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Seele zum Anbeißen: Roman (German Edition)

Seele zum Anbeißen: Roman (German Edition)

Titel: Seele zum Anbeißen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Irene Zimmermann
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ausgequetscht, über Bekannte Erkundigungen eingeholt und mich mit ihren ständigen Bedenken fast in den Wahnsinn getrieben. Doch im Nachhinein hat sie dann leider doch recht behalten. Michael zum Beispiel, der smarte Banker, dachte überhaupt nicht daran, Frau und Kinder in Erlangen wegen mir zu verlassen, egal wie oft er das auch beteuerte. Was mir aber erst nach einem Dreivierteljahr klar wurde, und da hatte ich vor lauter Liebesfrust bereits die neun Kilo zugelegt, die ich immer noch mit mir rumschleppe.
    »Du hast meine Frage immer noch nicht beantwortet«, erinnert Rudolf mich.
    »Ja, Tante Frieda ist mir wichtig. Sei bitte pünktlich. Mir zuliebe!«, sage ich entschlossen. Meine Patentante ist inzwischen siebzig, sie hat ein ebenso schwaches Herz, wie meine Mutter es hatte, und ich will mir auf keinen Fall später mal Vorwürfe machen müssen. »Bitte«, wiederhole ich.
    Er will noch etwas sagen, aber Frau Blumer hat inzwischen die Küche betreten, Eimer in der einen Hand, Wischmopp in der anderen, mit einem Gesicht wie sieben Tage Regenwetter.
    »Mir müsstet dann noch amol schwätze.«
    Am liebsten würde ich es wie Rudolf machen, der vermutlich ein Problem kommen sieht und deshalb mit einem knappen »Also dann mal« aufsteht und verschwindet.
    »Ja, was ist denn?«, frage ich unwirsch. Frau Blumer quetscht sich mir gegenüber auf die Eckbank, wischt sich unentwegt die Hände an ihrer Kittelschürze ab. Herrgott, das macht einen ja wahnsinnig.
    »Ihr Vaddr bleibt heut im Bett, er fühlt sich gar it wohl.«
    »Das kommt nur vom Schlossfest«, stelle ich ärgerlich fest. »Ich hab doch gleich gesagt, dass es für ihn zu anstrengend ist. Soll ich vorsichtshalber den Arzt rufen? Wer hat denn Sonntagsdienst?«
    »So schlimm isch es au it. Er will oifach a bitzle schlofe, damit er wieder fit isch, wenn die Tante kommt. Wecket Sie ihn bloß it auf. Aber i muss mit Ihne no amol rede wegen meiner Arbeit. I kann’s wirklich it weitermache, so leid’s mir tut.«
    »Ja, sind Sie jetzt doch krank?«
    »Ja, scho.«
    »Darf ich einfach mal fragen, was Ihnen fehlt? Vielleicht kann ich Ihnen ja helfen? Ich habe mich schon oft genug selbst behandelt. Mit Erfolg.« Sie sieht mich zweifelnd an. Vermutlich ist es in ihrem Fall nicht mit einer Schmerztablette oder Wundsalbe getan; Frau Blumer hat vermutlich ein anderes Problem. »Ist es ein Frauenleiden? Frau Blumer, keine falsche Scheu, mit mir können Sie doch darüber reden.« Ich habe dabei dieses kompetente Lächeln drauf, das jeder aus der Apothekenwerbung kennt.
    »It direkt a Fraueleide. Aber so ähnlich scho.«
    Frau Blumer hustet und hustet. Als sie schließlich, ein Taschentuch vor dem Mund, aus dem Zimmer rennt, lässt sie mich einigermaßen ratlos zurück. Eine Krankheit, die so ähnlich wie ein Frauenleiden ist, aber mit Hustenanfällen? Vielleicht kann Papas Hausarzt mir morgen weiterhelfen.
    Natürlich bin ich wegen Papa beunruhigt, und als Frau Blumer kurze Zeit später grußlos das Haus verlässt, gehe ich leise die Treppe hoch. Ich bin unschlüssig. Was ist, wenn er gerade eingeschlafen ist? Wo er doch, wie Frau Blumer mehrmals betont hat, seinen Schlaf so dringend braucht. Ich lausche … Höre ich da nicht Papas Stimme? Ich presse mein Ohr an die Tür, und mir wird plötzlich ganz flau. Was er sagt, kann ich nicht verstehen, aber es ist eindeutig: Mein Vater führt Selbstgespräche. Ich klopfe, rufe halblaut: »Papa, kann ich reinkommen?« Augenblicklich wird es still, ich höre, wie etwas auf den Boden fällt, und reiße die Tür auf.
    »Gisela!«, ruft Papa erfreut. »Gisela!«
    Den ganzen Vormittag bleibe ich an seinem Bett sitzen und lese ihm aus der Napoleonbiographie vor, die auf seinem Nachttisch liegt. Es scheint ihm große Freude zu bereiten, denn er macht einen sehr wachen Eindruck, und als ich schließlich das Buch zuklappe, sieht er mich enttäuscht an.
    »Heute Abend lesen wir weiter«, verspreche ich.
    Wie gut ihm das Vorlesen getan hat, erkenne ich daran, dass er mir nachruft: »Dorle, vergiss nicht, dass Tante Frieda heute Nachmittag kommt!«
    Na bitte, denke ich zufrieden, man muss ihn geistig nur ein wenig fordern, schon funktioniert sein Gedächtnis wieder. Er erkennt mich, und – erstaunlich – er weiß sogar, dass Frieda kommt. Das muss Frau Blumer ihm gesagt haben, ich habe nämlich kein Wort davon erwähnt.
    Ich räume ein bisschen in der Küche herum, spiele mit Jeanny, die aber keine allzu große Begeisterung zeigt, als ich

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