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Seelen

Titel: Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephenie Meyer
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immer gewollt hatte. Jetzt fühlte ich mich einsam und verloren.
    Schließlich stahl sich ein schwaches, graues Licht durch die Fenster hoch über unseren Köpfen. Ich war kurz vorm Einschlafen, aber Walters Stöhnen und Schreie hielten mich davon ab. Ich konnte Doc hinter mir schnarchen hören und war froh, dass es ihm gelungen war, für eine Weile zu entkommen.
    Ich hörte nicht, wie Jared den Raum betrat. Ich nuschelte matte, unzusammenhängende Beschwichtigungen, mit denen ich Walter zu beruhigen versuchte.
    »Ich bin hier, ich bin hier«, murmelte ich, wenn er den Namen seiner Frau rief. »Schsch, ist ja gut.« Die Worte waren bedeutungslos. Aber so hatte ich etwas zu sagen und es schien, als könnte meine Stimme ihn ein wenig besänftigen.
    Ich weiß nicht, wie lange Jared mich und Walter schon beobachtet hatte, bevor ich ihn bemerkte. Er musste schon eine Weile da gestanden haben, denn ich war sicher, dass seine erste Reaktion Wut gewesen wäre. Aber als ich ihn sprechen hörte, klang seine Stimme kühl.
    »Doc«, sagte er und ich hörte, wie das Feldbett hinter mir wackelte. »Doc, wach auf.«
    Ich riss meine Hand los und wirbelte herum - und sah in das Gesicht, das zu der unverwechselbaren Stimme gehörte.
    Sein Blick ruhte auf mir, während er den schlafenden Mann an der Schulter rüttelte, aber es war unmöglich, ihn in dem schwachen Licht zu deuten. Sein Gesicht war vollkommen ausdruckslos.
    Melanie war sofort wieder präsent. Sie studierte sein Gesicht und versuchte seine Gedanken hinter der Maske zu erraten.
    »Gladdie! Lass mich nicht allein! Nein!« Walters Kreischen ließ Doc hochfahren, wobei er beinahe das Feldbett umwarf.
    Ich drehte mich schnell zu Walter zurück und schob meine schmerzende Hand zwischen seine suchenden Finger.
    »Schsch, schsch! Walter, ich bin hier. Ich lasse dich nicht allein. Bestimmt nicht, ich verspreche es dir.«
    Er beruhigte sich und wimmerte wie ein kleines Kind. Ich wischte mit dem feuchten Tuch über seine Stirn; sein Schluchzen überschlug sich und wurde zu einem Seufzen.
    »Was hat das zu bedeuten?«, fragte Jared hinter mir.
    »Sie ist das beste Schmerzmittel, das ich auftreiben konnte«, sagte Doc müde.
    »Ich habe hier etwas Besseres als einen zahmen Sucher.«
    Mein Magen verknotete sich und Melanie fauchte in meinem Kopf. Wie kann man nur so verdammt verbohrt und störrisch sein! , grummelte sie. Er würde dir noch nicht mal glauben, wenn du ihm erklärst, dass die Sonne im Westen untergeht.
    Aber Doc hatte Wichtigeres im Kopf, als auf Jareds Beleidigung einzugehen. »Du hast was gefunden!«
    »Morphium - allerdings nicht viel. Ich wäre schneller wieder hier gewesen, wenn ich mich nicht vor der Sucherin hätte verstecken müssen.«
    Doc wurde sofort aktiv. Ich hörte, wie er mit irgendetwas raschelte und vor Freude jubelte. »Jared, du vollbringst wahre Wunder!«
    »Doc, einen Moment noch …«
    Aber Doc stand bereits neben mir, sein erschöpftes Gesicht leuchtete voll Freude. Seine Hände waren mit einer kleinen Spritze beschäftigt. Er stach die Nadel auf meiner Seite in Walters Armbeuge. Ich schaute weg. Es kam mir wie ein unzulässiger Eingriff vor, etwas durch seine Haut zu stechen.
    Den Erfolg konnte ich allerdings nicht leugnen. Innerhalb einer Minute entspannte sich Walters ganzer Körper und wurde zu einem Haufen losen Fleischs auf der dünnen Matratze. Seine Atmung war nicht länger heiser und keuchend, sondern sanft und gleichmäßig. Seine Hand entspannte sich und gab meine frei.
    Ich massierte meine linke Hand mit der rechten und versuchte das Blut zurück in meine Fingerspitzen zu befördern. Der Blutfluss unter meiner Haut wurde von einem Prickeln begleitet.
    »Äh, Doc, dafür ist wirklich nicht genug da«, murmelte Jared.
    Ich sah von Walters Gesicht auf, das endlich friedlich war. Jared stand mit dem Rücken zu mir, aber ich konnte Docs überraschten Gesichtsausdruck sehen.
    »Genug wofür? Ich werde das Zeug nicht für schlechte Zeiten aufbewahren, Jared. Ich bin sicher, dass wir uns irgendwann wünschen, es wäre noch da, und wahrscheinlich viel zu bald, aber ich werde Walter nicht vor Schmerzen schreien lassen, wenn ich ein Mittel dagegen habe!«
    »Das habe ich auch nicht gemeint«, sagte Jared. Er sprach so wie immer, wenn er bereits lange und ausgiebig über irgendetwas nachgedacht hatte: langsam und gleichmäßig wie Walters Atmung.
    Doc runzelte verwirrt die Stirn.
    »Wir haben gerade genug, um seine Schmerzen drei oder vier Tage lang

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