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Seelen der Nacht

Seelen der Nacht

Titel: Seelen der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Harkness
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zurück und nippte an seinem Wein.
    Marthe zog noch mehr von ihrem Tablett  – einen silbernen Unterteller, Salz, Pfeffer, Butter, Marmelade, Toast und ein goldenes, mit frischen Kräutern gesprenkeltes Omelett.
    »Merci , Marthe«, sagte ich aufrichtig dankbar.
    »Essen!«, befahl sie und zielte diesmal mit ihrem Handtuch auf mich.
    Zufrieden beobachtete Marthe, wie ich die ersten Gabeln in mich hineinschaufelte. Dann hob sie schnuppernd die Nase, runzelte die Stirn und rügte Matthew mit einem barschen Ausruf, um anschließend an den Kamin zu treten. Ein Zündholz flammte auf, und das trockene Holz begann zu knistern.
    »Marthe«, protestierte Matthew und stand mit seinem Weinglas auf. »Das kann ich doch machen.«
    »Sie friert«, grummelte Marthe, sichtlich entrüstet, dass er das nicht registriert hatte, bevor er sich hingesetzt hatte. »Und du bist durstig. Ich mache das Feuer.«
    Wenige Minuten später loderten die Flammen und nahmen der Luft die Kälte. Marthe klopfte sich die Hände ab und stand auf. »Sie muss schlafen. Ich kann riechen, dass sie sich gefürchtet hat.«
    »Sie schläft, wenn sie aufgegessen hat«, sagte Matthew und hob bittend die rechte Hand, woraufhin Marthe ihn lange ansah und ihm dann mit dem Finger drohte, so als wäre er fünfzehn und nicht fünfzehnhundert Jahre alt. Schließlich ließ sie sich von seiner Unschuldsmiene überzeugen. Sie verschwand aus dem Raum und eilte trotz
ihrer alten Füße mit sicherem Schritt die halsbrecherische Treppe hinab.
    »Okzitanisch war die Sprache der Troubadoure, nicht wahr?«, fragte ich, nachdem Marthe gegangen war. Der Vampir nickte. »Ich wusste gar nicht, dass es so weit im Norden gesprochen wurde.«
    »Wir sind nicht weit im Norden«, antwortete Matthew lächelnd. »Früher war Paris nur ein unbedeutendes Nest im Grenzland. Damals sprachen die meisten Menschen Okzitanisch. Die Berge hielten die Nordländer  – und ihre Sprache  – auf Abstand. Noch heute misstrauen die Menschen hier jedem Außenseiter.«
    »Und was hat sie da gesungen?«, fragte ich.
    »Ihr seid Baum und Ast«, sagte er und richtete den Blick auf den herbstlichen Streifen, der durch das Fenster zu sehen war. »Wo die Frucht der Lust reift.« Matthew schüttelte melancholisch den Kopf. »Marthe wird es den ganzen Nachmittag singen und Ysabeau damit zum Wahnsinn treiben.«
    Das Feuer breitete seine Wärme im Zimmer aus und sorgte dafür, dass ich schläfrig wurde. Als die Eier aufgegessen waren, konnte ich kaum noch die Augen offen halten.
    Ich gähnte eben aus tiefster Brust, als Matthew mich aus meinem Sessel zog. Er hob mich auf seine Arme, sodass meine Füße in der Luft baumelten. Ich wollte protestieren.
    »Es reicht«, sagte er. »Du kannst kaum noch aufrecht sitzen, vom Gehen ganz zu schweigen.«
    Vorsichtig setzte er mich am Fußende des Bettes ab und schlug dann die Decke zurück. Die schneeweißen Laken wirkten so frisch und einladend. Ich ließ den Kopf auf den Kissenberg sinken, der an dem kunstvoll geschnitzten Kopfende aufgetürmt war.
    »Schlaf.« Matthew packte mit beiden Händen die Bettvorhänge und zog sie zu.
    »Ich weiß nicht, ob ich das kann«, sagte ich, obwohl ich dabei das nächste Gähnen unterdrücken musste. »Mittagsschlaf ist eigentlich nicht mein Fall.«
    »Das sieht mir aber gar nicht so aus«, widersprach er trocken.
»Du bist jetzt in Frankreich. Hier wird von dir erwartet, dass du dein Bestes versuchst. Ich bin unten. Wenn du etwas brauchst, dann ruf mich.«
    Nachdem nur eine Treppe aus der großen Halle in sein Arbeitszimmer hinauf und von dort aus die nächste Treppe in sein Schlafzimmer führte, konnte niemand in diesen Raum eindringen, ohne an Matthew vorbeizumüssen.
    Ich ließ mich in die feste Matratze sinken und spürte, wie meine Körperwärme von den vielen Decken zurückstrahlte. Bald war ich eingeschlafen.
    Ich wachte auf, weil ich jemanden umblättern hörte, schoss hoch und versuchte mir zusammenzureimen, wieso mich jemand in eine mit Stoff ausgeschlagene Kiste gesperrt hatte. Dann fiel mir alles wieder ein.
    Frankreich. Matthew. Bei ihm zu Hause.
    »Matthew?«, rief ich leise.
    Er teilte die Vorhänge und sah mich lächelnd an. Hinter ihm brannten Kerzen  – zahllose Kerzen. Zum Teil standen sie in den Wandhaltern ringsum, zum Teil in prachtvollen Kerzenhaltern auf dem Boden oder den Tischen.
    »Für jemanden, der keinen Mittagsschlaf hält, hast du ganz schön fest geschlafen«, stellte er zufrieden fest. Was ihn

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