Seekers - Die Suche beginnt - Hunter, E: Seekers - Die Suche beginnt
bereit war, sich in die Bäume zu begeben.«
»Hört auf mit diesem Unsinn«, sagte eine tiefe Stimme hinter ihnen. Lusa drehte sich zu ihrem Vater um. King sah Stella ernst an.
»Es gibt keinen Grund, so ein Aufhebens zu machen«, knurrte er.
»Aber was ist mit Mutter?«, fragte Lusa. »Werden die Flachgesichter ihr helfen?«
King zuckte die Schultern. »Wer weiß schon, was die Flachgesichter tun werden? Ich weiß nicht einmal, warum sie uns hier leben lassen, geschweige denn, warum sie uns wieder gesund machen, wenn wir krank sind. Es hat keinen Zweck, darüber nachzudenken, man findet es doch nicht heraus. Warten wir einfach ab.« Er kratzte sich am Ohr und verzog sich wieder.
Stella stieß Lusa sanft mit der Nase an. »Mach dir keine Sorgen, Lusa. Deine Mutter ist eine starke Bärin. Vielleicht hat sie einfach Lust, heute mal unter freiem Himmel zu schlafen, so wie dein Vater.«
Lusa warf einen Blick zu King hinüber. Er schlief nie auf dem kalten, matschigen Boden, sondern hatte sich auf einem Felsen ausgestreckt, von dem er die Tatzen zu beiden Seiten herunterhängen ließ.
»Hoffentlich geht es ihr bald wieder besser«, sagte Lusa.
»Oh, ihr Seelen der Bären«, murmelte Stella und blickte in den Himmel. »Lasst Ashia morgen früh aufwachen und sich wieder wie immer fühlen.« Sie stieß Lusa sanft an. »Komm, gehen wir schlafen.«
Lusa schlief die ganze Nacht unruhig. Sie machte sich Sorgen um ihre Mutter, und die Höhle erschien ihr furchtbar leer ohne Ashia, an deren stattlichen Leib sie sich beim Schlafen gern ankuschelte. Schon als das erste Tageslicht ins Gehege kroch, sprang sie auf, schüttelte sich und verließ die Höhle. Ashia lag noch immer in derselben Haltung da wie gestern Abend. Es sah so aus, als hätte sie sich die ganze Nacht nicht bewegt.
Lusa wusste nicht, was sie tun sollte. So lange sie zurückdenken konnte, war so etwas noch nicht vorgekommen im Gehege. Warum wurden Bären krank? Wie würde Ashia wieder gesund werden? Ihre Mutter war wie die Felsblöcke, aus denen der Berg bestand – immer da, immer gleich. Falls sich daran etwas änderte, dann wäre das, als würde die Erde ins Wanken geraten.
Vielleicht würde es ihr besser gehen, wenn sie etwas äße? Lusa sammelte einige Obststücke zusammen, die die Fütterer ausgelegt hatten, und trug sie zu ihrer Mutter. »Mutter?« Sie ließ die reifen Beeren neben Ashias Schnauze fallen.
»Lusa«, flüsterte Ashia und presste die Tatzen auf ihren Bauch. Eine Woge der Erleichterung erfasste Lusa, als sie hörte, dass ihre Mutter sie jetzt wenigstens wiedererkannte. Vielleicht ging es ihr schon ein bisschen besser.
»Mutter, geht’s dir gut?«, fragte Lusa. Sie schob die Beeren dichter an Ashia heran. »Hier ist etwas zu fressen.«
Ashia stöhnte und drückte ihren Kopf auf den Boden. Ihr Fell war mit Schnee und Schlamm bedeckt, doch sie machte keine Anstalten, den Schmutz abzuschütteln. Sie hob nicht einmal den Kopf, um die Beeren zu beschnuppern, die Lusa ihr gebracht hatte. Jetzt hörte Lusa ein Rumoren aus dem Bauch ihrer Mutter. Es war schrecklich laut. Ashia schloss vor Schmerz die Augen. Nein, es ging ihr nicht besser. Es ging ihr vielleicht sogar schlechter.
Einige der Fütterer standen auf der Mauer und lehnten sich über das Geländer. Lusa rannte auf sie zu und stellte sich auf die Hinterbeine, um ihre Aufmerksamkeit zu erregen. Sahen sie denn nicht, dass ihre Mutter krank war?
Einer von ihnen gluckste ein bisschen und warf ihr ein Stück Obst zu. Enttäuscht setzte Lusa sich wieder hin. Flachgesichter begriffen nie, was man in Wirklichkeit wollte. Sie schlug mit der Tatze auf das Obststück, dann ließ sie es liegen und lief zurück zu ihrer Mutter. Vielleicht musste sie sich noch mehr Mühe geben? Lusa lief zum Rand des Geheges zurück, richtete sich auf und sah die Fütterer an, dann lief sie zurück zu ihrer Mutter. Dies wiederholte sie einige Male und klapperte dabei mit den Zähnen, um zu zeigen, dass sie Angst hatte.
Die Flachgesichter wiesen erst auf sie, dann auf Ashia. Sie sprachen miteinander in einem leisen, ernsten Gemurmel, das wie das Rascheln der Blätter in den Bäumen klang. Schließlich kamen ein paar von ihnen durch die Tür in der Mauer. Sie gingen zu Ashia, gaben sanfte Töne von sich und gingen vorsichtig um sie herum.
Ein großes Flachgesicht, das Lusa noch nie gesehen hatte, trat ins Bärengehege. Im Unterschied zu den anderen hatte dieses eine Art Fell im Gesicht, buschig und grau. Es
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