Seelen
Backen, während ich sprach. So hatte ich eine Entschuldigung, wenn ich mal eine Pause machte, bevor ich eine schwierige Frage beantwortete, und ich wusste, wo ich hinschauen konnte, wenn ich niemandem in die Augen sehen wollte. Es schien mir eine innere Logik zu haben; meine Worte waren manchmal unangenehm für sie, aber meine Taten waren immer zu ihrem Besten.
Ich wollte nicht zugeben, dass Jamie Recht hatte. Natürlich mochten mich die Leute nicht. Das konnten sie gar nicht, ich war keine von ihnen. Jamie mochte mich, aber das war nur eine eigenartige chemische Reaktion, die alles andere als rational war. Jeb mochte mich, aber Jeb war verrückt. Alle anderen hatten keine Entschuldigung.
Nein, sie mochten mich nicht. Aber die Dinge veränderten sich, als ich zu erzählen begann.
Zum ersten Mal fiel es mir an dem Morgen auf, nachdem ich Docs Fragen beim Abendessen beantwortet hatte. Ich wusch zusammen mit Trudy, Lily und Jamie im schwarzen Badezimmer Wäsche.
»Kannst du mir bitte mal die Seife geben, Wanda?«, fragte Trudy mich von links.
Meinen Körper durchfuhr es wie ein Stromschlag, als ich eine weibliche Stimme meinen Namen aussprechen hörte. Mechanisch gab ich ihr die Seife und wusch dann das Brennen von meiner Hand ab.
»Danke«, fügte sie hinzu.
»Gern geschehen«, murmelte ich. Meine Stimme versagte bei der letzten Silbe.
Am nächsten Tag kam ich im Gang an Lily vorbei, als ich Jamie zum Abendessen holen wollte.
»Wanda«, sagte sie und nickte mit dem Kopf.
»Lily«, erwiderte ich mit ausgetrockneter Kehle.
Bald waren es nicht mehr nur Doc und Ian, die abends Fragen stellten. Es überraschte mich, wer alles das Wort ergriff: Der erschöpfte Walter, auf dessen Gesicht ein besorgniserregender grauer Schatten lag, war unendlich interessiert an den Fledermäusen der Singenden Welt. Der sonst so wortkarge Heath, der normalerweise Trudy und Geoffrey das Reden überließ, war an diesen Abenden ausgesprochen offen. Die Feuerwelt faszinierte ihn, und obwohl sie zu den Planeten gehörte, von denen ich am wenigsten gern erzählte, bombardierte er mich mit Fragen, bis er alle Einzelheiten gehört hatte, die ich kannte. Lily interessierte sich für die technischen Details - sie wollte etwas über die Raumschiffe erfahren, die uns von Planet zu Planet brachten, ihre Piloten, ihren Treibstoff. Lily erklärte ich auch die Funktion der Tiefkühlbehälter - die alle schon mal gesehen, deren Zweck sie aber nicht verstanden hatten. Der schüchterne Wes, der normalerweise dicht neben Lily saß, wollte nichts über andere Planeten wissen, sondern über diesen hier. Wie funktionierte das alles? Kein Geld, keine Entlohnung für Arbeit - wieso brach die Gesellschaft der Seelen nicht auseinander? Ich versuchte zu erklären, dass es sich nicht allzu sehr vom Leben hier in den Höhlen unterschied. Arbeiteten wir nicht alle ohne Geld und teilten die Früchte unserer Arbeit gerecht auf?
»Stimmt schon«, unterbrach er mich kopfschüttelnd. »Aber das ist etwas anderes - Jeb hat ein Gewehr, mit dem er den Faulenzern einheizt.«
Wir sahen Jeb an, der zwinkerte, und alle brachen in Lachen aus.
Jeb war ungefähr jeden zweiten Abend anwesend. Er beteiligte sich nicht am Gespräch, sondern saß nur nachdenklich hinten im Raum und grinste gelegentlich.
Er hatte Recht, was den Unterhaltungswert der Sache anging; komischerweise erinnerte mich die Situation an den Sehtang, obwohl wir alle Beine hatten. Dort hatte es eine spezielle Bezeichnung für die Unterhalter gegeben, so wie Helfer oder Heiler oder Sucher . Ich war eine der Geschichtenerzählerinnen gewesen; daher war die Wandlung zur Lehrerin hier auf der Erde keine so große Veränderung, beruflich zumindest. Ganz ähnlich war auch die Atmosphäre in der Küche nach Einbruch der Dunkelheit, wenn der Geruch nach Rauch und frisch gebackenem Brot den Raum erfüllte. Alle hockten hier fest, wie angewurzelt. Meine Geschichten waren etwas Neues, etwas, worüber man nachdenken konnte, jenseits des Gewohnten - der immer gleichen anstrengenden Arbeit der immer gleichen fünfunddreißig Gesichter, der immer gleichen Erinnerungen an andere Gesichter, die eine immer gleiche Trauer hervorriefen; jenseits der immer gleichen Angst und der gleichen Verzweiflung, die bereits über so lange Zeit vertraute Begleiter waren. Und so war die Küche bei meinem zwanglosen Unterricht immer gut besucht. Nur Sharon und Maggie waren stets auffällig abwesend.
Etwa in meiner vierten Woche als
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