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Seelen im Eis: Island-Thriller (German Edition)

Seelen im Eis: Island-Thriller (German Edition)

Titel: Seelen im Eis: Island-Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yrsa Sigurdardóttir
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auch von ihm geträumt. Wir denken so viel an ihn, das ist ganz normal.«
    Sigga lächelte, obwohl ihr nicht danach zumute war. Das war nicht gelogen, sie hatte von Óðinn geträumt, und obwohl sie sich nicht an Details erinnern konnte, blieb ein unangenehmer Nachklang haften.
    »Er war nicht glücklich«, sagte Rún, stellte die Ellbogen auf den Tisch und stützte das Kinn auf ihre Hände.
    »Was?« Baldur klopfte ihr kameradschaftlich auf die Schulter. »Na, hör mal, natürlich ist er glücklich. Er ist im Himmel. Da sind alle gut drauf. Wir sollten nicht mehr so viel an ihn denken. Lass uns über was Schönes reden. Ich habe zum Beispiel überlegt, ob wir nicht ins Kino gehen sollen, während Sigga im Fitnessstudio ist.«
    Rún lächelte gezwungen und stützte weiter ihr Kinn auf. Dann nahm sie die Hände herunter und nickte. Sie schüttelte sich leicht und sagte, sie ginge sich anziehen.
    »Mir ist so kalt«, fügte sie hinzu.
    Auf der Türschwelle drehte sie sich in ihrem rosa Schlafanzug noch einmal um. Die Beine waren ein bisschen zu lang, und die Hose rutschte ihr fast herunter. So klein und hilflos. Sigga spürte einen Stich im Herz und verfluchte sich, nicht besser auf die Größe geachtet zu haben. Aber Rún würde ja bald wachsen, und sie müsste sie im Handumdrehen neu einkleiden. Sie zwinkerte der Kleinen zu, die dumpf zurücklächelte und dann im Flur verschwand.
    »Wir schaffen das schon.« Sigga beugte sich über den Tisch und nahm Baldurs Hand. Die Kälte der Granitplatte drang durch ihren Morgenmantel, und sie bekam eine Gänsehaut. »Wir schaffen das schon.«
    Sie versuchte, die nächtlichen Träume abzuschütteln und wiederholte die Worte wie ein Mantra: »Wir schaffen das schon.«
    Baldur küsste ihre Hand und hinterließ dabei einen braunen Kaffeefleck.
    »Na, klar doch!«
    Er klang nicht so überzeugend, wie er es sich gewünscht hätte.

    Rún legte den Kopf schief, als sie in der Küchentür stand und hoffte, noch etwas zu hören. Sie seufzte, ohne zu wissen, ob vor Glück oder vor Angst. Hier ging es ihr gut. Onkel Baldur liebte sie und Tante Sigga auch. Eigentlich war es viel besser als bei Papa und viel, viel besser als bei Mama. Nur dumm, dass Papa und Mama das nicht verstehen konnten. Wenn sie sie so sehr liebten, wie sie behaupteten, würden sie einfach glücklich sein und sie in Ruhe lassen.
    Rún öffnete vorsichtig die Tür zum Kinderzimmer und ließ ihren Blick von der Türschwelle durch den Raum schweifen. Die Nachttischlampe brannte. Sie hatte die Deckenlampe nicht eingeschaltet, weil sie es so eilig gehabt hatte, zu Baldur und Sigga in die Küche zu kommen. Dort war es viel gemütlicher als alleine mit all den Schatten in diesem hübschen Zimmer. Sie reckte sich nach dem Lichtschalter, bevor sie eintrat, und drückte ihn. Die Schatten verschwanden, alles wurde besser. Rún atmete auf. Sie würden das schon schaffen, wie Sigga gesagt hatte. Sie fürchtete sich ein bisschen davor, wenn Baldur wieder arbeiten ging, weil er dann so oft weg wäre. Das hatte Papa gesagt. Sie spürte, wie sich die Haare in ihrem Nacken aufrichteten, wenn sie nur das Wort Papa dachte. Denk nicht an ihn, denk nicht an ihn. Am besten dachte sie daran, dass sie das schon schaffen würden. Na klar doch?
    Rún zog sich schnell an. Der Schrank war voller Kleidungsstücke in vielen bunten Farben, aber sie zog trotzdem immer dieselbe Jeans und den Pulli mit dem großen Kreuz vorne drauf an. Sie fühlte sich wohl in diesen Sachen und wollte keine anderen. Gott würde das Kreuz sehen und glauben, dass sie gut wäre, und auf sie aufpassen. Vielleicht sollte sie Sigga bitten, ihr ein Kreuz zu kaufen, das sie um den Hals tragen könnte. Dann würde Gott ganz bestimmt denken, dass sie ein gutes Mädchen sei. Alles würde gut werden.
    Rún ging aus dem Zimmer, zog die Tür hinter sich zu, ließ das Licht aber brennen. Sie lief durch den Flur, wäre am liebsten gerannt, beherrschte sich aber, damit Baldur und Sigga sie nicht fragen würden, warum sie es so eilig habe. Sie wollte ihnen nicht erklären, was ihr auf den Fersen war. Trotzdem stürmte sie in die Küche.
    »Da kommt ja mein Wirbelwind!«, rief Baldur lächelnd und hob die Brauen, froh, sie zu sehen. Er liebte sie ganz bestimmt. Auf einmal wurde ihr ganz warm. Jetzt hatte sie alles, was sie sich gewünscht hatte. Dann ließ die Wärme nach, und ein winziger Kälteschauer fuhr ihr über den Rücken. Es wäre perfekt, wenn Baldur und sie alleine wären. Wenn

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