Seelen der Nacht
betrachtete. Weil ich zu müde war, mich auf die Aurora Consurgens zu konzentrieren, ließ ich mich mit dem betreffenden Buch aufs Sofa fallen und betrachtete, während Matthew seine E-Mails beantwortete, glücklich die Darstellungen ausgeweideter Leichen. Die Geheimschublade in Matthews Schreibtisch war fest verschlossen, wie ich erleichtert bemerkte.
»Ich werde ein Bad nehmen«, sagte ich eine Stunde später, stand auf und streckte meine Muskeln, um die nächste Treppe in Angriff zu nehmen. Ich brauchte etwas Zeit für mich allein, um mir darüber klar zu werden, wie sich mein neuer Status als Matthews Ehefrau auf mein Leben auswirken würde. Die Vorstellung, plötzlich verheiratet zu sein, war schon abwegig genug. Wenn man zudem einkalkulierte, wie besitzergreifend ein Vampir werden konnte und wie wenig ich darüber wusste, was alles sich um mich herum abspielte, war das wohl der ideale Augenblick, um innezuhalten und nachzudenken.
»Ich komme gleich nach«, sagte Matthew, den Blick auf den leuchtenden Computerbildschirm gerichtet.
Das Badewasser war so heiß und tief wie immer, und ich ließ mich mit einem genüsslichen Seufzer in die Wanne sinken. Marthe war schon oben gewesen und hatte mit ihren Kerzen und dem Feuer Wunder gewirkt. Die Räume wirkten gemütlich, auch wenn sie nicht besonders warm waren. Zufrieden sann ich darüber nach, was ich an diesem Tag erreicht hatte. Selbst das Kommando zu übernehmen war besser, als sich von Zufällen bestimmen zu lassen.
Ich lag immer noch in der Wanne, den Kopf so angelehnt, dass das Haar in einer strohblonden Kaskade über den Rand fiel, als es leise klopfte. Matthew machte die Tür auf, ohne meine Antwort abzuwarten. Erschrocken setzte ich mich auf, rutschte aber sofort wieder unter Wasser, als er in den Raum trat.
Er griff nach einem Badetuch und hielt es vor sich hin. Ein leichter Schleier lag über seinem Blick. »Komm ins Bett«, befahl er knapp.
Ein paar Sekunden blieb ich im Wasser und versuchte, in seinem
Gesicht zu lesen. Matthew ergab sich geduldig meinem prüfenden Blick, ohne das Handtuch zu senken. Ich holte tief Luft, stand auf und ließ das Wasser von meinem nackten Körper perlen. Schlagartig erweiterten sich Matthews Pupillen, und sein Körper erstarrte. Dann trat er einen Schritt zurück, damit ich aus der Wanne steigen konnte, und schlang gleich darauf das Handtuch um meinen Leib.
Ich hielt es vor der Brust zusammen und sah ihn weiter an. Als er meinem Blick standhielt, ließ ich das Handtuch fallen. Seine Augen tasteten meinen vom Kerzenlicht glänzenden Körper ab, und ihr langsamer, kalter Blick jagte mir einen Schauer nach dem anderen über den Rücken. Wortlos zog er mich zu sich her und strich mit den Lippen über meinen Hals und meine Schultern. Matthew atmete meinen Duft ein und hob mit langen, kühlen Fingern das Haar von meinem Nacken und Rücken. Als sein Daumen auf der pochenden Schlagader an meinem Hals zu liegen kam, stockte mir der Atem.
»Dieu , du bist so schön«, murmelte er. »Und so lebendig.«
Er küsste mich wieder. Ich zog an seinem T-Shirt und führte meine warmen Finger über seine kühle, glatte Haut. Matthew schauderte. Er reagierte fast wie ich auf seine ersten kalten Berührungen. Ich lächelte, meine Lippen auf seinen, und er hielt mit fragendem Gesicht inne.
»Fühlt es sich nicht schön an, wenn deine Kälte und meine Wärme aufeinandertreffen?«
Matthew lachte, und sein Lachen war so rauchig und verhangen wie sein Blick. Mit meiner Hilfe wanderte sein Hemd nach oben über seine Schultern. Ich begann es ordentlich zusammenzulegen. Er riss es mir aus der Hand, knüllte es zusammen und schleuderte es in die Ecke.
»Später«, murmelte er ungeduldig und erkundete mit den Händen meinen Körper. Zum ersten Mal berührte sich unsere Haut auf einer großen Fläche, warm auf kalt, ein Aufeinandertreffen von Gegensätzen.
Jetzt war ich an der Reihe zu lachen, so überglücklich war ich, wie perfekt unsere Körper zusammenpassten. Ich fuhr sein Rückgrat nach und huschte mit den Fingern seinen Rücken auf und ab, bis Matthew
den Kopf senkte, um mit seinen Lippen die Vertiefung über meinem Schlüsselbein und die Spitzen meiner Brüste zu erkunden.
Mir wurden die Knie weich, und ich hielt mich an seiner Taille fest. Auch hier ein Ungleichgewicht. Meine Hände wanderten zur Vorderseite seiner weichen Pyjamahose und lösten die Schleife am Bund. Matthew hielt lang genug in seinen Küssen inne, um mich prüfend
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