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Seele zum Anbeißen: Roman (German Edition)

Seele zum Anbeißen: Roman (German Edition)

Titel: Seele zum Anbeißen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Irene Zimmermann
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an der ich nicht ganz unbeteiligt war ... Für einen Moment interessiert es mich nicht einmal, dass mir schon wieder Leberkäsduft in die Nase steigt, ich habe nur noch Augen für meine Jugendliebe Uli. Wie viele Jahre habe ich eigentlich gebraucht, um ihn zu vergessen?
    »Ja«, sagt er und sieht mich dabei fragend an.
    Ich schlucke. »Jetzt sag bloß, du kennst mich nicht mehr.«
    »Jetzt sag mal, du bist doch ...« Er runzelt die Stirn, was unheimlich süß aussieht, mustert mich und scheint angestrengt nachzudenken.
    »Ja?« Ich knipse mein wunderschönstes Lächeln an. »Fällt jetzt der Groschen?«
    Er schüttelt den Kopf, grinst breit. »Das ist mir jetzt schon unangenehm, aber ...«
    »Mensch, Uli, das darf doch nicht wahr sein! Also gut, dann helfe ich dir eben weiter.« Ich überlege kurz. Allzu Privates ist ungünstig, wer weiß, ob nicht gleich eine Ehefrau auftaucht. Aber gibt es in unserer Geschichte überhaupt etwas Unverfängliches? Dann fällt es mir wieder ein. »Uli«, sage ich beschwörend, »jetzt erinnere dich bitte mal. Wir hatten damals Musik bei Frau Hindermeier, irgendwer hatte einen Putzlappen ins Klavier gelegt und ...«
    Die altbekannte Tatsache, dass es bei Männern häufig etwas länger dauert, dann aber die Reaktion umso heftiger ist, bewahrheitet sich einmal mehr. Uli strahlt, reißt mich in die Höhe – was bei unserem Größenunterschied für ihn kein Problem ist –, wirbelt mich herum und ruft begeistert: »Ja Dorle, das ist aber eine Überraschung! Was machst du denn hier?«
    Einerseits bin ich natürlich sehr beruhigt, dass er mich doch noch erkannt hat – alles andere hätte zu einer schweren Krise in der Beziehung zu meiner Kosmetikerin geführt –, andererseits ist es aber vielleicht nicht so unbedingt günstig, meiner Jugendliebe jetzt wieder so nahe zu kommen, vor allem mit einer solchen Heftigkeit. Immerhin hätten wir fast miteinander geschlafen, damals, als ich Ulis Zimmer mit einer bunten Lichterkette dekoriert hatte, für seine Geburtstagsdisco, und dann entdeckte ich auch noch meine absolute Lieblingsplatte
Nights in White Satin
...
    Das berauschende Gefühl, dass sich die Welt immer schneller zu drehen begann und ich den Boden unter den Füßen verlor, war damals abrupt zu Ende, als seine Mutter ins Zimmer gestürmt kam, mit einem Tablett voller Marmeladengläser, die sie unbedingt und sofort auf Ulis Schrank stellen musste. An diesem verregneten Julinachmittag war nicht nur jede Menge Glas kaputtgegangen, sondern auch eine hoffnungsvolle Beziehung. Ich bekam Hausarrest, Uli musste postwendend ins Internat – und das alles nur, weil seine Mutter meine Eltern aus irgendwelchen Gründen nicht leiden konnte. Ist es da ein Wunder, dass wir uns fühlten wie Romeo und Julia? Auf Schwäbisch, sozusagen. Fast jedenfalls. Eine heftige Erinnerung an diesen Nachmittag, an Ulis zärtliche Hände überflutet mich ...
    Er sieht mich immer noch fragend an, lächelt dabei. »Dorle, jetzt sag schon.«
    Dank der speziellen Atemtechnik, die ich bei Helen gelernt habe, schaffe ich es, diese äußerst beunruhigenden Gefühle, die sich bei mir vor allem im Bauch bemerkbar machen, in den Griff zu bekommen. Schmetterlinge im Bauch! ... Ha! Ich bin Ende vierzig, durch und durch Powerfrau, in langen Jahren in Berlin gestählt. Mich haut so schnell nichts um! Nicht mal diese Erinnerung! Ich atme nochmals durch.
    »Na, ist ja vielleicht witzig, dass wir uns hier treffen«, sage ich betont locker und versuche, den europäischen Mindestabstand von fünfzig Zentimetern zwischen Uli und mich zu bringen, was angesichts der Menschenmassen um uns herum gar nicht so einfach ist. »Tja, ich bin sozusagen auf der Durchreise. Von Berlin ist das ’ne ganz schöne Strecke, kannst du mir glauben. Diese Zugfahrt. Grauenhaft!«
    Mein Gott, welchen Schwachsinn rede ich hier, denke ich und versuche, mich jetzt endlich auf meine eigene Mitte zu konzentrieren. Was ebenfalls schwierig ist, weil die Schmetterlinge bei mir immer noch wie wild tanzen und Ulis Augen von einem dermaßen intensiven Blau sind, dass es mich fast umhaut. Vielleicht ist es aber auch viel banaler; könnte nämlich sein, dass mich auch das penetrante Handyklingeln ganz in der Nähe aus dem Konzept bringt. Vorsichtshalber greife ich in meine Jackentasche – aber da ist nichts.
    Uli schaut amüsiert zu und meint schließlich: »Du musst nicht suchen. Das ist mein Handy.«
    »Und warum nimmst du nicht endlich ab?«
    »Warum sollte ich! Wo du

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