Seelen
zu urteilen. Aber da er selbst vom Blumenplaneten kam, überraschte mich seine heftige Reaktion auf das Schicksal einer ähnlichen Lebensform in einer anderen Welt überhaupt nicht.
Ich wunderte mich immer wieder darüber, wie sehr einige Seelen in die Welt, die sie bewohnten, eintauchten und wie wenig sie über den Rest des Universums wussten. Aber ich wollte Faces Sunward nicht Unrecht tun, vielleicht war er gerade im Tiefkühlstadium gewesen, als die Feuerwelt ins Gerede gekommen war.
»Ja, sie beziehen notwendige Nährstoffe aus diesem Rauch. Darin besteht das Dilemma, weswegen die Feuerwelt immer wieder in die Diskussion gerät - und das ist auch der Grund, weshalb es noch keinen Aufnahmestopp für diesen Planeten gab, obwohl eigentlich schon genug Zeit war, ihn komplett zu bevölkern. Er hat eine hohe Abwanderungsrate.
Als die Feuerwelt entdeckt wurde, ging man zunächst davon aus, dass die dominante Spezies, die Feuerschmecker, die einzige intelligente Lebensform dort war. Die Feuerschmecker sahen die Wandelnden Blumen nicht als ebenbürtig an - ein kulturelles Vorurteil -, weshalb es sogar nach der ersten Besiedlungswelle noch eine ganze Weile dauerte, bis die Seelen bemerkten, dass sie intelligente Lebewesen ermordeten. Seitdem haben die dortigen Wissenschaftler ihre Bemühungen darauf konzentriert, einen Ersatz zu finden, mit dem der Nahrungsbedarf der Feuerschmecker gestillt werden kann. Man hat Spinnen losgeschickt, um dabei zu helfen, aber die Planeten liegen Hunderte von Lichtjahren auseinander. Wenn dieses Hindernis überwunden ist, was sicher bald der Fall sein wird, besteht die Hoffnung, dass auch die Wandelnden Blumen übernommen werden können. Allerdings gibt es bisher noch keinen Nahrungsersatz. In der Zwischenzeit hat man der Prozedur jedoch viel von ihrer Brutalität genommen. Die Sache mit dem … äh … lebendig Verbrennen, zum Beispiel, und anderes.«
»Wie können sie nur …« Faces Sunward verstummte, unfähig, den Satz zu beenden.
Eine andere Stimme führte Faces Sunwards Gedankengang weiter. »Das klingt nach einem ziemlich grausamen Ökosystem. Warum wurde der Planet nicht aufgegeben?«
»Das ist natürlich diskutiert worden, Robert. Aber wir geben nicht so einfach einen Planeten auf. Es gibt viele Seelen, für die die Feuerwelt zu einem Zuhause geworden ist und die nicht gegen ihren Willen entwurzelt werden sollen.« Ich wandte den Blick ab, zurück auf mein Konzept, und versuchte so, die abschweifende Diskussion zu beenden.
»Aber das ist doch barbarisch!«
Robert war physisch jünger als die meisten Studenten - er war mir vom Alter her näher als alle anderen. Und auf noch viel entscheidendere Art war er buchstäblich noch ein Kind: Die Erde war seine erste Welt - in diesem Fall war sogar seine Mutter eine Erdenbewohnerin gewesen, bevor sie sich selbst hingegeben hatte - und er hatte nicht den Weitblick, den ältere, weiter gereiste Seelen besaßen. Ich überlegte, wie es wohl war, in die überschwänglichen Sinneseindrücke und Gefühle dieser Wirte hineingeboren zu werden, ohne andere Erfahrungen gemacht zu haben, die sie relativieren konnten. Es musste schwierig sein, sich objektiv zu verhalten. Ich versuchte das bei meiner Antwort im Hinterkopf zu behalten und ganz besonders viel Geduld mit ihm zu haben.
»Jede Welt ist eine einzigartige Erfahrung. Bevor man nicht in dieser Welt gelebt hat, ist es unmöglich, wirklich zu verstehen …«
»Aber Sie haben doch auch nie in der Feuerwelt gelebt«, unterbrach er mich. »Sie müssen das Gleiche empfunden haben - außer, sie hatten einen anderen Grund, diesen Planeten auszulassen. Warum waren Sie da nie? Wo Sie doch fast überall sonst gewesen sind.«
»Es ist eine sehr persönliche Entscheidung, warum man einen bestimmten Planeten auswählt, Robert, wie Sie irgendwann vermutlich selbst feststellen werden. Ich wäre Ihnen dankbar, wenn wir das Thema jetzt fallenlassen könnten.« Damit erklärte ich die Debatte für beendet.
Warum sagst du’s ihnen nicht? Du denkst doch sehr wohl, dass es barbarisch ist - und grausam und falsch. Was ziemlich zynisch ist, wenn du mich fragst - nicht, dass du mich je fragen würdest. Was ist das Problem? Schämst du dich, mit Robert einer Meinung zu sein? Weil er menschlicher ist als die anderen?
Seit Melanie ihre Stimme wiedergefunden hatte, war sie immer unerträglicher geworden. Wie sollte ich mich auf meine Arbeit konzentrieren, wenn ständig ihre Kommentare in meinem Kopf
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