Seelen der Nacht
haben, packte mich etwas am Fußgelenk und zog mich wieder nach unten.
Wie fast immer, wenn ich einen Albtraum hatte, erwachte ich mit klopfendem Herzen, bevor ich herausfinden konnte, was mich da gepackt hatte. Minutenlang lag ich orientierungslos und schweißdurchtränkt da, während mein Herz ein Stakkato schlug, das meinen ganzen Brustkorb vibrieren ließ. Zitternd setzte ich mich auf. Im Fenster starrte mich ein weißes Gesicht aus dunklen Augenhöhlen an.
Zu spät erkannte ich, dass ich mich in der Scheibe spiegelte. Ich schaffte es gerade noch ins Bad, bevor ich mich übergeben musste. Die nächsten dreißig Minuten verbrachte ich zusammengerollt auf dem kalten Fliesenboden und verfluchte alle Geschöpfe, die mich verfolgten, und ganz besonders Matthew Clairmont, dafür, dass es mir so elend ging. Schließlich kroch ich ins Bett zurück und schlief noch ein paar Stunden. In der Morgendämmerung zwang ich mich in meine Ruderausrüstung.
Als ich an der Pförtnerloge vorbeikam, sah mich der Pförtner fassungslos an. »Sie werden doch nicht zu dieser Uhrzeit in den Nebel hinauswollen, Dr. Bishop? Sie sehen aus, als hätten Sie sich ein bisschen viel zugemutet, wenn Sie die Bemerkung gestatten. Wäre es nicht besser, noch einmal in die Federn zu fallen? Der Fluss fließt Ihnen bestimmt nicht weg.«
Ich dachte kurz über Freds Ratschlag nach und schüttelte dann den Kopf. »Nein, danach geht es mir bestimmt besser.« Er sah mich zweifelnd an. »Außerdem kommen am Wochenende die Studenten zurück.«
Weil ich noch müde war und der Nebel das Pflaster rutschig gemacht hatte, lief ich langsamer als sonst. Meine gewohnte Route führte am Oriel College vorbei, zu den hohen schwarzen Eisentoren zwischen Merton College und Corpus Christi College. Die Tore waren über Nacht abgeschlossen, um die Menschen von den Uferwiesen fernzuhalten, aber wer in Oxford ruderte, kletterte darüber.
Das vertraute Ritual, mit dem ich das Boot zu Wasser ließ, funktionierte. Bis ich mich vom Steg abstieß und in den Nebel eintauchte, fühlte ich mich fast wieder normal.
Im Nebel fühlt sich Rudern noch mehr wie Fliegen an. Die feuchte Luft dämpft die Vogelrufe und den Autolärm, gleichzeitig verstärkt sie den leisen Schlag der Ruderblätter im Wasser und das leise Scharren der Rollsitze. Das Ufer und vertraute Anhaltspunkte verschwinden, und man muss allein nach seinem Instinkt navigieren.
Ich fand einen lockeren, schwungvollen Rhythmus und spitzte die Ohren, um zu hören, ob ich dem Ufer zu nahe kam. Gleichzeitig hielt ich scharf nach irgendwelchen Schatten Ausschau, um eine Kollision mit einem anderen Boot zu vermeiden. Der Nebel war so dicht, dass ich kurz davor war umzudrehen, aber die Aussicht auf den langen, geraden Flussabschnitt war einfach zu verlockend.
Bei der Taverne wendete ich vorsichtig das Boot. Flussabwärts bemerkte ich zwei Ruderer, die hitzig über die richtige Strategie für die kuriosen, Bump genannten Ruderrennen in Oxford und Cambridge diskutierten.
»Wollt ihr vorausfahren?«, rief ich.
»Sicher doch!«, bekam ich sofort zur Antwort. Das Paar schoss vorbei, ohne auch nur aus dem Rhythmus zu kommen.
Das leise Klatschen ihrer Riemen verhallte. Ich beschloss, zum Bootshaus zurückzurudern und es für heute dabei zu belassen. Es war eine kurze Etappe gewesen, aber immerhin hatten sich die steifen
Muskeln nach der dritten unruhigen Nacht hintereinander wenigstens halbwegs gelockert.
Nachdem ich die Ausrüstung verstaut hatte, schloss ich das Bootshaus ab und ging langsam den Weg entlang in Richtung Innenstadt. Im Morgennebel war es so still, dass Zeit und Raum ihre Bedeutung verloren. Ich schloss die Augen und stellte mir vor, ich sei nirgendwo – nicht in Oxford und auch an keinem anderen Ort, der einen Namen hatte.
Als ich sie wieder aufschlug, ragte eine dunkle Silhouette vor mir auf. Ich schnappte erschrocken nach Luft. Die Gestalt schoss auf mich zu, und ich streckte instinktiv die Arme aus, um die Gefahr abzuwehren.
»Diana, das tut mir so leid. Ich dachte, du hättest mich gesehen.« Es war Matthew Clairmont, und er musterte mich besorgt.
»Ich hatte gerade die Augen zugemacht.« Ich fasste mir an den Kragen meiner Fleecejacke, und er wich einen Schritt zurück. Ich lehnte mich gegen einen Baum, bis mein Atem wieder ruhiger ging.
»Kannst du mir eine Frage beantworten?«, fragte Clairmont, sobald mein Herz zu hämmern aufgehört hatte.
»Nicht wenn du mich fragen willst, warum ich im Nebel
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