Seekers - Die Suche beginnt - Hunter, E: Seekers - Die Suche beginnt
anscheinend dünner als gewöhnlich, denn ihre Knochen standen hervor und rieben gegen den Stein. Die Krallenlosen kamen näher, öffneten den Käfig, versperrten aber den Weg nach draußen.
»Nanuk!«, heulte Kallik auf. »Was haben sie vor?«
»Halt einfach still. Es hat keinen Sinn, Widerstand zu leisten«, knurrte Nanuk.
Die Krallenlosen warfen etwas Flaches und Schweres über Kalliks Kopf. Es fühlte sich glitschig an, wie die Haut einer Robbe, und es hatte dieselbe Farbe wie der Himmel. Es hielt sie am Boden fest und sie wehrte sich jaulend, als einer der Krallenlosen seine Vorderpfoten um sie schlang, sodass sie sich nicht bewegen konnte.
»Was haben die mit mir vor?«, schrie Kallik erneut. »Lasst das. Hört auf damit!« Der andere Krallenlose nahm etwas stark Riechendes zur Hand und begann, Kallik am ganzen Körper damit einzureiben. Es war dasselbe schreckliche, klebrige Zeug, das sie vorher schon in ihrem Fell entdeckt hatte. Etwas davon bekam sie in die Augen, die sofort anfingen zu tränen.
Schließlich gaben die Krallenlosen sie wieder frei und verließen den Käfig. Die Haut nahmen sie mit. Kallik kauerte sich auf den Boden. Sie zitterte und roch übler als je zuvor. Sie musste würgen von dem Gestank und versuchte sich das Zeug von der Schnauze zu wischen, aber danach hatte sie es auch an den Tatzen kleben.
»Psst, Kallik, die Krallenlosen veranstalten einfach nur ihren seltsamen Krallenlosenquatsch«, beruhigte sie Nanuk. »Sie haben dir nicht wehgetan, oder?«
Draußen vor den Käfigen zog einer der Krallenlosen an einem Stock in der Wand, woraufhin sich das Gitter zwischen Kalliks und Nanuks Käfigen langsam nach oben bewegte, bis die beiden in einem einzigen großen Käfig saßen, ohne Gitter dazwischen.
Kallik konnte Nanuk jetzt deutlicher riechen. Sie verströmte einen strengen Duft nach Hunger und Unrat, nicht zu vergleichen mit dem warmen, milden Geruch von Kalliks Mutter.
»Warum haben sie mir dieses Zeug ins Fell geschmiert?«, jammerte sie.
»Sie versuchen, deinen Geruch vor mir zu verbergen«, erläuterte Nanuk. »Sie hoffen, dass ich dich mit einem meiner eigenen Jungen verwechsle und dann für dich sorge, wenn wir wieder auf dem Eis sind.« Hohn und Verbitterung lagen in ihrer Stimme. »Krallenlose. Pfft! Sie glauben, sie seien die einzigen, die miteinander reden können. Ich würde nie im Leben glauben, dass du eins von meinen eigenen Jungen bist.«
»Was ist mit deinen Jungen passiert?«, fragte Kallik vorsichtig.
Nanuks Augen bewölkten sich und sie strich mit der Tatze fahrig über den Boden. »Das geht dich nichts an«, erwiderte sie abweisend.
An der Art, wie sie die Schultern hängen ließ, erkannte Kallik, dass Nanuk ebenso viel Trauer in sich trug wie sie selbst. Sie konnte es riechen, über den Gestank des klebrigen grünen Zeugs hinweg. Sie kroch hinüber und reckte Nanuk ihre Schnauze entgegen. Als sie miteinander schnäuzelten, schloss Kallik, ein wenig getröstet, für einen kurzen Moment die Augen.
Nanuk legte sich auf die Seite und erlaubte Kallik, sich anzuschmiegen. »Ich weiß, dass du nicht mein Junges bist«, murmelte sie. »Und ich bin nicht deine Mutter. Aber fürs Erste sind wir alles, was wir haben.«
Als Kallik einschlief, hatte sie zum ersten Mal, seit ihre Mutter gestorben war, ein Gefühl von Geborgenheit.
26. KAPITEL
Lusa
Goldene Sonnenstrahlen sickerten durch das Laub und warfen scheckige Schatten auf den Waldboden. Ein sanfter Wind schaukelte die Bäume, ließ sie flüstern wie Stimmen unbekannter Herkunft. Von irgendwo, nicht allzu weit entfernt, konnte Lusa das Plätschern eines Baches hören und die herbe Süße wilder Beeren riechen.
Sie trottete durch den Wald, atmete die frische Luft ein und ließ ihre Tatzen in den feuchten Boden sinken. Seit Tagen war sie nicht mehr in der Sonne gewesen, und jetzt, wo sie die Wärme im Fell spürte, merkte sie erst, wie sehr sie sie vermisst hatte.
Die Bäume waren anders, als sie erwartet hatte. Sie stellte sich auf die Hinterbeine und nahm einen von ihnen genauer in Augenschein. Er war groß und stabil, die Wurzeln tief im Erdboden vergraben, während die Äste sich hoch in den Himmel hinaufschwangen. Sie hatte gedacht, so ein Waldbaum würde mehr wie ein Bär aussehen. Lusa begann sich zu fragen, wie sehr sie sich wohl auf das, was Stella ihr erzählt hatte, verlassen konnte.
Als sie sich wieder auf alle viere zurückfallen ließ, bemerkte sie auf einer nahen Lichtung einen Baum, der anders
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