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Seelen der Nacht

Seelen der Nacht

Titel: Seelen der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Harkness
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Objektiv drehte.
    »Ihr wisst genau, wo ihr in dieser Welt steht«, setzte ich an. »Es gibt vier Arten von Geschöpfen  – Menschen, Dämonen, Vampire und Hexen.«
    »Und woher kommen die Dämonen? Wie entstehen wir? Wozu sind wir hier?« Ihre braunen Augen blitzten wütend. »Wisst ihr, woher eure Macht kommt? Wisst ihr das?«
    »Nein«, flüsterte ich kopfschüttelnd.

    »Das weiß niemand«, bestätigte sie melancholisch. »Anfangs hielten die Menschen die Dämonen für Schutzengel. Dann glaubten sie, wir seien Götter, die ihren Leidenschaften zum Opfer gefallen und nun an die Erde gefesselt waren. Die Menschen hassten uns, weil wir anders waren als sie, und sie setzten ihre Kinder aus, wenn sich herausstellte, dass es Dämonen waren. Sie beschuldigten uns, ihre Seelen zu stehlen und sie in den Wahnsinn zu treiben. Wir Dämonen sind kluge Köpfe, aber wir sind nicht böse  – ganz anders als die Vampire.«
    Sie sprach immer noch leise, aber ihre Stimme klang jetzt eindeutig wütend. »Wir leiden noch öfter als ihr Hexen unter der Angst und dem Neid der Menschen.«
    »Wir Hexen tragen auch etliche widerwärtige Legenden mit uns herum.« Ich dachte an die Hexenjagden und die Hinrichtungen.
    »Hexen werden von Hexen geboren. Vampire zeugen neue Vampire. Ihr könnt auf eure Familiengeschichten und Erinnerungen zurückgreifen, wenn ihr Trost oder Bestätigung braucht. Wir haben nichts als ein paar Geschichten, die uns von Menschen erzählt wurden. Kein Wunder, dass so viele Dämonen ihren Platz in der Welt und ihre Bestimmung nicht finden. Wir können nur darauf hoffen, irgendwann auf andere Dämonen zu stoßen und dabei zu erkennen, dass wir wie jene sind. Mein Sohn war einer der wenigen Glücklichen, die eine Dämonin zur Mutter haben. Nathaniel hatte jemanden, der die Zeichen erkannte und ihm helfen konnte, sich zurechtzufinden.« Sie wandte kurz das Gesicht ab, bis sie die Fassung wiedergefunden hatte. Als sich unsere Blicke trafen, stand Trauer in ihren Augen. »Vielleicht haben die Menschen recht. Vielleicht sind wir wirklich besessen. Ich sehe Dinge, Diana. Dinge, die ich nicht sehen sollte.«
    Dämonen konnten Visionäre sein. Es wusste nur niemand, ob ihre Zukunftsvisionen so zuverlässig waren wie das Zweite Gesicht der Hexen.
    »Ich sehe Blut und Angst. Ich sehe Sie«, sagte sie, und ihr Blick wurde wieder starr. »Manchmal sehe ich auch Ihren Vampir. Er wollte
dieses Buch schon so lange. Stattdessen hat er Sie gefunden. Merkwürdig.«
    »Wozu braucht Matthew Clairmont dieses Buch?«
    Agatha zuckte mit den Achseln. »Vampire und Hexen verraten uns nicht, was sie denken. So viele Geheimnisse. Die Menschen werden uns auf die Schliche kommen, wenn wir nicht aufpassen. Menschen lieben die Macht  – und sie lieben Geheimnisse.«
    »Er ist nicht mein Vampir.« Ich wurde rot.
    »Bestimmt nicht?«, fragte sie und starrte dabei in die Chromverkleidung der Espressomaschine, als wäre sie ein Zauberspiegel.
    »Ja«, bekräftigte ich gepresst.
    »Ein kleines Buch kann ein großes Geheimnis enthalten  – ein Geheimnis, das die ganze Welt verändern könnte. Sie sind eine Hexe. Sie wissen, welche Macht Worte haben. Und der Vampir bräuchte Sie nicht, wenn er das Geheimnis kennen würde.« Agathas braune Augen sahen mich mild und voller Wärme an.
    »Wenn Matthew Clairmont das Manuskript haben möchte, braucht er es doch nur zu bestellen.« Bei dieser Vorstellung überlief mich eine Gänsehaut, ohne dass ich gewusst hätte, warum.
    »Wenn Sie es noch einmal bekommen«, bedrängte sie mich und packte mich am Arm, »dürfen Sie nicht vergessen, dass ihr nicht die Einzigen sein dürft, die das Geheimnis kennen. Dämonen gehören auch zur Geschichte. Versprechen Sie mir das.«
    Ich spürte einen Anflug von Panik, als sie mich berührte; plötzlich merkte ich, wie heiß es im Café war und was für ein Gedränge herrschte. Instinktiv suchte ich nach dem nächsten Ausgang und konzentrierte mich gleichzeitig darauf, meinen Atem zu kontrollieren und die Anfänge einer Panikattacke abzuwehren.
    »Versprochen«, murmelte ich zögernd, ohne wirklich zu wissen, wozu ich mich bereiterklärte.
    »Gut.« Geistesabwesend ließ sie meinen Arm los. Ihr Blick schweifte ab. »Es war gut, dass Sie mit mir gesprochen haben.« Agatha starrte schon wieder auf den Fußboden. »Wir werden uns wiedersehen. Vergessen Sie nicht, manche Versprechen sind wichtiger als andere.«

    Ich stellte meine Teekanne und die Tasse in die graue

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