichter aufwachen.«
Die Bären schleppten sich zu ein paar belaubten Büschen. Es war der beste Unterschlupf, der sich in so geringer Entfernung vom Fluss finden ließ. Von hier aus hatten sie einen unverstellten Blick auf die Grabebiester der Flachgesichter, die zwar bedrohlich nahe waren, sich aber immerhin nicht bewegten.
Toklo nahm sich noch einen Augenblick Zeit, den Fluss hinunterzublicken, bevor er sich zum Schlafen zusammenrollte. Alles, was er in beiden Richtungen entlang dem Ufer sehen konnte, waren Flachgesichterhöhlen, Grabebiester und aufgeworfene Hügel aus Erde und Stein. Das Herz war ihm so schwer wie die geschundenen Glieder. Qopuk hatte gesagt, man müsse dem Fluss bis hinunter zum Eismeer folgen. Aber wie sollten sie das schaffen? Wohin sie auch gingen, den Flachgesichtern konnten sie allem Anschein nach nicht entkommen.
Er legte das Kinn auf die Tatzen und war bald eingeschlafen, aber in seinen Träumen rannte und rannte er, wich Feuerbiestern aus und stürzte in Löcher, die von Flachgesichtern gegraben worden waren und in denen nichts zu riechen war als Feuer und Tod, ganz gleich wie weit oder schnell er rannte.
12. KAPITEL
Kallik
Ein Kreischen war zu hören, ein lang gezogener, durchdringender Schrei. In ihren wirren Träumen dachte Kallik zunächst, es sei der Schwirrvogel, der wieder vom Himmel fiel und Nanuk in den Tod riss. Dann kreischte es noch einmal, gefolgt von einem Brüllen, Fauchen und Brummen, als würden sämtliche Bären auf der Versammlung des Längsten Tages sich gegenseitig anschreien, jedoch ohne erkennbare Worte. Blinzelnd rieb sie sich die Nase und kam nur mühsam zu sich. Vielleicht lag sie ja in Wirklichkeit noch am Ufer des Großen Bärensees und alles andere war nur ein Traum gewesen?
Als sie aufblickte, sah sie eine riesige gelbe Klaue, doppelt so groß wie der größte Eisbär, und sie stürzte aus dem Himmel genau auf sie zu.
Mit einem Schreckensschrei sprang Kallik auf. Die anderen drei Bärenjungen neben ihr waren noch nicht ganz wach. Verzweifelt rammte Kallik Toklo den Kopf in die Seite.
»Aufwachen! Wir werden angegriffen!«, brüllte sie.
Toklo schnellte fauchend hoch. Ujurak und Lusa rappelten sich ebenfalls auf. Kallik sah, dass Lusas Tatzen noch immer vor Erschöpfung zitterten. Ihrem Gefühl nach hatten sie nicht lange geschlafen, aber die Sonne stand bereits hoch am Himmel und die Krallenlosen waren unterdessen aufgewacht. Ebenso wie ihre Riesenbiester.
Kallik stürzte
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