Seekers. Sternengeister: Band 6 (German Edition)
hügelaufwärts gerichtet. Als Lusa sich dorthin umwandte, sah sie einen Eisbären auf einem Felsen stehen. Er wirkte jung und kräftig, sein Fell hatte eine leicht rötliche Färbung. Obwohl er so weit entfernt war, konnte Lusa seine Blicke förmlich spüren.
Nachdem er sie eine Weile stumm gemustert hatte, drehte der Eisbär sich plötzlich um und trottete davon. Lusa spürte ihre Aufregung, als sie ihm nachblickte.
Wir haben schon so lange keine anderen Bären mehr gesehen! Vielleicht gibt es hier mehr davon?
Dann aber wich ihre Erregung der Sorge darüber, ob diese Bären ihnen freundschaftlich begegnen würden. Wenn sie uns nun angreifen und vertreiben wollen? Ihr wurde mulmig zumute bei der Vorstellung, feindseligen Bären gegenüberzustehen, die so viel größer waren als sie.
Kallik teilte diese Bedenken offensichtlich nicht. Lusa wurde von Eifersucht gepackt, als sie den freudigen Ausdruck in den Augen ihrer Freundin sah. Ich frage mich, ob sie die anderen Eisbären nicht lieber mögen wird als uns.
Aber Lusa blieb keine Zeit, weiter darüber nachzudenken. Ujurak strebte bereits dem nächstgelegenen Anstieg zu.
»Kommt!«, rief er. »Von da oben haben wir einen guten Überblick.«
Als Lusa die Anhöhe schließlich erklommen hatte, taten ihr die Beine weh vor Anstrengung. Neben ihren Freunden schaute sie hinaus auf eine weite, überaus hügelige Landschaft. Abgesehen von dem hinter ihnen liegenden Eis, das sie gerade überquert hatten, war vom Meer nichts zu sehen.
»Ist diese Insel groß!«, rief Lusa erstaunt.
»Ich kann keine weiteren Eisbären entdecken.« Kallik blickte sich um und schnupperte erwartungsvoll.
Lusa hatte einen Moment lang den Eindruck, dass es überhaupt nichts Lebendiges gab in dieser Hügellandschaft. Doch dann nahm sie eine Bewegung wahr und bekam vor Erstaunen das Maul kaum wieder zu, als sie in einer Schlucht auf der anderen Seite des Hügels eine ganze Herde von unbekannten Geschöpfen erblickte. Sie erinnerten Lusa an Karibus, waren jedoch größer, mit hochgezogenen Schultern und zottigem braunem Fell, das ihnen bis zu den Knien reichte. Lusa unterdrückte ein Schaudern beim Anblick der langen, gekrümmten Hörner.
»Was sind denn das für Tiere?«, fragte sie, ohne eigentlich mit einer Antwort zu rechnen.
»Moschusochsen«, flüsterte Kallik. »Ich habe noch nie welche gesehen, aber meine Mutter hat mir und Taqqiq von ihnen erzählt. Sie leben in der Nähe des endlosen Eises, und Mutter meinte, von ihrem Fleisch könnte sich eine Bärenfamilie einen ganzen Mond lang ernähren.«
»Hervorragend!« Toklo fletschte die Zähne. »Gehen wir auf die Jagd!«
Ujurak musterte die Moschusochsen mit zweifelndem Blick. Lusa konnte seine Bedenken nachvollziehen. Diese Tiere waren größer als alles, was die Bären bisher gejagt hatten.
»Bist du sicher, dass wir so einen erlegen können?«, wandte sie sich an Toklo.
»Ja, wenn wir zusammenarbeiten«, erwiderte er zuversichtlich.
Er führte die Bären den Hang hinunter bis zu einem Felsblock, hinter dem sie sich versteckten, um die Herde zu beobachten. Die riesigen Tiere zottelten gemächlich durch die Gegend und blieben zwischendurch immer wieder stehen, um den Schnee mit ihren offenbar ziemlich scharfen Hufen aufzuscharren und an dem Gras zu rupfen, das sie dabei freilegten.
Lusa musste schlucken: Von Nahem wirkten die Ochsen noch beängstigender. Ihre Befürchtung wuchs, dass nicht einmal Toklo in der Lage sein würde, einen von ihnen zu erlegen. Was ist, wenn die ganze Herde sich plötzlich auf uns stürzt?
»Robben zu jagen ist viel weniger unheimlich«, sagte Kallik leise neben ihr.
Da wurde Lusa mit einem Mal zuversichtlicher. »Entschuldige mal«, antwortete sie ebenso leise, »du bist doch diejenige, die gestern gegen eine ganze Bande von Orcas gekämpft hat!«
Toklo hatte das Verhalten der Herde genau studiert, jetzt wandte er sich an die Freunde. »Wir müssen uns eins der Tiere schnappen«, verkündete er entschlossen. »Passt auf, wir machen Folgendes …«
Kurze Zeit später krochen Lusa und Kallik den Hügel hinunter und umrundeten die Ochsenherde, um zum anderen Ende der Schlucht zu gelangen. Als sie ein Flügelschlagen hörte, blickte Lusa auf. Sie sah eine weiße Meerschwalbe, die dicht über ihren Köpfen emporstieg und dann über der Herde zu kreisen begann.
»Da ist Ujurak«, murmelte sie.
»Ich hoffe, er wartet, bis wir unsere Position erreicht haben«, antwortete Kallik.
Sobald sie sich auf der
Weitere Kostenlose Bücher