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Seelen der Nacht

Seelen der Nacht

Titel: Seelen der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Harkness
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schon nervös, bevor du die Augen aufgeschlagen hast.«
    Im Haus herrschte bereits geschäftiges Treiben. Unten im Arbeitszimmer spuckte Sarahs Drucker eine Seite nach der anderen aus. Der Fernseher lief, und ich hörte den Trockner protestierend unter der nächsten Wäscheladung aufstöhnen. Ich brauchte nur kurz zu schnuppern, um zu erkennen, dass Sarah und Em schon die Kaffeemaschine angeworfen hatten, und weiter hinten im Flur heulte ein Föhn.
    »Sind alle anderen schon aufgestanden?« Ich gab mir Mühe, meinen Magen zu beruhigen.
    »Ich glaube schon.« Er lächelte, aber ich entdeckte einen besorgten Schatten in seinem Blick.
     
    Unten briet Sarah auf Bestellung Eier, während Em Bleche mit frisch gebackenen Muffins aus dem Ofen zog. Nathaniel zupfte eines nach dem anderen vom Blech und stopfte sie sich in den Mund.
    »Wo ist Hamish?«, fragte Matthew.
    »In meinem Büro, wo er meinen Drucker blockiert.« Sarah sah ihn vielsagend an und wandte sich dann wieder ihrer Pfanne zu.
    Marcus stand von seinem Scrabblespiel auf und kam in die Küche, um seinen Vater zu einem Spaziergang abzuholen. Im Hinausgehen nahm er sich eine Handvoll Nüsse und schnupperte mit einem frustrierten Stöhnen an den Muffins.

    »Was ist denn los?«, fragte ich leise.
    »Hamish spielt den Anwalt«, erwiderte Sophie und bestrich einen Muffin mit Butter. »Er meint, es gäbe noch ein paar Papiere zu unterschreiben.«
    Am späten Vormittag rief Hamish uns ins Esszimmer. Wir streunten mit unseren Weingläsern und Teebechern hinein. Er sah aus, als hätte er kein Auge zugetan. Überall auf dem Tisch waren korrekte Papierstapel angeordnet, außerdem sah ich schwarze Wachsstäbe und zwei Siegel mit dem Zeichen der Lazarusritter  – ein kleines und ein großes. Das Herz plumpste mir in die Magengrube und sprang von dort aus direkt in meinen Hals.
    »Sollen wir uns hinsetzen?«, fragte Em. Sie hatte eine frische Kanne Kaffee mitgebracht und schenkte Hamishs Becher voll.
    »Danke, Em«, sagte Hamish erleichtert. Am Kopfende des Tisches standen zwei Stühle. Er winkte Matthew und mich dorthin und griff dann nach dem ersten Papierstapel. »Gestern Nachmittag sind wir eine Reihe von praktischen Problemen durchgegangen, die sich aus unserer gegenwärtigen Situation ergeben.«
    »Nicht ganz so offiziös, bitte, Hamish«, sagte Matthew, und ich spürte seine Hand auf meinem Rücken. Hamish sah ihn finster an und fuhr fort.
    »Diana und Matthew werden wie geplant an Halloween zeitwandern. Vergesst alles andere, was Matthew euch aufgetragen hat.« Es bereitete Hamish sichtbares Vergnügen, diesen Teil seiner Botschaft zu verkünden. »Wir sind übereingekommen, dass es das Beste wäre, wenn alle … für eine Weile verschwinden. Von diesem Augenblick an steht bei jedem von uns das Leben auf Stopp.«
    Hamish legte ein Dokument vor mich hin. »Dies ist eine Anwaltsvollmacht, Diana, die mich  – oder den jeweiligen Seneschall  – ermächtigt, als Anwalt für Sie tätig zu werden.«
    Die Vollmacht verlieh der abstrakten Vorstellung, durch die Zeit zu reisen, etwas Endgültiges, das sie bis dahin nicht gehabt hatte. Matthew zückte einen Füllfederhalter.
    »Hier«, sagte er und legte ihn vor mich hin.

    Die Feder war meine Hand nicht gewohnt und kratzte, als ich meine Unterschrift auf die getüpfelte Linie setzte. Dann nahm Matthew mir den Füllfederhalter ab und tropfte einen schwarzen Wachsklecks unten auf die Seite, in den er dann sein persönliches Siegel drückte.
    Hamish griff nach dem nächsten Stapel. »Diese Briefe musst du ebenfalls unterschreiben. In einem teilst du den Organisatoren der Konferenz im November mit, dass du deinen Vortrag leider nicht halten kannst. In einem anderen bittest du für das ganze nächste Jahr um eine Beurlaubung aus medizinischen Gründen. Dein Arzt  – ein gewisser Dr. Marcus Whitmore  – hat dir ein Attest geschrieben. Falls du bis April nicht zurück bist, schicke ich diesen Brief nach Yale.«
    Ich las die Briefe genau durch und verabschiedete mich mit einer Unterschrift aus meinem Leben im einundzwanzigsten Jahrhundert.
    Hamish stützte sich an der Tischkante ab. Ganz eindeutig holte er zu einer längeren Ansprache aus. »Wir können unmöglich wissen, wann Matthew und Diana zurückkommen werden.« Er sagte nicht »ob«, doch das Wort schwebte auch so im Raum. »Immer wenn ein Mitglied der Firma oder der Familie de Clermont eine längere Reise unternehmen oder vorübergehend untertauchen muss, ist es

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