Seekers. Sternengeister: Band 6 (German Edition)
Brummen. Lusa sah ihn irritiert an und verstummte.
Ujurak wartete gespannt ab, während sich allgemeines Schweigen ausbreitete. Wie werden sie reagieren?
»Was können wir tun?«, unterbrach Aga dann die Stille.
Illa beugte sich zu der alten Bärin, Schreck und Verwirrung standen ihr ins Gesicht geschrieben. »Glaubst du ihnen etwa?«, fragte sie.
Aga nickte ernst. »Ja, ich glaube Tungulria«, sagte sie. »Die Iqniq haben es mir gesagt. Vor langer Zeit.«
Ujurak hörte, wie Lusa vor Erstaunen nach Luft rang. Aga hatte Lusa also erwartet, sie oder jedenfalls irgendeinen Schwarzbären.
»Anscheinend haben die Seelen ihrer Vorfahren ihr von dir erzählt«, flüsterte er Lusa zu. »Für diese Bären bist du etwas ganz Besonderes.«
Lusa schien schockiert. Sie schüttelte den Kopf, als wolle sie nichts von all dem wissen.
»Keine Sorge.« Ujurak stieß ihr beruhigend die Schnauze in die Seite. »Wir können uns das zunutze machen, um ihnen zu helfen. Sag ihnen, dass sie dieses spezielle Moos fressen müssen, damit ihnen übel wird.«
Lusa schluckte nervös, dann legte sie eine Tatze auf das Moos, das sie vor Aga abgelegt hatte. »Ihr solltet von diesem Moos fressen, sagt mein Freund, denn davon wird euch schlecht werden«, erklärte sie.
Zu Ujuraks Bestürzung kam sofort Protest von den anderen Bären, die Lusas Worte gehört hatten.
Aga teilte offensichtlich ihr Unbehagen. »Meinen Bären geht es doch schon schlecht genug«, sagte sie. »Wozu sollen wir es noch schlimmer machen?«
»Diese Übelkeit wird dafür sorgen, dass ihr euch hinterher besser fühlt. Das Moos wird euren Magen reinigen und das Gift beseitigen«, erläuterte Ujurak. »Aber ihr dürft keine Robben mehr fressen. Keine einzige. Vielleicht gibt es andere Robben irgendwo in der Nähe, die nicht vergiftet sind. Aber solange ihr die einen nicht von den anderen unterscheiden könnt, dürft ihr nichts riskieren.«
Agas Augen blickten gequält. »Dann müssen wir verhungern«, sagte sie bekümmert.
»Warum?«, wollte Toklo wissen. »Es gibt andere Beutetiere auf dieser Insel. Hasen, Moschusochsen und –«
»Aber nicht genug«, unterbrach ihn Aga. »Ja, wir können Hasen und Vögel fangen, aber nur die Stärksten von uns können ein Karibu erlegen. Und kein Bär ist stark genug, um mit einem Moschusochsen fertigzuwerden.«
Ujurak tauschte einen Blick mit Toklo. Kurz nach ihrer Ankunft auf der Insel hatten sie alle gemeinsam einen Moschusochsen gejagt und erlegt. Aber diese Eisbären hatten offensichtlich noch nicht erkannt, dass es nützlich sein konnte, beim Jagen zusammenzuarbeiten.
»Ohne die Robben werden wir verhungern«, wiederholte Aga.
»Nein, das stimmt nicht!« Lusas Stimme klang klar und bestimmt. »Alles wird gut, wenn wir die Robben aus eurem Jagdgebiet entfernen.«
Die Bären starrten Lusa an, als wäre ihr ein zweiter Kopf gewachsen. Ujurak hörte, wie Toklo murmelte: »Ja, klar, wir sagen ihnen einfach, sie sollen sich ein paar Flügel beschaffen und wegfliegen.«
»Begreift ihr nicht, es ist doch ganz logisch«, fuhr Lusa aufgeregt fort. »Wenn die Robben gesund sind, dann bleiben auch die Bären, die sie fressen, gesund. Also müssen wir die Robben dahin bewegen, wo sie wieder gesund werden.« Ihr Blick wanderte über die Reihe der Bären hinweg. »Ihr müsst nichts weiter tun, als euch um die Tiere zu kümmern, von denen ihr euch ernährt. Und das bedeutet, ihr müsst die Robben von dem stinkenden Zeug wegkriegen.«
Für einen Moment herrschte Schweigen, während Aga und die anderen über das Gesagte nachdachten. Dann entstand Unruhe in der Menge, als ein großes Männchen sich seinen Weg nach vorn bahnte. »Was für ein Blödsinn!«, knurrte der Eisbär. »Und du, Aga, bist verrückt, wenn du darauf reinfällst. Das ist doch bloß ein Trick! Mit den Robben ist alles in Ordnung. Die vergangenen Monde waren hart, da ist es kein Wunder, wenn sie ein bisschen komisch schmecken. Diese Bären wollen uns nur mit ihren Pflanzen vergiften, damit sie die Robben für sich haben können.«
Ujurak grub seine Klauen vor Missmut in den Boden, als er das beifällige Gemurmel hörte, das auf diese Worte folgte. »Unalaq hat recht!«, riefen einige Bären. »Wir sollten ihnen nicht trauen!«
Das ist also Unalaq. Derselbe Bär, wie Ujurak sich erinnerte, der Toklo bedroht und Lusa und Kallik verfolgt hatte.
»Tja, ich dagegen glaube, dass wir auf sie hören sollten.« Yakone drängte sich durch die Menge, bis er neben Unalaq stand.
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