Seelen
könnte sich eigentlich auch hinlegen und ein bisschen schlafen«, sagte Jeb - ich war nicht sicher, ob zu mir oder zu sich selbst. »Morgen wird ein anstrengender Tag.«
Nach einer Weile - vielleicht einer halben Stunde - ließ das Zittern nach. Ich war vollkommen erschöpft und beschloss, Jebs Rat zu folgen. Obwohl der Boden noch unbequemer schien als vorher, war ich bereits nach wenigen Sekunden eingeschlafen.
Der Geruch nach Essen weckte mich. Diesmal war ich wirklich benommen und desorientiert, als ich die Augen öffnete. Ein instinktives Angstgefühl ließ meine Hände schon wieder zittern, noch bevor ich ganz bei Bewusstsein war.
Das gleiche Tablett mit der gleichen Mahlzeit stand neben mir. Ich konnte Jeb sowohl sehen als auch hören. Er saß seitlich vor der Höhle, sah geradeaus den langen gewölbten Gang entlang und pfiff leise vor sich hin.
Von meinem unerträglichen Durst angetrieben, setzte ich mich auf und griff nach der offenen Wasserflasche.
»Morgen«, sagte Jeb und nickte mir zu.
Ich erstarrte, die Hand an der Flasche, bis er den Kopf zur Seite drehte und wieder zu pfeifen begann.
Erst jetzt, als ich nicht mehr ganz so furchtbar durstig war wie gestern, bemerkte ich den eigenartigen, unangenehmen Nachgeschmack des Wassers. Er passte zum beißenden Geruch der Luft, war aber noch ein bisschen stärker und ließ sich nicht wieder aus meinem Mund vertreiben.
Ich aß schnell und bewahrte mir diesmal die Suppe bis zum Schluss auf. Diesmal reagierte mein Magen zufriedener und nahm das Essen bereitwilliger entgegen. Er gluckste kaum.
Mein Körper hatte jedoch noch andere Bedürfnisse, jetzt, wo die vordringlichsten befriedigt worden waren. Ich sah mich in meinem dunklen, engen Loch um. Es gab nicht viele Möglichkeiten. Aber allein bei dem Gedanken, laut eine Frage auszusprechen, und sei es auch nur gegenüber dem schrägen, aber freundlichen Jeb, wurde mir schlecht vor Angst.
Unentschlossen wiegte ich mich vor und zurück. Meine Hüften schmerzten von der gekrümmten Stellung, die ich in der gewölbten Höhle einnehmen musste.
»Äh«, sagte Jeb.
Er sah mich erneut an. Sein Gesicht hatte unter den weißen Haaren eine kräftigere Farbe als gewöhnlich.
»Du sitzt hier ja nun schon eine ganze Weile fest«, sagte er, »Musst du mal … austreten?«
Ich nickte.
»Ein paar Schritte würden mir auch guttun.« Seine Stimme war fröhlich. Überraschend flink sprang er auf.
Ich krabbelte zum Rand meines Lochs und sah vorsichtig zu ihm hinaus.
»Ich zeig dir unser kleines Bad«, fuhr er fort. »Du solltest allerdings wissen, dass wir dazu die … na ja, sozusagen die Haupthöhle durchqueren müssen. Keine Sorge. Ich denke, alle wissen inzwischen Bescheid.« Unbewusst streichelte er über sein Gewehr.
Ich schluckte. Meine Blase war so voll, dass es wehtat und ich sie nicht länger ignorieren konnte. Aber mitten durch die Menge wütender Mörder marschieren? Konnte er mir nicht einfach einen Eimer bringen?
Er musterte die Angst in meinen Augen - beobachtete, wie ich automatisch wieder zurück in das Loch rutschte - und seine Lippen kräuselten sich nachdenklich. Dann drehte er sich um und begann den dunklen Gang entlangzugehen. »Komm mit«, rief er über die Schulter, ohne nachzusehen, ob ich seiner Aufforderung nachkam.
Die Vorstellung, dass Kyle mich hier alleine antreffen könnte, blitzte kurz in meinem Kopf auf, und bevor nur eine Sekunde verstrichen war, folgte ich ihm bereits. Ich krabbelte unbeholfen durch die Öffnung und humpelte dann auf steifen Beinen, so schnell ich konnte, hinter ihm her, um ihn einzuholen. Es fühlte sich gleichzeitig schrecklich und wunderbar an, wieder aufrecht zu stehen - es tat furchtbar weh, aber die Erleichterung war noch größer.
Als wir das Ende des Gangs erreichten, hatte ich ihn eingeholt; hinter dem hohen ovalen Durchbruch, der als Ausgang diente, herrschte vollkommene Dunkelheit. Ich zögerte und blickte zu der kleinen Lampe zurück, die er auf dem Boden stehengelassen hatte. Sie war das einzige Licht in der dunklen Höhle. Sollte ich sie mitnehmen?
Er hörte, dass ich stehen geblieben war, und warf mir über die Schulter einen Blick zu. Ich wies mit dem Kopf auf das Licht hinab und sah dann wieder ihn an.
»Lass es stehen, ich kenne den Weg.« Er streckte mir seine Hand entgegen. »Ich führe dich.«
Ich starrte die Hand eine ganze Weile lang an. Als der Druck in meiner Blase immer stärker wurde, legte ich schließlich meine Hand langsam in seine
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