Seekers 03: Auf dem Rauchberg
hatte Angst, die Flachgesichter könnten sich entschließen, diese Dinge unter Einsatz von Feuerstöcken zu verteidigen. Es war besser, schnell und sicher den Fluss zu überqueren und die Flachgesichter ganz hinter sich zu lassen. Außerdem gab es weder Nahrung noch Wasser auf der Insel, nichts als seltsame metallene Flachgesichtertürme und den strengen Geruch der klebrigen schwarzen Flüssigkeit, die alles überzog. Sie bewegten sich vorsichtig um die Türme herum und gingen hinunter zum Ufer auf der anderen Seite der Insel.
Ujurak flog wieder ein Stück voran, als die Bärenjungen in den Fluss hineinwateten. Ein Schwall voll Wasser schwappte Toklo ins Maul, er prustete und verlor vorübergehend seinen Rhythmus. Das Wasser schmeckte bitter und eklig, kein Vergleich mit den Bächen und Flüsschen in den Wäldern, wo er aufgewachsen war. Weder konnte er irgendetwas schmecken oder riechen, das auf Fische hindeutete, noch hörte er das Murmeln von Bärenseelen. Der Fluss war genauso leer und tot wie die Inseln. Oka war nicht hier und auch nicht Tobi. Toklo fühlte sich plötzlich einsam. Nachdem er sich mondelang vor ihren Geistern gefürchtet hatte, empfand er, wenn er jetzt an sie dachte, etwas, das sich wie Schmerz anfühlte.
Alle seine Muskeln taten weh, als er sich auf die zweite Insel hinaufschleppte, und die Kratzwunden, die Taqqiq ihm beigebracht hatte, brannten immer noch. Aus einigen von ihnen sickerte wieder etwas Blut, also leckte er sie, während er auf Kallik und Lusa wartete. Sie waren diesmal weiter zurückgeblieben, was ihm Sorge bereitete. Kallik schwamm mit langen, kraftvollen Zügen, und sie hielt sich immer auf der flussabwärts gewandten Seite von Lusa, damit diese, die viel kleiner und weniger kräftig war, nicht fortgeschwemmt wurde. Toklo konnte aber erkennen, dass es ermüdend für sie war, genauso langsam zu schwimmen wie die Schwarzbärin.
»Nächstes Mal kann ich mit Lusa schwimmen«, bot er an, als sie auf die zweite Insel gekrochen kamen. Er bückte sich unter einem tief hängenden Arm des Flachgesichterbaus hindurch. Die Inseln waren seltsam regelmäßig angelegt. Konnte es sein, dass auch sie von den Flachgesichtern hergestellt worden waren? Waren diese imstande, Inseln einfach aus dem Fluss wachsen zu lassen?
»Ich komme tadellos zurecht«, protestierte Lusa. »Das Schwimmen macht Spaß, ganz ehrlich.« Toklo bemerkte jedoch, dass ihre Beine vor Anstrengung zitterten.
»Das ist schon in Ordnung«, erwiderte Kallik. »Schwimm du lieber vorneweg, Toklo. Es fällt mir leichter, dir zu folgen, als wenn ich immer Ujurak im Auge behalten müsste.«
Also übernahm Toklo wieder die Führung, als sie zur dritten Insel schwammen. Sein Kopf fühlte sich an, als sei er mit durchnässten Disteln gefüllt. Er konnte an nichts denken als daran, die Nase über Wasser zu halten und mit seinen Tatzen so kräftig durch die Wellen zu pflügen, wie es nur irgend ging. Ujurak kreiste über ihnen und stieß schrille Schreie aus, um sie auf Kurs zu halten, wenn sie abzutreiben drohten oder die Insel bei starkem Wellengang aus den Augen verloren.
Auf der dritten Insel angelangt, waren sie alle so erschöpft, dass sie zunächst nicht einmal mehr sprechen konnten. Die Ujurak-Möwe stakste um sie herum, während sie sich zusammenkauerten, und stieß sie mit dem Schnabel an.
»Lass uns einen Moment Zeit, Ujurak«, bat Toklo gereizt.
»Können wir nicht ein kleines bisschen schlafen?«, fragte Lusa.
Es war offensichtlich, wie erschöpft sie war. Toklo nickte und schmiegte sich an ihr nasses Fell, damit sie sich an seinem Körper wärmen konnte. Sofort war Lusa eingeschlafen. Auch er selbst döste wiederholt ein und träumte dann unruhig von Flachgesichtern und vom Ertrinken.
Doch schon bald wurden sie wieder von der Ujurak-Möwe angestoßen. Blinzelnd erwachte Toklo und bemerkte, dass der Himmel über dem Höhlengebiet der Flachgesichter bereits heller wurde. Das Morgengrauen war nicht mehr fern, die kurze Nacht schon fast wieder vorbei. Ujurak schlug ungeduldig mit den Flügeln.
»Ist ja gut, ist ja gut«, murrte Toklo und stand auf. Er trottete hinunter zum Wasser, dann wandte er den Kopf, um sich zu vergewissern, dass Kallik und Lusa ihm folgten.
Die nächste Etappe war ein einziger Kampf gegen die schmerzenden Muskeln und das bittere Wasser, das ihm über den Kopf schwappte. Ein großer, mit gelbem Schaum bedeckter Ast raste so schnell mit der Strömung dahin, dass er ihm nicht mehr ausweichen
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