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Seelen der Nacht

Seelen der Nacht

Titel: Seelen der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Harkness
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Miriam das alchemistische Gedicht. Offenbar wollte sie auf etwas Bestimmtes hinaus.
    »Nach einer Vermählung wunderbar / dank des Löwen sie einen König gebar «, rezitierte sie weiter aus der Jagd nach dem Grünen Löwen .
    »Was redet sie da?«, fragte Sarah giftig.
    Miriam wollte ihr schon antworten, doch Marcus schüttelte den Kopf. Die Vampirin verstummte.
    »Der Sonnenkönig und die Mondkönigin  – Schwefel und Quecksilber  – verbinden sich und zeugen ein Kind«, erläuterte ich Sarah. »In der alchemistischen Bilderwelt ist das entstehende Kind ein Hermaphrodit, was eine gemischte chemische Substanz symbolisieren soll.«
    »Mit anderen Worten, Matthew«, warf Miriam zickig ein, »geht es in Ashmole 782 nicht ausschließlich um den Ursprung, und keineswegs nur um Evolution und Extinktion. Sondern auch um Reproduktion.«
    Ich sah sie finster an. »Quatsch.«
    »Du magst das für Quatsch halten, Diana, aber für mich liegt das auf der Hand. Vielleicht können Vampire und Hexen doch Kinder miteinander zeugen. Möglicherweise können das auch andere gemischte Paare.« Triumphierend lehnte sich Miriam in ihrem Stuhl zurück und wartete stillschweigend ab, ob Matthew explodieren würde.
    »Aber Vampire können sich nicht auf biologische Weise fortpflanzen«,
widersprach Em. »Das konnten sie noch nie. Und unterschiedliche Arten können sich nicht vermischen.«
    »Eine Art kann sich an neue Gegebenheiten anpassen«, sagte Marcus. »Der Instinkt, durch Fortpflanzung zu überleben, ist mächtig  – ganz bestimmt so mächtig, dass er genetische Veränderungen auslösen kann.«
    Sarah sah ihn zweifelnd an. »Das klingt fast so, als würden wir bald aussterben.«
    »Das ist durchaus möglich.« Matthew schob die Testergebnisse zusammen mit den Notizen und der Seite aus Ashmole 782 in die Tischmitte. »Die Hexen bekommen immer weniger Kinder und besitzen immer geringere Kräfte. Wir Vampire haben zunehmend Schwierigkeiten, einen Warmblüter durch den Prozess der Wiedergeburt zu führen. Und die Dämonen sind instabiler als je zuvor.«
    »Ich verstehe immer noch nicht, inwiefern das dazu führen sollte, dass Vampire und Hexen Kinder bekommen können«, sagte Em. »Und falls sich da tatsächlich etwas verändert hat, warum sollte es dann ausgerechnet bei Diana und Matthew beginnen?«
    »Diese Frage hat sich Miriam schon gestellt, als sie die beiden in der Bibliothek beobachtete«, erklärte Marcus.
    »Wir wissen, dass Vampire einen ausgesprochenen Beschützerinstinkt zeigen, wenn sie ihre Beute oder ihren Geschlechtspartner abschirmen wollen. Aber irgendwann wird dieser Instinkt von anderen Instinkten  – dem Jagdinstinkt oder dem Hunger  – überlagert. Matthews Beschützerinstinkt Diana gegenüber wurde stattdessen immer stärker«, erzählte Miriam. »Er hat sogar versucht, die Aufmerksamkeit potenzieller Feinde auf sich zu ziehen, wie ein Vogel, der sein Gefieder aufstellt und durch die Luft torkelt, um einen Angreifer von seinem Nest abzulenken.«
    »So beschützen Vögel ihre Brut«, erklärte Marcus seinem Vater. »Aus keinem anderen Grund würde ein Jagdwesen sich so verhalten.«
    »Emily hat recht. Vampire und Hexen unterscheiden sich zu sehr. Diana und ich können keine Kinder bekommen«, sagte Matthew scharf, den Blick fest auf Marcus gerichtet.

    »Das wissen wir nicht. Nicht mit absoluter Sicherheit. Denk nur an die Schaufelfußkröte.« Marcus stützte die Ellbogen auf die Tischplatte, verschränkte die Finger und ließ die Knöchel knacken.
    »Die Schaufelfußkröte?« Sarah griff so energisch nach dem Bild der chemischen Vermählung, dass ihre Finger den Rand verknitterten. »Einen Moment. Ist Diana auf diesem Bild jetzt der Löwe, die Kröte oder die Königin?«
    »Sie ist die Königin. Und vielleicht auch das Einhorn.« Marcus nahm meiner Tante vorsichtig das Papier ab und kehrte dann zu den Amphibien zurück. »Unter gewissen Umständen kann sich die weibliche Schaufelfußkröte mit einer anderen  – wenn auch nahe verwandten  – Krötenart paaren. Ihre Nachkommen profitieren von neuen Eigenschaften, wie zum Beispiel einer schnelleren Entwicklung, was ihnen beim Überleben hilft.«
    »Vampire und Hexen sind keine Schaufelfußkröten, Marcus«, belehrte Matthew ihn eisig. »Und nicht alle Veränderungen, die sich ergeben, sind positiv.«
    »Warum sträubst du dich so dagegen?«, fragte Miriam ungeduldig. »Eine Kreuzung von mehreren Spezies ist eindeutig der nächste evolutionäre

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