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Seelen der Nacht

Seelen der Nacht

Titel: Seelen der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Harkness
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bis
ich das Gefühl hatte zu fliegen. Während dieser seligen Momente war ich losgelöst von Zeit und Raum und nur noch ein schwereloser Körper auf einem dahinziehenden Fluss. Mein schlankes kleines Skiff schoss dahin, und ich war eins mit dem Boot und den Riemen. Ich schloss die Augen und lächelte, während die Ereignisse des Tages mit jedem Ruderschlag an Bedeutung verloren.
    Der Himmel verdunkelte sich hinter meinen geschlossenen Lidern, und das Dröhnen des Verkehrs verriet mir, dass ich soeben die Donnington Bridge unterquert hatte. Als ich auf der anderen Seite wieder in die Sonne kam, öffnete ich die Augen  – und spürte die kalte Berührung eines Vampirblicks auf meinem Brustbein.
    Eine Gestalt stand auf der Brücke, in einem langen Mantel, der um ihre Knie flatterte. Auch wenn ich das Gesicht nicht erkennen konnte, schloss ich aus der beträchtlichen Größe und den breiten Schultern des Vampirs darauf, dass es Matthew Clairmont war. Schon wieder.
    Ich fluchte und hätte beinahe einen Riemen verloren. Ich befand mich kurz vor dem Anlegesteg des City of Oxford Rowing Club . Während ich noch über seine Anwesenheit nachgrübelte, sah ich eine schlanke Frau in einem Overall voller Farbflecken auf dem Anlegesteg stehen. Sie rauchte eine Zigarette und sprach in ein Handy.
    So etwas bekam man vor dem Bootshaus des City of Oxford nicht oft zu sehen.
    Sie schaute auf, und ihr Blick drückte sich in meine Haut. Eine Dämonin. Sie verzog den Mund zu einem Wolfslächeln und sagte etwas ins Telefon.
    Da stimmte irgendwas nicht. Erst Clairmont und jetzt ein Sammelsurium an Kreaturen, sobald er sich irgendwo zeigte?
    Ich schaffte es den Fluss hinab, doch mein innerer Frieden hatte sich in Luft aufgelöst. Als ich das Boot vor der Isis Tavern wendete, sah ich Clairmont neben einem der Tische des Pubs stehen. Er war  – zu Fuß  – schneller von der Donnington Bridge aus dorthin gekommen, als ich in einem Rennskiff.
    Ich bremste kraftvoll mit beiden Riemen ab, hob sie dann eine Armlänge aus dem Wasser wie die Flügel eines Riesenvogels und ließ
das Boot an den baufälligen Anlegesteg der Taverne gleiten. Bis ich herausgeklettert war, hatte Clairmont bereits die etwa zehn Meter breite Rasenfläche zwischen uns überquert. Unter seinem Gewicht senkte sich der Ponton ein wenig ab, und das Boot kam ins Schaukeln.
    »Was soll das, verflucht noch mal, werden?«, sagte ich etwas zu laut, nachdem ich vom Rand weggetreten war und mich auf den rauen Planken vor dem Vampir aufgebaut hatte. Ich atmete schwer nach der Anstrengung, und meine Wangen waren gerötet. »Verfolgen Sie mich mit Ihren Freunden?«
    Clairmont legte die Stirn in Falten. »Das sind nicht meine Freunde, Dr. Bishop.«
    »Ach nein? So viele Vampire, Hexen und Dämonen auf einem Haufen habe ich das letzte Mal gesehen, als ich dreizehn war und mich meine Tanten auf ein heidnisches Sommerfestival geschleift haben. Wenn diese Leute nicht mit Ihnen befreundet sind, warum hängen sie dann ständig in Ihrer Nähe herum?« Ich wischte mir mit dem Handrücken über die Stirn und schob mir dabei die nassen Haare aus dem Gesicht.
    »Gute Güte«, murmelte der Vampir ungläubig. »Die Gerüchte stimmen also.«
    »Welche Gerüchte?«, fragte ich ungeduldig.
    »Sie glauben, diese … Dinger möchten Zeit mit mir verbringen?« Clairmonts Stimme triefte vor Verachtung und klang gleichzeitig überrascht. »Unglaublich.«
    Ich zerrte den Fleecepullover über meine Schultern und danach über meinen Kopf. Clairmonts Blick zuckte zu meinem Schlüsselbein hinunter und dann über meine nackten Arme bis zu den Fingerspitzen. Plötzlich kam ich mir in meinem Ruderanzug ungewohnt nackt vor.
    »Ja«, fuhr ich ihn an. »Ich habe früher in Oxford gewohnt. Ich komme jedes Jahr her. Das Einzige, was diesmal anders ist als sonst, sind Sie. Seit Sie gestern Abend aufgetaucht sind, wurde ich von meinem Platz in der Bibliothek vertrieben, von merkwürdigen Vampiren
und Dämonen angestarrt und von einem mir unbekannten Hexer bedroht.«
    Clairmont hob ansatzweise die Arme, als wollte er mich an den Schultern packen und schütteln. Obwohl ich mit knapp einem Meter siebzig bestimmt nicht klein bin, war er so groß, dass ich den Kopf in den Nacken legen musste, um ihm in die Augen sehen zu können. Schlagartig wurde mir bewusst, wie groß und kräftig er verglichen mit mir war. Ich trat mit verschränkten Armen zurück und setzte meine professionelle Maske auf.
    »Diese Geschöpfe

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