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Seelen der Nacht

Seelen der Nacht

Titel: Seelen der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Harkness
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hatte sie absichtlich markiert, damit jeder Vampir wusste, wem sie gehörte. Das bedeutete, dass die Beziehung der beiden weiter gediehen war, als es Marcus für möglich gehalten hätte. Es würde nicht einfach werden für seinen Vater, sich von dieser Hexe zu lösen. Und das würde er müssen, wenn die Geschichten stimmten, die Marcus’ Großmutter erzählt hatte.
    Erst nach Mitternacht tauchte Matthew wieder auf. Er wirkte noch zorniger als bei seinem Aufbruch, aber wenigstens sah er so makellos und gepflegt aus wie immer. Er fuhr sich mit den Fingern durchs Haar und trat direkt in Dianas Zimmer, ohne auch nur ein Wort mit seinem Sohn zu wechseln.
    Marcus war klug genug, Matthew nicht zur Rede zu stellen. Erst als er wieder aus dem Zimmer der Hexe kam, fragte Marcus ihn: »Wirst du die Ergebnisse der DNA-Analyse mit Diana besprechen?«
    »Nein«, beschied Matthew ihn knapp und ohne einen Funken von schlechtem Gewissen, obwohl er ihr eine fundamentale Information vorenthielt. »Und ich werde ihr auch nicht verraten, was die Hexen der Kongregation mit ihr anstellen könnten. Sie hat genug durchgemacht.«
    »Diana Bishop ist weitaus weniger zerbrechlich, als du glaubst. Wenn du weiterhin so viel Zeit mit ihr verbringst, darfst du ihr diese Informationen nicht vorenthalten.« Marcus wusste, dass ein Vampir seine Lebenszeit nicht in Stunden oder Jahren, sondern in gehüteten und verratenen Geheimnissen bemaß. Eifersüchtig wachten Vampire über ihre persönlichen Beziehungen, über ihre angenommenen Namen und die Einzelheiten der vielen Leben, die sie geführt hatten. Dennoch wahrte sein Vater mehr Geheimnisse als die meisten anderen Vampire, und inzwischen neigte er bedenklich dazu, allzu viel sogar vor seiner eigenen Familie zu verbergen.

    »Halt dich da raus, Marcus«, knurrte sein Vater. »Das geht dich nichts an.«
    Marcus fluchte leise. »Deine verdammten Geheimnisse werden die Familie noch zugrunde richten.«
    Noch bevor er ausgesprochen hatte, hatte Matthew ihn am Kragen gepackt. »Dank meiner Geheimnisse hat die Familie jahrhundertelang in Sicherheit gelebt, mein Sohn. Wo wärst du heute, wenn ich keine Geheimnisse gehabt hätte?«
    »Würmerfutter in einem namenlosen Grab in Yorktown, nehme ich an.« Marcus presste die Worte durch die zusammengedrückte Kehle.
    Im Lauf der Jahre hatte Marcus ohne großen Erfolg versucht, einige der Geheimnisse seines Vaters zu lüften. Beispielsweise hatte er nie aufdecken können, wer Matthew den Tipp gegeben hatte, dass sein Sohn, kurz nachdem Jefferson den Staat Louisiana von Frankreich gekauft hatte, in New Orleans sein Unwesen trieb. Dort hatte er aus den jüngsten und verantwortungslosesten Bürgern der Stadt eine Vampirfamilie geschaffen, die genauso lebensfroh und charmant war wie er. Marcus’ Brut  – zu der eine alarmierende Anzahl von Spielern und Tagedieben zählte  – riskierte jedes Mal, wenn sie nach Einbruch der Dunkelheit durch die Stadt zog, von den Menschen entlarvt zu werden. Die Hexen in New Orleans hatten, wie Marcus noch gut im Gedächtnis war, deutlich klargemacht, dass sie diese Leute nicht mehr in ihrer Stadt haben wollten.
    Dann war Matthew aufgetaucht, uneingeladen und unangekündigt und in Begleitung einer superben gemischtrassigen Vampirin: Juliette Durand. In einem wahren Feldzug hatten Matthew und Juliette versucht, Marcus’ Familie in die Schranken zu weisen, die aber hatte bereits eine unheilige Allianz mit einem schnöseligen jungen französischen Vampir aus dem Garden District geschmiedet, der sich durch sein unfassbar goldenes Haar auszeichnete und durch eine skrupellose Ader, die so breit war wie der Mississippi. Und damit hatte der Ärger erst richtig begonnen.
    Bereits nach vierzehn Tagen war Marcus’ neue Familie beträchtlich und auf mysteriöse Weise geschrumpft. Juliette lächelte geheimnisvoll
dazu und gurrte seinem Vater aufmunternd ins Ohr. Sie war das falscheste Geschöpf, das Marcus je begegnet war, und ihm war ein Stein vom Herzen gefallen, als sie und sein Vater wieder getrennte Wege einschlugen.
    Gedrängt von seinen verbliebenen Kindern beteuerte Marcus demütig, sich in Zukunft anständig zu benehmen, wenn Matthew und Juliette nur wieder abreisten.
    Matthew war einverstanden gewesen, allerdings erst, nachdem er unmissverständlich und detailliert klargestellt hatte, was von den Angehörigen der Familie de Clermont erwartet wurde: »Wenn du mich schon unbedingt zum Großvater machen musst«, diktierte ihm sein

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