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Seelen-Transfer

Seelen-Transfer

Titel: Seelen-Transfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Frank Russell
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versuchte.
    Als der Morgen kam, saß er mit taunasser Kleidung immer noch da, seine Augen gequollen und rotgerändert. Little Koo lebte noch, aber er spürte nichts mehr und konnte nicht mehr reagieren. Offenbar war er in völliger Betäubung, so, als stünde er unter Drogen.
    Das erinnerte Mallet daran, daß Leute wie Little Koo angeblich alle opiumsüchtig waren. Vielleicht hatte Little Koo einen Notvorrat in seinem Gepäck oder an seinem Körper. Er durchsuchte beides, und zwar gründlich. Aber kein Opium, nirgends. Vor unzähligen Tagen hatte er auch Sammy auf die gleiche Art untersucht – aber keine Diamanten gefunden. Es sah so aus, als schleppe keiner den Kram mit sich herum, den man ihm im allgemeinen nachsagte.
    In vieler Hinsicht, so schloß er daraus, ist die Welt eine große, verdammte Lüge. In vieler Hinsicht ist der Augenblick des Todes der Augenblick der Wahrheit. Little Koo trug nichts weiter bei sich als ein zerknicktes und vergilbtes Bild von ein paar Häusern mit spitzen Dächern und Bergen im Hintergrund. Nur das, weiter nichts. Dies war sein Paradies gewesen, sein Himmel auf Erden.
    „Dort werde ich dich hinbringen“, schwor Mallet. „Ich bringe dich dort hin, und wenn es zehn Jahre dauert.“
    Dann schnallte er sich den Munitionsgürtel und die Automatik um die Hüften, stopfte so viel er hineinbekam in einen der Rucksäcke und befestigte ihn sich vor der Brust anstatt auf dem Rücken. Einen Teil des Inhalts aus dem Erste-Hilfe-Kasten steckte er in seine Taschen, den Rest ließ er liegen. Dann rammte er die Machete so in den Boden, daß er sie mitnehmen konnte, ohne sich bücken zu müssen. Als letztes endlich hob er sich Little Koo auf den Rücken, hielt seine beiden dürren Hände vor sich mit einer Hand fest, ergriff mit der anderen die Machete und marschierte los.
    Sehr erleichtert über seine ungewohnte Freiheit, rannte Feeny weit voraus, schnüffelte mal hier und mal da herum, sah sich immer wieder um, ob man ihm auch folgte. Eine halbe Stunde lang marschierte er, dann ruhte er sich fünf Minuten aus, bevor er wieder dreißig Minuten lang marschierte. Nur gut, daß das Schicksal ihn mit einem kräftigen Körper versehen hatte, während es dafür gesorgt hatte, daß Little Koo leicht und zierlich gebaut war.
    Mallet fing an zu sprechen, während er einen Fuß vor den anderen setzte. Manchmal mit Little Koo, der schlapp und schweigend über einer seiner breiten Schultern hing, manchmal zu Feeny, der jede Sonderlichkeit seines Herrn mit unvergleichlicher Loyalität als ganz normal hinnahm. Manchmal sprach er mit überhaupt niemandem, murmelte nur wütende Worte und Sätze über die brennende Sonne, die feindselige Umgebung vor sich hin. Noch funktionierte er körperlich, aber geistig war er ein gebrochener Mann, ohne es zu wissen. Während der achten Ruheperiode gab Little Koo einen rasselnden Laut von sich, öffnete seine schwarzen Augen zum ersten Mal seit dem gestrigen Tag und flüsterte: „Tut mir sehr leid.“
    Dann verstarb er auf seine ruhige und unauffällige Weise und glitt hinüber in den Bereich, in den nur Little Koos gelangen können. Mallet sah nicht mehr, daß er gestorben war. Er nahm ihn auf, schleppte ihn weiter durch die grüne Hölle, legte ihn in den Pausen wieder ab, nahm ihn wieder auf – Stunde um Stunde, Meile um Meile. Sehr oft sprach er mit ihm, und meistens antwortete Little Koo.
    „Wir schaffen es, kleiner Freund. Wir kommen voran. Haben heute fünfzig Meilen geschafft. Was hältst du davon?“
    „Sehr gut“, antwortete dann das tote Gesicht ermunternd.
    „Vielleicht schaffen wir morgen hundert. Jawohl, unter dieser blauen Sonne. Sie versucht, mich niederzubrennen. Aber ich werde es nicht zulassen. Sie sticht mir genau ins Gehirn, verstehst du? Sie sagt: ‚Fall um, verdammt, fall um’! Aber ich falle nicht, siehst du? So ist Bill Mallet zu dir. Ich spucke auf die blaue Sonne!“ Dann spie er zu Boden, während Little Koo steif vor Bewunderung dalag. „Nächsten Donnerstag werden wir die Kuppel erreichen. Dann werden sie neue Beine für Sammy bauen. Und Dienstag nächsten Monat werden wir auf dem Schiff zur Erde sein.“ Er schnaufte triumphierend. „Weihnachten daheim, was?“
    „Garantiert.“ Little Koo antwortete meist mit dem entsprechenden Enthusiasmus.
    „Dann gibt’s Rinderknochen für Feeny“, sagte Mallet daraufhin zu dem Hund. „Wie würde dir das gefallen?“
    „Ich kann es kaum erwarten“, antwortete Feeny jedesmal und rannte

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