Seekers - Die Suche beginnt - Hunter, E: Seekers - Die Suche beginnt
wünschte, sie hätte den Mut gehabt, näher heranzugehen, um sie gründlich zu beschnüffeln. Sie rangen miteinander und jagten hinter irgendetwas her, und wieder einmal wurde ihr schmerzlich bewusst, wie sehr sie ihre Familie vermisste.
Neben dem ekelhaften Rauchgeruch nahm Kallik jetzt auch andere Aromen wahr, die fettig und salzig rochen, wie etwas, das man fressen konnte. Sie kamen von der anderen Seite des Steinpfads her. Kallik trottete mit aufgestellten Ohren und hochgereckter Nase auf den Pfad zu. Es war schwer zu unterscheiden, welche Düfte alt und welche neu waren, denn der Geruch des Pfads überdeckte alles andere.
Kallik atmete tief durch, bevor sie auf den Pfad sprang. Er fühlte sich seltsam an unter ihren Tatzen, steinig und gleichzeitig glatt. Sie eilte, so schnell sie konnte, zur anderen Seite, war aber noch einige Bärenlängen davon entfernt, als ein entsetzliches Grollen den Boden erschütterte. Sie wandte den Kopf nach links und sah eins der Feuerbiester auf sich zurasen, viel schneller, als sie laufen konnte.
Mit einem Schreckensschrei raste Kallik los und warf sich auf das Gras am anderen Ende des Pfads. Vom eigenen Schwung mitgerissen, kugelte sie kopfüber in ein dorniges Gebüsch, während das Feuerbiest hinter ihr vorbeischoss. Entsetzt sprang Kallik wieder auf und rannte weiter, stürmte durch Buschwerk und Gestrüpp, bis sie gegen eine ganz neuartige Sperre stieß: niedrig, weiß und aus Holz gemacht, wie eine gerade Reihe von winzigen, blattlosen Bäumen, die alle vollkommen gleich aussahen. In ihrer Panik riss sie einen ganzen Abschnitt dieser Holzdinger nieder und purzelte auf eine abgegrenzte Fläche aus merkwürdig kurzem, sehr gleichmäßigem Gras.
Ein gellender Schrei ertönte aus dem Innern der nächstgelegenen Höhle. Kallik stürzte, dem Geruch von Bäumen folgend, zurück durch das Loch, das sie gerissen hatte. Sie stolperte in ein kleines, überwuchertes Waldstück und fand einen großen Busch, dessen Zweige bis zum Boden herunterhingen. Hier kroch Kallik hinein und lag schweratmend da, bis sie sicher war, dass sie nicht verfolgt wurde.
Völlig erschöpft legte sie die Schnauze auf die Tatzen. Sie zitterte am ganzen Körper, und ihr Fell fühlte sich an, als wäre sie in einen Eissturm geraten. Sie brauchte lange, um einzuschlafen, und dann wurde sie von Albträumen geplagt, in denen fremde, unheimliche Wesen ihr brüllend und jaulend nachjagten. Aber in all dem Chaos aus Lärm und Farben konnte sie auch ihre Mutter sehen, die, blass wie Schnee, auf der anderen Seite des Steinpfads stand. Nisa blickte Kallik in die Augen, dann drehte sie sich um und ging weg. Mit jedem ihrer Schritte wurde der Boden, auf dem sie lief, zu Eis, und die kühle, blaue Stille, die von ihren Tatzen ausging, breitete sich in Wellen aus bis hin zum Himmelsrand. Unfähig, sich zu rühren, sah Kallik zu, wie ihre Mutter immer weiter über das Eis schritt, bis sie ganz verschwunden war.
Auf dem Pfad schien es ruhiger zuzugehen, als sie am frühen Morgen erwachte. Kallik schnupperte sorgfältig, dann nahm sie allen Mut zusammen und sprintete mit Höchstgeschwindigkeit hinüber. Diesmal hatte sie Glück. Kein Feuerbiest kam aus seinem Versteck gesprungen, um sich auf sie zu stürzen. Sie schaffte es auf die andere Seite und rannte gleich weiter den Hügel hinauf, vorbei an vereinzelt stehenden Bäumen, bis sie oben auf die Klippe gelangte, von der aus sie aufs Meer blicken konnte.
Ihre Tatzen waren wund und blutig von dem rauen Untergrund des Steinpfads und ihr Pelz grau von dem Schmutz, der dort in der Luft hing und ihr die Nase verstopfte.
Auf der Klippe fand sie trockenen Boden vor, der mit rauem Gras und winzigen, blattlosen Büschen bewachsen war. Kallik versuchte ein wenig von dem Gras zu fressen, doch die stachligen Halme taten ihr auf der Zunge und im Hals weh. Sie schnupperte nach frischem Wasser und stellte erleichtert fest, dass ein entsprechender Geruch ganz aus der Nähe zu kommen schien. Sie tappte über die nackte Erde zu einer Rinne, auf deren Grund sie einen Bach fließen sah. Schnell kletterte sie hinunter und rannte auf den Bach zu. Doch dann blieb sie bestürzt stehen.
Nur wenige Bärenlängen entfernt wälzte sich ein anderer Eisbär im Wasser.
Er war älter als sie, aber noch jung, wahrscheinlich nur einen oder zwei Feuerhimmel alt. Er war nicht so groß wie einige der anderen Bären, die sie gesehen hatte, doch erheblich größer als sie selbst, wenn er auch genauso dünn
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