Seekers 03: Auf dem Rauchberg
gehen, bevor die Flachgesichter aufwachen und uns sehen.«
Ujurak schlüpfte zurück in seine Möwengestalt und stieg in den Himmel hinauf. Toklo führte die anderen beiden Jungbären zum Wasser.
Der Fluss roch so streng und schmutzig, als würden Feuerbiester darin schwimmen. Eine schreckliche Vorstellung, dachte Toklo schaudernd, Feuerbiester, die im dunklen Wasser lauerten. Er hatte noch nie solche Killerwale gesehen, wie sie in Kalliks Erzählung vom Tod ihrer Mutter vorkamen, aber er stellte sie sich wie große, nasse Feuerbiester mit Zähnen vor. Er schob das Bild beiseite, als er ins Wasser watete. Ihr Reiseweg, wo immer er enden mochte, setzte sich auf der anderen Seite fort, also mussten sie hinüber.
Mit einem kurzen Blick zurück vergewisserte er sich, dass die anderen beiden direkt hinter ihm waren. Nachdem er tief Luft geholt hatte, warf er sich nach vorn, stieß sich mit den Tatzen vom Boden ab und begann zu paddeln. Die Wucht der Strömung verschlug ihm den Atem. Sie schien mit starken Klauen in sein Fell zu greifen und ihn flussabwärts zerren zu wollen. Er ließ die Tatzen wirbeln, um voranzukommen. Eine Möwe kreiste über ihm, und er wollte sie schon anfauchen, als ihm klar wurde, dass es Ujurak war, der ihm den Weg zur ersten Insel wies.
Schnaubend, damit kein Wasser in seine Nase drang, hob Toklo die Schnauze und erkannte, dass sich unterhalb der Möwe ein massiger Umriss aus dem Fluss erhob. Die erste Insel!
Er stieß ein paar Rufe aus, in der Hoffnung, dass die anderen ihn hörten und auf die Insel aufmerksam wurden. Er versuchte sich zu ihnen umzudrehen, erhaschte jedoch nur einen kurzen Blick auf Kalliks weißes Fell, bevor die Strömung ihn herumriss und er sich wieder aufs Schwimmen konzentrieren musste. Lusa war zu klein und zu dunkel, sagte er sich, deshalb konnte er sie nicht sehen. Aber ganz bestimmt war sie noch da und folgte ihm.
Auf den ersten Blick schien die Insel gar nicht weit weg zu sein, aber es kam ihm vor, als würde sie sich immer ein Stückchen weiter wegbewegen, je mehr er paddelte. Er musste ungeheuer viel Kraft allein nur dafür aufwenden, nicht abgetrieben zu werden, aber er ließ nicht locker, kämpfte sich durch die anbrandenden Wellen, bis seine Tatzen auf Sand stießen. Er schleppte sich zum Strand hoch und sank auf den Kieselsteinen nieder. Viele der Steine waren mit einer klebrigen schwarzen Flüssigkeit besprenkelt, die nach Feuerbiestern roch. Ein gewaltiger, eckiger Flachgesichterbau türmte sich über ihm auf, größer als ihre Höhlen, mit langen, knochenartigen Gliedern, die hoch in den Himmel ragten. Schaudernd dachte Toklo an die Geschichte von dem riesigen Flachgesicht, musste sich dann aber in Erinnerung rufen, dass er an derlei Wolkengespinste gar nicht glaubte.
Er rappelte sich hoch und erblickte Kallik, die durch das flache Wasser gestolpert kam. Neben ihr hüpfte etwas Kleines, Dunkles auf und ab, das war vermutlich Lusas Kopf. Kallik schob ihre Schulter unter Lusa, um ihr beim Erklimmen des Ufers zu helfen. Die beiden Bärinnen krochen aus dem Fluss und sanken neben Toklo nieder. Wasser strömte aus Lusas Fell auf den Sand.
»Brrrr«, murmelte sie. »Kallik, du siehst nicht mal nass aus!«
Tatsächlich, das Wasser schien einfach von Kalliks Fell abzuperlen. Die größere Bärin schüttelte sich energisch. »Das liegt eben daran, wie das Eisbärenfell gemacht ist«, erklärte sie.
Die Ujurak-Möwe landete direkt neben ihnen.
»Wie viele Inseln noch?«, keuchte Lusa.
Die Möwe schlug mit den Flügeln, als wolle sie »Ich weiß nicht« sagen oder auch »Jede Menge«. Keine der beiden möglichen Antworten erfüllte Toklo mit Zuversicht. Er blickte zum Flussufer zurück, wo die Flachgesichterhöhlen leuchteten. Dann wandte er sich in die andere Richtung und konnte noch einmal den gleichen hohen Flachgesichterbau ausmachen, der sich offensichtlich auch auf der nächsten Insel erhob. Es war beruhigend, ihn sehen zu können, aber auch beängstigend, wie weit entfernt er war. Er wollte sich einfach nur hinlegen und schlafen.
Sie ruhten sich so lange aus, wie sie sich trauten. Die Nächte waren so kurz, und Toklo schielte immer wieder zum Himmel, ob er schon den ersten Schimmer der Morgendämmerung entdeckte, da die Wanderung durch das Höhlengebiet bereits einen großen Teil der kurzen Nacht gekostet hatte. Er hatte keine Lust, sich von Flachgesichtern auf einer dieser Inseln aufspüren zu lassen. Sie rochen nach Flachgesichterdingen, und er
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