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Seelen

Titel: Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephenie Meyer
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jetzt rührte.
    »Also«, sagte Jeb in viel zu beiläufigem Tonfall für den Anlass, »wie du siehst, ist Jamie nicht einverstanden. Ich denke mal, er hat genauso viel Mitspracherecht wie du.«
    Die Antwort ließ so lange auf sich warten, dass ich meine Augen wieder ganz öffnen musste.
    Jared starrte Jamies gequältes, angsterfülltes Gesicht entsetzt an.
    »Wie konntest du das zulassen, Jeb?«, flüsterte er.
    »Es gibt wohl doch einiges zu bereden«, antwortete Jeb. »Aber warum gönnst du dir nicht erst mal eine Verschnaufpause? Vielleicht bist du nach einem Bad eher zu einem Gespräch bereit.«
    Jared sah den alten Mann grimmig an; in seinem Blick spiegelten sich Fassungslosigkeit und der Schmerz des Verratenen. Ich kannte nur menschliche Vergleiche dafür: Cäsar und Brutus, Jesus und Judas.
    Die unerträgliche Anspannung dauerte noch eine weitere lange Minute an, dann schüttelte Jared Jamies Finger von seinem Arm.
    »Kyle«, bellte er, drehte sich um und stapfte aus dem Raum.
    Kyle schnitt seinem Bruder zum Abschied eine Grimasse und folgte ihm.
    Die anderen verdreckten Expeditionsteilnehmer gingen schweigend hinter ihnen her, Paige sicher im Arm ihres Andy.
    Die meisten übrigen Menschen, all diejenigen, die aus Scham, dass sie mich in ihre Gesellschaft aufgenommen hatten, ihre Köpfe hängen ließen, schlurften hinter ihnen hinaus. Nur Jamie, Jeb und Ian, außerdem Trudy, Geoffrey, Heath, Lily, Wes und Walter blieben.
    Niemand sagte etwas, bis das Echo der Schritte verhallt war.
    »Puh!«, keuchte Ian. »Das war knapp. Gute Idee, Jeb.«
    »Aus der Verzweiflung geboren. Aber wir sind noch nicht aus dem Schneider«, antwortete Jeb.
    »Allerdings! Du hast das Gewehr nicht an irgendeiner leicht zugänglichen Stelle liegenlassen, oder?«
    »Nein. Ich hab mir schon gedacht, dass das irgendwann passieren würde.«
    »Na, immerhin.«
    Jamie zitterte, allein in der Leere, die der Exodus zurückgelassen hatte. Da ich die Anwesenden zu meinen Freunden zählen konnte, wagte ich es, zu ihm zu gehen. Er schlang mir die Arme um die Taille und ich klopfte ihm mit flatternden Händen auf den Rücken.
    »Ist ja gut«, log ich flüsternd. »Ist ja gut.« Ich wusste, dass jeder Idiot den falschen Unterton heraushören würde, und Jamie war kein Idiot.
    »Er wird dir nichts tun«, sagte Jamie mit belegter Stimme, während er gegen seine Tränen ankämpfte. »Ich erlaube es ihm nicht.«
    »Schsch«, murmelte ich.
    Ich war verzweifelt - ich spürte, dass mein Gesicht vor Schreck erstarrt war. Jared hatte Recht - wie hatte Jeb das bloß zulassen können? Wenn sie mich doch gleich an meinem ersten Tag hier umgebracht hätten, bevor mich Jamie überhaupt zu Gesicht bekommen hatte … Oder in der ersten Woche, in der Jared mich von allen anderen abgeschirmt hatte, bevor Jamie und ich Freunde geworden waren … Oder wenn ich bloß meinen Mund gehalten hätte, was Melanie anging … Für all das war es jetzt zu spät. Meine Arme schlossen sich um den Jungen.
    Melanie war genauso verzweifelt wie ich. Mein armer Kleiner.
    Ich habe dir ja gleich gesagt, dass es eine Schnapsidee ist, ihm alles zu erzählen, erinnerte ich sie.
    Was wird mit ihm, wenn wir sterben?
    Es wird fürchterlich - er wird traumatisiert sein und verängstigt und am Boden zerstört…
    Melanie unterbrach mich. Hör auf. Ich weiß, ich weiß. Aber was können wir dagegen tun?
    Am besten nicht sterben.
    Melanie und ich dachten darüber nach, wie wahrscheinlich es war, dass wir überleben würden, und verzweifelten.
    Ian klopfte Jamie auf den Rücken - von dem Schlag vibrierten unsere beiden Körper.
    »Quäl dich nicht deswegen, Junge«, sagte er. »Du bist nicht allein.«
    »Sie sind bloß schockiert, das ist alles.« Ich erkannte Trudys Altstimme hinter mir. »Sobald wir die Gelegenheit haben, ihnen alles zu erklären, werden sie zur Vernunft kommen.«
    »Zur Vernunft kommen? Kyle?«, zischte jemand fast unhörbar vor sich hin.
    »Wir wussten, dass das irgendwann passieren würde«, murmelte Jeb. »Wir müssen es einfach durchstehen. Vorbeiziehen lassen wie einen Sturm.«
    »Vielleicht solltest du dieses Gewehr holen gehen«, schlug Lily ruhig vor. »Die heutige Nacht könnte lang werden. Wanda kann bei Heidi und mir schlafen …«
    »Ich glaube, es wäre besser, sie woanders unterzubringen«, widersprach Ian. »Vielleicht in den südlichen Tunneln? Ich habe ein Auge auf sie. Jeb, würdest du mir helfen?«
    »Bei mir würden sie nicht nach ihr suchen.« Walters Angebot

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