Seelen der Nacht
votre commande, seigneur «, murmelte Matthew und neigte den Kopf. Baldwin hatte auf dem Flughafen La Guardia die gleichen Worte gesagt. Aber sie klangen ganz anders, wenn sie aufrichtig gemeint waren.
»Dann befehle ich dir, in dein Amt zurückzukehren und die Lazarusritter wieder zu übernehmen«, sagte Marcus mit rauer Stimme, »bevor ich den Karren völlig in den Dreck fahre. Ich bin kein Franzose, und ich bin ganz bestimmt kein Ritter.«
»Du hast mehr als nur einen Tropfen französisches Blut in dir, und du bist der Einzige, dem ich diese Aufgabe zutraue. Außerdem kannst du dich auf deinen berühmten amerikanischen Charme verlassen.
Und möglicherweise gefällt es dir irgendwann sogar ganz gut, Großmeister zu sein.«
Marcus schnaubte und drückte auf seinem Handy die Acht. »Es ist vollbracht«, sagte er kurz in den Hörer. Beide wechselten ein paar Worte.« Danke.«
»Nathaniel hat seine Position angenommen«, murmelte Matthew, und ich sah seine Mundwinkel zucken. »Sein Französisch ist überraschend gut.«
Marcus blickte seinen Vater finster an, trat ein paar Schritte beiseite, um ungestört mit dem Dämon zu sprechen, und kam danach zu uns zurück.
Vater und Sohn tauschten einen langen Blick aus, eine Hand fasste einen Ellbogen, eine andere Hand legte sich auf den Rücken – ein Muster des Abschieds, das sich aus Hunderten ähnlicher Abschiede herausgebildet hatte. Für mich gab es einen hingehauchten Kuss, ein gemurmeltes »Mach’s gut«, und dann war auch Marcus weg.
Ich griff nach Matthews Hand.
Wir waren allein.
42
J etzt sind nur noch wir und die Geister hier.« Mein Magen knurrte.
»Was ist dein Lieblingsessen?«, fragte er.
»Pizza«, antwortete ich wie aus der Pistole geschossen.
»Du solltest eine essen, solange es noch geht. Bestell dir eine, wir fahren sie dann abholen.«
Seit unserer Ankunft hatten wir die unmittelbare Umgebung des Hauses nicht mehr verlassen, und es war ein eigenartiges Gefühl, an der Seite eines Vampirs in einem Range Rover durch das Gebiet um Madison zu kurven. Während der Fahrt zeigte ich ihm, wo ich als Kind schwimmen gegangen war und wo mein erster fester Freund gewohnt hatte. Der ganze Ort war schon für Halloween geschmückt – mit schwarzen Katzen, Hexen auf ihren Besen und sogar orangefarbenen und schwarzen Eiern an den Bäumen. In diesem Teil der Welt nahmen nicht nur die Hexen den Feiertag sehr ernst.
Als wir die Pizzeria erreicht hatten, stieg Matthew zusammen mit mir aus, so als wäre es ihm egal, ob Hexen oder Menschen uns sahen. Ich streckte mich, um ihm einen Kuss zu geben, den er mit einem fast leichtherzigen Lachen erwiderte. Die Collegestudentin, die uns die Pizza brachte, begutachtete Matthew mit unverhohlener Bewunderung, als sie ihm den Karton überreichte.
»Gut, dass sie keine Hexe ist«, sagte ich, als wir wieder im Auto saßen. »Sonst hätte sie mich in eine Unke verwandelt und dich auf ihrem Besen entführt.«
Mit Pizza gestärkt – Peperoni und Pilze – nahm ich den Kampf gegen das Chaos in der Küche und im Familienzimmer auf. Matthew brachte alle möglichen Papiere aus dem Esszimmer angeschleppt und verbrannte sie im Kamin in der Küche.
»Was machen wir hiermit?« Er hielt den Brief meiner Mutter, das mysteriöse dreizeilige Epigramm und die Seite aus Ashmole 782 in der Hand.
»Lass alles in der Stube liegen«, erklärte ich ihm. »Das Haus wird sich darum kümmern.«
Ich arbeitete weiter vor mich hin, wusch die Wäsche und räumte Sarahs Arbeitszimmer auf. Erst als ich nach oben ging, fiel mir auf, dass unsere beiden Computer verschwunden waren. In panischem Schrecken polterte ich die Treppe hinunter.
»Matthew! Die Computer sind weg!«
»Hamish hat sie mitgenommen«, sagte er, fing mich in seinen Armen auf und strich mein Haar über dem Hinterkopf glatt. »Keine Angst. Es war niemand im Haus.«
Meine Schultern rutschten nach unten, doch mein Herz hämmerte immer noch, so hatte mich die Vorstellung erschreckt, von einem weiteren Domenico oder einer neuen Juliette überrascht zu werden.
Er machte mir Tee und massierte meine Füße, während ich trank. Dabei plauderte er ununterbrochen über Nebensächliches – Häuser in Hamilton, die ihn an andere Zeiten und Orte erinnert hatten, über das erste Mal, als er eine Tomate gerochen hatte, was er sich gedacht hatte, als er mich in Oxford rudern gesehen hatte –, bis ich mich schließlich von der Wärme und Geborgenheit einlullen ließ.
Matthew
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