Seekers - Die Suche beginnt - Hunter, E: Seekers - Die Suche beginnt
hatte. Sie ging geduckt und beobachtete ihre Mutter, deren Fell in der Sonne braun und schwarz schimmerte.
»Halt«, flüsterte Ashia und hob die Nase. »Psst. Da kommt ein großer Tiger.«
»Aber wir sind doch immer noch im Bärengehege«, wandte Lusa ein.
»Nicht wenn du dir vorstellst, dass wir in einem tiefen, dunklen Wald sind, umgeben von wilden Tieren«, flüsterte ihre Mutter zurück. »Also, kannst du diesen Tiger riechen?«
Lusa ahmte ihre Mutter nach und schnupperte aufmerksam. Ja, da war eindeutig etwas, das sich ihnen näherte. Es war allerdings kein Tiger, sondern Yogi! Die beiden beobachteten aus dem langen Gras heraus, wie er an ihnen vorbeizockelte und zum Zaun ging, um sich daran zu kratzen. Lusa musste ein belustigtes Schnauben unterdrücken. Sie konnte sich noch so anstrengen, aber es gelang ihr einfach nicht, sich Yogi als etwas Wildes und Furchterregendes vorzustellen.
Plötzlich gab es Bewegung in den Bergen. King stand auf, um sich zu strecken.
»Da ist noch ein Bär!«, warnte Ashia. »Rauf auf den Baum!«
Sie sprang auf einen der unteren Äste und kletterte flink nach oben. Lusa folgte ihr auf den Fersen. Sie sah, dass ihre Mutter so kletterte, wie King es sie gelehrt hatte, mit schnellen Sprüngen am Stamm aufwärts. Jetzt fiel es ihr sogar noch leichter als beim ersten Mal, vor allem weil ihre Mutter ja vorauskletterte. Das war wirklich ein schönes Spiel, so zu tun, als wäre das Bärengehege in Wahrheit ein großer Wald.
Lusa fragte sich, ob das Leben in der Wildnis immerzu so aufregend war. Sie hockte sich neben ihre Mutter auf einen Ast und blickte hinunter zu den anderen Bären im Gehege. Vielleicht hatte King ja unrecht. Vielleicht würde sie die Welt außerhalb des Geheges eines Tages zu sehen bekommen? Vielleicht würde sie eines Tages tatsächlich in der Wildnis leben?
6. KAPITEL
Toklo
Der Himmel war von rosa- und goldfarbenen Streifen durchzogen, Schatten krochen durch den Wald wie Bären auf der Pirsch. Die Nacht senkte sich herab, und unter den Bäumen wälzte sich Toklo in den Fichtennadeln und tat so, als würde er Fische fangen.
»Ha!« Knurrend schlug er zu. »Hab ich dich!« Er krabbelte durch den Schnee, schnellte dann zur Seite und ließ die Tatze auf einen weiteren Haufen Nadeln niedersausen. »Und dich auch!«
»Leiser«, wimmerte Tobi. »Mir tun die Ohren weh.« Er lag immer noch an derselben Stelle, an der er niedergesunken war, nachdem sie vom Körnerhaufen geflüchtet waren. Toklo hätte gern einen Bruder gehabt, der mit ihm spielte. Er hatte schon einige Male beobachtet, wie andere Grizzlyjungen miteinander herumtollten. Dabei konnte man das Kämpfen lernen und außerdem machte es Spaß. Aber Tobi war immer zu müde oder ihm tat irgendwas weh. Oder Oka wollte, dass er sich ausruhte.
Blätter und Erde flogen auf, als ihre Mutter eine Höhle für sie grub. Sie war zwar nicht tief, aber wenn sie sich eng aneinanderlegten, würden sie es einigermaßen warm haben. Toklo hatte den Eindruck, dass seine Mutter jetzt ruhiger war, nachdem sie den Entschluss gefasst hatte, über die Berge zu ziehen. Er war froh darüber. Es gefiel ihm nicht, wenn sie ihn und Tobi anbrüllte und Grasbüschel ausrupfte.
»Heute gehen wir früh schlafen«, beschloss Oka. »Wir müssen uns gut ausruhen, bevor wir morgen auf die lange Wanderung gehen.«
Tobi drückte sich mit einem Schaudern an seine Mutter, doch Toklo schlug ihr spielerisch auf die Tatzen.
»Bringst du mir bei, wie man Lachse fängt?«, bedrängte er sie.
»Na, so wie du das vorher gespielt hast, jedenfalls nicht, das steht fest«, schnaubte sie. »Dieses ganze Gespringe und Gejaule. Die Lachse würde dich kommen hören, sobald du nur eine Tatze ins Wasser setzt.«
»Wie muss ich es dann machen?«
»Zuerst einmal watest du in das flache Wasser hinein«, erklärte Oka. »Dann stellst du dich mit dem Rücken zur Strömung auf. Du siehst, wie die Lachse an deinen Tatzen vorbeigleiten. Wenn du dich still verhältst, kommen sie direkt auf dich zu. Und wenn du dann schnell genug bist«, – sie gab Toklo einen überraschenden Klaps –, »dann fängst du vielleicht einen.«
»Jawohl!«, rief Toklo. »Ich werde derjenige mit den schnellsten Tatzen im ganzen Fluss sein. Ich werde mehr Lachse fangen als alle anderen Bären!« Mehr jedenfalls als Tobi, das ist schon mal klar, dachte er für sich .
»Nun, das hängt von den Wassergeistern ab«, sagte Oka. »Die haben’s bestimmt nicht gern, wenn sie dich prahlen
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