Seelen der Nacht
los, weil er ganz richtig annahm, dass ich jetzt nicht mehr versuchen würde, mich aus seinem Griff zu winden, und ich legte meine Hände an sein Gesicht. Wir küssten uns lang und tief, während sich meine Schenkel öffneten wie ein Buch. Matthews Finger lockten, neckten und tanzten zwischen ihnen, bis die Lust so intensiv wurde, dass ich zu zittern begann.
Er hielt mich fest, bis das Beben abgeklungen war und mein Herz seinen normalen Rhythmus wiedergefunden hatte. Als ich schließlich die Kraft aufbrachte, ihn anzusehen, blickte er mit dem selbstzufriedenen Ausdruck einer satten Katze auf mich herab.
»Was meint die Historikerin jetzt zum Bundling?«, fragte er.
»Es ist jedenfalls längst nicht so sittsam, wie es in der Fachliteratur dargestellt wird«, gestand ich und legte die Finger auf seine Lippen. »Und wenn sich die Amish tatsächlich damit die Nächte verkürzen, ist es kein Wunder, dass sie keinen Fernseher brauchen.«
Matthew lachte leise, ohne dass seine Miene weniger selbstzufrieden gewirkt hätte. »Und bist du jetzt müde?«, fragte er und fuhr mir mit den Fingern durchs Haar.
»O nein.« Ich drückte ihn auf den Rücken. Er verschränkte die Hände hinter dem Kopf und sah breit grinsend zu mir auf. »Ganz und gar nicht. Außerdem bin ich jetzt an der Reihe.«
Ich studierte ihn genauso eingehend, wie er mich zuvor. Während ich mich an seiner Hüfte aufwärts vorarbeitete, fiel mir ein weißer Schatten in Form eines Dreiecks auf. Er lag tief unter der glatten, perfekten Haut. Stirnrunzelnd ließ ich die Augen über seine breite Brust wandern. Dort entdeckte ich noch mehr Zeichen, einige wie Schneeflocken geformt, andere in kreuz und quer verlaufenden Linien. Allerdings durchbrach keines davon die Haut.
»Was ist das?« Ich berührte eine besonders große Schneeflocke unter seinem linken Schlüsselbein.
»Nur eine Narbe«, sagte er und verdrehte den Kopf, um sie zu sehen. »Die hier habe ich der Spitze eines Breitschwertes zu verdanken. Vielleicht aus dem Hundertjährigen Krieg? Ich kann mich nicht erinnern.«
Ich rutschte an seinem Körper nach oben, um sie genauer zu betrachten, und drückte dabei meine warme Haut an seine, bis er glücklich aufseufzte.
»Eine Narbe? Dreh dich um.«
Er gab leise, genussvolle Laute von sich, während meine Hände über seinen Rücken flogen.
»Oh Matthew.« Meine schlimmsten Befürchtungen bewahrheiteten sich. Es gab Dutzende, wenn nicht Hunderte solcher Narben. Ich kniete mich hin und zog die Decke nach unten. Auch seine Beine waren übersät davon.
Er drehte den Kopf zur Seite. »Was ist?« Offenbar sprach meine Miene Bände, denn er drehte sich wieder um und setzte sich auf. »Das ist nichts, mon cœur: nur mein Vampirkörper, der seine Verletzungen zeigt.«
»Aber es sind so viele.« Ich hatte noch eine entdeckt, auf der Wölbung der Muskeln, wo der Arm in die Schulter überging.
»Ich habe dir doch gesagt, dass Vampire kaum umzubringen sind. Trotzdem versuchen die anderen Geschöpfe ihr Bestes, um sie zu töten.«
»Haben die Verletzungen wehgetan?«
»Du weißt, dass ich Lust empfinden kann. Warum nicht auch Schmerz? Ja, sie haben wehgetan. Aber sie sind schnell wieder verheilt.«
»Warum sehe ich sie erst jetzt?«
»Weil das Licht im richtigen Winkel einfallen muss und du genau hinsehen musst. Stören sie dich?«, fragte Matthew zögernd.
»Die Narben selbst?« Ich schüttelte den Kopf. »Nein, natürlich nicht. Aber ich würde gern all die Leute erwischen, die sie dir zugefügt haben.«
Wie Ashmole 782 war auch Matthews Körper ein Palimpsest und verbarg unter seiner glatten Oberfläche eine eigene Geschichte, die von diesen Narben angedeutet wurde. Mich schauderte, als ich mir vorstellte, welche Schlachten Matthew bereits ausgefochten hatte, in offenen wie heimlichen Kriegen.
»Du hast genug gekämpft.« Meine Stimme bebte vor Wut und Trauer. »Damit ist jetzt Schluss.«
»Dafür ist es ein bisschen spät, Diana. Ich bin ein Krieger.«
»Bist du nicht«, widersprach ich aufgebracht. »Du bist Wissenschaftler.«
»Ein Krieger bin ich schon länger. Das ist der Beweis.« Er deutete auf seinen langen weißen Leib. Merkwürdigerweise fand ich seine Narben beruhigend, schließlich bewiesen sie seine Unverletzlichkeit. »Außerdem sind fast alle, die mich verletzt haben, längst tot. Dieses Verlangen wirst du nicht stillen können.«
»Ich frage mich, womit ich es ersetzen könnte.« Ich zog die Decke über meinen Kopf wie ein Zelt.
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