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Seelen der Nacht

Seelen der Nacht

Titel: Seelen der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Harkness
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glaube?«
    »Wahrscheinlich. Es ist Lateinisch für Empfängnis.«
    Sarahs Augen wurden groß. »Wie vor einer Schwangerschaft?«
    Doch ich ging in Gedanken bereits die Bilder in Ashmole 782 durch.
    »Die conceptio fehlte ebenfalls«, erklärte ich Matthew. »Jemand hat sie, so wie wir die conjunctio haben.«
    Genau in diesem Moment kam Miriam in den Raum geschwebt, einen Stapel Blätter in der Hand. »Wem soll ich die hier geben?«
    Damit handelte sie sich einen Blick von Matthew ein, den ich hoffentlich nie wieder sehen würde. Miriams Gesicht verfärbte sich von Weiß zu Aschgrau. Hastig drückte sie ihm die Testergebnisse in die Hand.
    »Das sind die falschen Ergebnisse, Miriam. Die hier stammen von einem Mann«, sagte Matthew, nachdem er hastig die ersten zwei Seiten überflogen hatte.
    »Das ist sehr wohl Dianas Analyse«, widersprach Miriam. »Sie ist eine Chimäre, Matthew.«
    »Was heißt das?«, fragte Em. Als Chimäre bezeichnete man gemeinhin ein mythologisches Tier, das Körperteile einer Löwin, eines Drachens und einer Ziege in sich vereinte. Ich sah an mir herab und rechnete schon halb damit, einen Schwanz zwischen meinen Beinen baumeln zu sehen.
    »Eine Person, deren Körperzellen zwei oder mehr verschiedene genetische Profile aufweisen.« Matthew starrte fassungslos auf die erste Seite.
    »Das ist doch unmöglich.« Mein Herz pochte laut. Matthew nahm mich in die Arme und hielt die Testergebnisse vor uns beide hin.
    »Selten, aber nicht unmöglich«, korrigierte er grimmig, während seine Augen über die grauen Balken wanderten.
    »Ich tippe auf VTS«, sagte Miriam, ohne Marcus’ warnenden Blick zu beachten. »Diese Ergebnisse stammen aus ihrer Haarprobe. Wir haben das Material auf der Decke gefunden, die wir aus der Old Lodge geholt haben.«
    »Das Vanishing Twin Syndrome« , erläuterte Matthew an Sarah gewandt.
»Hatte Rebecca im Frühstadium ihrer Schwangerschaft Probleme? Hatte sie Blutungen oder befürchtete sie eine Fehlgeburt?«
    Sarah schüttelte den Kopf. »Nein, ich glaube nicht. Allerdings waren Stephen und Rebecca damals nicht hier. Zu der Zeit waren die beiden in Afrika. Als sie nach Amerika zurückkamen, war sie bereits im vierten Monat.«
    Niemand hatte mir je erzählt, dass ich in Afrika gezeugt worden war.
    »Rebecca hätte wahrscheinlich gar nicht mitbekommen, dass etwas nicht stimmte.« Matthew schüttelte den Kopf und presste den Mund zu einem dünnen, festen Strich zusammen. »Die meisten Mehrlingsföten werden abgestoßen, bevor die Frauen überhaupt feststellen, dass sie schwanger sind.«
    »Ich war also ein Zwilling, und meine Mutter hat meine Schwester verloren?«
    »Deinen Bruder.« Matthew deutete mit der freien Hand auf die Testergebnisse. »Der andere Zwilling war männlich. In Fällen wie deinem absorbiert der überlebende Zwilling Blut und Gewebe des Geschwisterkindes. Das passiert so früh in der Schwangerschaft, dass in den meisten Fällen nichts mehr auf den verschwundenen Zwilling hindeutet. Lässt Dianas Haarprobe Rückschlüsse darauf zu, ob sie Kräfte besitzen könnte, die sich bei der ersten DNA-Analyse nicht gezeigt haben?«
    »Ein paar  – Zeitwandern, Gestaltwandeln, Wahrsagen«, erwiderte sein Sohn. »Die meisten davon hat Diana absorbiert.«
    »Also hätte mein Bruder der Zeitwanderer sein sollen, nicht ich«, erkannte ich langsam.
    Eine Spur fluoreszierender Flecken kennzeichnete den Weg, auf dem meine Großmutter durch den Raum schwebte, um mich erst leicht an der Schulter zu berühren und sich dann am anderen Tischende niederzulassen.
    »Er hätte auch die genetischen Voraussetzungen gehabt, das Hexenfeuer zu kontrollieren«, bestätigte Marcus nickend. »In der Haarprobe haben wir nur den Feuermarker gefunden  – keine anderen Spuren von Elementarmagie.«

    »Und du glaubst, dass meine Mutter nichts von meinem Bruder wusste?« Ich fuhr mit den Fingerspitzen über die grauen, schwarzen und weißen Balken.
    »O doch, sie wusste Bescheid«, widersprach Miriam mit tiefer Überzeugung. »Du wurdest am Feiertag der Göttin geboren. Und sie nannte dich Diana.«
    »Und?« Schaudernd verdrängte ich die Erinnerungen an den Traum, in dem ich in Sandalen und Tunika durch den Wald geritten war, und an das Gefühl, Pfeil und Bogen in der Hand zu halten, das dem Hexenfeuer vorausgegangen war.
    »Die Göttin des Mondes hatte einen Zwillingsbruder  – Apollo. Dieser Löwe vereinet Sol / mit Schwester Luna in Bälde wohl.« Mit glänzenden Augen rezitierte

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