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Seelen

Titel: Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephenie Meyer
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zu lindern, das ist alles«, sagte Jared. »Wenn du es ihm in kleinen Dosen gibst.«
    Ich verstand nicht, was Jared meinte, aber Doc schon.
    »Ah«, seufzte er. Er drehte sich wieder zu Walter um und ich sah, wie ihm erneut Tränen in die Augen traten. Er öffnete den Mund, um etwas zu sagen, aber es kam nichts heraus.
    Ich wollte wissen, was sie meinten, aber Jareds Anwesenheit ließ mich verstummen, brachte die Schüchternheit zurück, die ich sonst kaum mehr nötig hatte.
    »Du kannst ihn nicht retten. Du kannst ihm nur seine Schmerzen ersparen, Doc.«
    »Ich weiß«, sagte Doc. Seine Stimme brach, als hielte er ein Schluchzen zurück. »Du hast Recht.«
    Was ist los? , fragte ich. Solange Melanie in der Nähe war, konnte ich mir das schließlich auch zunutze machen.
    Sie werden Walter umbringen, erklärte sie mir nüchtern. Es gibt genug Morphium, um ihm eine Überdosis zu spritzen.
    Mein Keuchen schien laut in dem stillen Zimmer, obwohl es eigentlich nur ein Atemzug war. Ich blickte nicht auf, um zu sehen, wie die beiden Männer darauf reagierten. Auch mir traten jetzt die Tränen in die Augen, als ich mich über Walters Kissen beugte.
    Nein, dachte ich, nein. Noch nicht. Nein.
    Wäre es dir lieber, er ginge schreiend zugrunde?
    Ich … ich kann einfach … diese Endgültigkeit nicht ertragen. Ich werde meinen Freund nie wiedersehen.
    Wie viele deiner anderen Freunde hast du noch mal besucht, Wanderer?
    Ich hatte noch nie solche Freunde. Meine Freunde auf anderen Planeten verschwammen miteinander in meinem Kopf; Seelen waren sich alle so ähnlich, auf gewisse Weise beinahe austauschbar. Walter war ganz klar er selbst. Wenn er weg war, würde es niemanden geben, der genau seinen Platz einnehmen könnte.
    Ich wiegte Walters Kopf in meinen Armen, während meine Tränen auf sein Gesicht tropften. Ich versuchte, mein Weinen zu unterdrücken, aber es bahnte sich trotzdem seinen Weg, eher ein Heulen denn ein Schluchzen.
    Ich weiß. Schon wieder ein erstes Mal, flüsterte Melanie, und ich hörte Mitleid aus ihrer Stimme heraus. Mitleid mit mir - das gab es auch zum ersten Mal.
    »Wanda?«, fragte Doc.
    Ich schüttelte bloß den Kopf, unfähig zu antworten.
    »Ich glaube, du warst jetzt lange genug hier«, sagte er. Ich fühlte seine Hand leicht und warm auf meiner Schulter. »Du solltest dich ein bisschen ausruhen.«
    Ich schüttelte erneut den Kopf, immer noch heulend.
    »Du bist völlig ausgelaugt«, sagte er. »Geh dich waschen, dir die Beine vertreten. Iss etwas.«
    Ich sah zu ihm auf. »Wird Walter noch hier sein, wenn ich zurückkomme?«, murmelte ich unter Tränen.
    »Möchtest du das?«
    »Ich würde mich gern von ihm verabschieden. Er ist mein Freund.«
    Er tätschelte meinen Arm. »Ich weiß, Wanda, ich weiß. Ich auch. Ich habe es nicht eilig. Geh ein bisschen Luft schnappen und dann komm wieder. Walter schläft jetzt erst mal eine Weile.«
    Ich musterte sein erschöpftes Gesicht und schenkte seiner ernsthaften Miene Glauben.
    Also nickte ich und bettete Walters Kopf vorsichtig auf das Kissen. Wenn ich eine Weile hier herauskam, würde ich vielleicht einen Weg finden, damit umzugehen. Ich war mir nicht sicher, wie - ich hatte keine Erfahrung mit echten Abschieden.
    Da ich in ihn verliebt war - wenn auch unfreiwillig -, musste ich Jared noch einen Blick zuwerfen, bevor ich ging. Mel wollte das ebenfalls, hätte mich aber gerne davon ausgeschlossen.
    Er sah mich an. Ich hatte das Gefühl, dass sein Blick schon seit einer ganzen Weile auf mir ruhte. Sein Gesicht wirkte gefasst, aber ich konnte erneut Überraschung und Misstrauen darin erkennen. Ich war es so müde. Warum sollte ich jetzt noch Theater spielen, selbst wenn ich eine noch so talentierte Lügnerin wäre? Walter würde nie mehr für mich einstehen. Ich konnte ihn keiner »Gehirnwäsche« mehr unterziehen.
    Unsere Blicke trafen sich für einen langen Augenblick, dann wandte ich mich ab, um den pechschwarzen Flur entlangzueilen, der mir heller schien als Jareds Gesichtsausdruck.

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Ü berfallen
    D ie Höhlen lagen ruhig da; die Sonne war noch nicht aufgegangen. Die Spiegel auf dem großen Platz waren von der sich ankündigenden Dämmerung blassgrau gefärbt.
    Meine paar Kleider waren immer noch in Jamies und Jareds Zimmer. Ich stahl mich hinein, froh, dass ich wusste, wo Jared gerade war.
    Jamie schlief tief und fest, am oberen Ende der Matratze zusammengerollt. Normalerweise nahm er mehr Raum ein, aber im Moment war das nicht möglich. Ian belegte

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