Seekers 03: Auf dem Rauchberg
ihm gefangen. Kallik ging näher und deutete mit der Nase darauf. »Verstehst du nicht? Das ist Lusa. Sie ist eine kleine Schwarzbärin, aber sie ist anders als alle Bären um sie herum. Sie scheint von innen her zu leuchten.«
Toklo schnaubte genervt. »Also gut, dann gehen wir eben da lang.«
»Ja, wir gehen da lang«, wiederholte Kallik. Es stimmte sie zuversichtlich, dass »da lang« nach unten führte, denn auf dem Hinweg waren sie hügelaufwärts gegangen. Sie holte den Stein mit dem Maul aus der Ritze und trug ihn mit sich. Sie wollte ihn Lusa zeigen. Falls sie glücklich zur Höhle zurückgelangten, dachte Kallik, wäre der Stein ein überzeugender Hinweis darauf, dass die guten Geister dieser Gegend stärker waren als die bösen, vorausgesetzt, die Bären waren bereit, auf sie zu hören.
Schließlich wurde die Felslandschaft von einem kargen Streifen Erde abgelöst, auf dem nichts als Gras und einige dürre Büsche wuchsen. Berggipfel erhoben sich ringsum, der Wind pfiff aus den Schluchten herauf und wehte ihnen den Regen ins Gesicht.
Kallik fasste die Steilwände ins Auge, die in einiger Entfernung rechts von ihr aufragten. Waren das die, denen sie durch den Bach gefolgt waren? Um sprechen zu können, legte sie den kleinen schwarzen Stein ab. »Ich glaube –«
»Warte mal!«, unterbrach sie Toklo. Und plötzlich stürzte er davon, jagte über den matschigen Boden auf einen der Bäume zu. Seine mächtigen Schultern trieben ihn mit einer verblüffenden Geschwindigkeit voran. Kallik blickte ihm überrascht hinterher.
Dann sah sie, was er entdeckt hatte: eine rasende Fellkugel, die sich auf einem der Bäume in Sicherheit zu bringen versuchte. Sie hielt den Atem an, während Toklo immer näher kam. Und dann … schlug er zu!
Als er sich umdrehte, hing das Tier schlaff aus seinem Maul. Es sah aus wie ein großer Fuchs mit buschigem Schwanz und einem wieselartigen Gesicht. Kallik ging Toklo entgegen. »Guter Fang«, lobte sie ihn. »Was ist das?«
Er sah sie verwundert an und legte das Tier ab, um zu sagen: »Na, das ist natürlich ein Baummarder.«
»Komm mir nicht mit natürlich«, beschwerte sich Kallik. »Auf dem Eis gibt es keine Baummarder.«
Toklo schnaubte. »Wenigstens können wir jetzt Lusa etwas mitbringen.«
»Wir gehen da lang.« Kallik deutete mit der Nase auf eine Rinne, die abwärtsführte und zwischen zwei großen, klotzigen Felsblöcken verlief. Auf ihrem Grund floss Wasser, aber man konnte ihr auch am oberen Rand entlang folgen.
»Warum?«, fragte Toklo. »Weil dort drüben vier große Felsen stehen?«
»Äh … ja«, gestand Kallik. »Aber es sind nicht irgendwelche vier Felsen! Achte mal drauf, wie sie sich aneinanderlehnen. Genau so, wie wir vier uns auch gegenseitig stützen müssen.« Stimmt das, ihr Seelen? Ist es das, was ihr mir sagen wollt?
Toklo seufzte schwer. »Ich kann nur hoffen, dass du recht hast.« Er nahm den Baummarder wieder ins Maul. Kallik konnte erkennen, dass er das Ganze für ausgemachten Unfug hielt. Im Stillen rief sie noch einmal die guten Geister an: Bitte sorgt dafür, dass wir die Höhle finden!
Sie schoben sich am Rand der Rinne entlang und lauschten dem Rauschen des Flusses, der sich dort unten zu bilden begann. Plötzlich spürte Kallik, wie sie ins Rutschen geriet. Der Boden unter ihren Tatzen gab nach! Einen Schreckensschrei ausstoßend, fiel ihr der schwarze Stein aus dem Maul, während sie versuchte, Halt zu finden. Toklo ließ die Beute fallen, sprang herbei und grub seine Zähne in dem Moment in ihr Nackenfell, als ein Teil der Böschung in die Rinne abrutschte.
Mit all seiner Kraft zog Toklo sie zurück. Kallik zitterte am ganzen Leib.
»Ich habe Lusas Stein fallen lassen«, jammerte sie. »Das könnte ein schlechtes Zeichen sein. Vielleicht gehen wir in die falsche Richtung?«
»Es wird schon stimmen«, versuchte Toklo sie zu beruhigen. Er hob den Marder wieder auf. »Gehen wir weiter«, nuschelte er.
Kallik wurde von Zweifeln geplagt. Sie hätte Lusas Stein nicht verlieren dürfen! Führte dieser Weg nun in die Irre?
Doch nur wenige Schritte später machte die Kluft eine Biegung und fiel gleichzeitig steil ab. Das angesammelte Wasser rauschte nach unten, um sich mit einem schnell fließenden Bach zu vereinigen. Kallik hob die Nase. Jetzt endlich nahm sie vertraute Gerüche wahr. Sie glaubte sogar den warmen, pelzigen Geruch von Lusa und Ujurak riechen zu können.
»Das ist unser Bach!«, rief sie. »Das ist der, der an der Höhle
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