Seelen
essen holen und wir überschlafen die Sache noch mal.«
Ich achtete sorgfältig darauf, Doc nicht anzugucken, selbst als ich jetzt mit ihm sprach.
»Nach dem Essen komme ich vorbei, um dir mit Jodi zu helfen, Doc. Bis dann.«
»Okay«, sagte Doc misstrauisch.
Warum konnte er seiner Stimme keinen beiläufigen Klang geben? Er war doch ein Mensch - er müsste eigentlich ein guter Lügner sein.
»Hunger?«, murmelte Ian und ich nickte. Ich ließ mir von ihm aufhelfen. Er griff nach meiner Hand und ich wusste, dass er mich von jetzt an immer gut festhalten würde. Das beunruhigte mich nicht. Er schlief sehr tief, genau wie Jamie.
Als wir den dunklen Raum verließen, spürte ich deutlich die Augen, die auf meinen Rücken gerichtet waren, aber ich war mir nicht sicher, zu wem sie gehörten.
Es gab noch ein paar Dinge zu erledigen. Drei, um genau zu sein. Drei letzte Angelegenheiten, die ich noch abschließen wollte.
Als Erstes aß ich.
Es wäre nicht sehr nett gewesen, Melanie einen hungrigen Körper zu hinterlassen. Außerdem war das Essen besser geworden, seit ich auf Beutetour ging. Etwas, auf das man sich freuen konnte, anstatt es einfach zu ertragen.
Ich schickte Ian etwas zu essen holen, während ich mich in dem Feld versteckte, in dem jetzt halbhohe Weizenhalme den Mais ersetzten. Ich sagte Ian die Wahrheit, damit er mir half: Ich wollte Jamie aus dem Weg gehen. Ich wollte nicht, dass Jamie diese Entscheidung mitbekam. Es wäre schwieriger für ihn als für Jared oder Ian - sie standen beide ganz klar auf einer Seite. Jamie liebte uns beide; es würde ihn zerreißen.
Ian diskutierte nicht mit mir. Wir aßen schweigend, sein Arm fest um meine Taille geschlungen.
Als Zweites ging ich nach Sunny und Jodi sehen.
Ich hatte erwartet, drei leuchtende Tiefkühlbehälter auf Docs Schreibtisch stehen zu sehen, und war überrascht, als dort in der Mitte weiterhin nur die beiden Heiler standen. Doc und Kyle beugten sich über das Feldbett, auf dem die reglose Jodi lag. Ich eilte zu ihnen hinüber, kurz davor, nach Sunnys Verbleib zu fragen, aber als ich näher kam, sah ich, dass Kyle einen belegten Tiefkühlbehälter im Arm hielt.
»Geh da bloß vorsichtig mit um«, murmelte ich.
Doc hatte Jodis Handgelenk umfasst und zählte leise ihren Puls. Er kniff die Lippen zusammen, als er meine Stimme hörte, und musste wieder von vorn anfangen.
»Ja, das hat Doc auch schon gesagt«, sagte Kyle, ohne Jodis Gesicht aus den Augen zu lassen. Auf beiden Seiten unter seinen Augen bildeten sich dunkle blaue Flecken. War seine Nase wieder gebrochen? »Ich bin vorsichtig. Ich … wollte sie einfach nicht allein da stehenlassen. Sie war so traurig und so … süß.«
»Ich bin sicher, sie würde sich darüber freuen, wenn sie es wüsste.«
Er nickte, wobei er immer noch Jodi anstarrte. »Gibt es irgendwas, das ich tun sollte? Kann ich irgendwie helfen?«
»Sprich mit ihr, sag ihren Namen, rede über Sachen, an die sie sich erinnern kann. Vielleicht sogar über Sunny. Das hat beim Wirtskörper der Heilerin auch funktioniert.«
»Bei Mandy«, verbesserte mich Doc. »Sie sagt, das ist zwar noch nicht der richtige Name, aber nah dran.«
»Mandy«, wiederholte ich. Nicht, dass ich den Namen hätte behalten müssen. »Wo ist sie?«
»Bei Trudy - das war eine gute Idee. Trudy ist genau die Richtige dafür. Ich glaube, sie hat sie dazu gebracht, ein bisschen zu schlafen.«
»Das ist gut. Mandy wird schon wieder.«
»Das hoffe ich.« Doc lächelte, was jedoch nicht viel an seinem betrübten Gesichtsausdruck änderte. »Ich habe eine Menge Fragen, die ich ihr stellen will.«
Ich sah die kleine Frau an - es fiel mir immer noch schwer zu glauben, dass sie älter war als der Körper, in dem ich mich befand. Ihr Gesicht war schlaff und ausdruckslos. Das machte mir ein bisschen Angst - sie war so überaus lebendig gewesen, als sie Sunny in sich gehabt hatte. Würde Mel …?
Ich bin noch hier.
Ich weiß. Du wirst da sein.
Wie Lacey. Sie schauderte, genau wie ich.
Sicher nicht wie Lacey.
Ich berührte sanft Jodis Arm. Sie war Lacey in vielerlei Hinsicht sehr ähnlich. Olivfarbene Haut, schwarze Haare und so winzig. Sie hätten beinahe Schwestern sein können, nur dass Jodis liebenswürdiges, blasses Gesicht niemals so abstoßend aussehen könnte.
Kyle hielt wortlos ihre Hand.
»Sprich mit ihr, Kyle«, sagte ich. Ich streichelte erneut ihren Arm. »Jodi? Jodi, kannst du mich hören? Kyle wartet auf dich, Jodi. Er hat eine Menge
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