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Seelen

Titel: Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephenie Meyer
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Puls in meinen Ohren. Als ich mich schließlich auf den Rückweg zu dem Raum mit den Flüssen machte, rannte ich fast.
    Jeb dort stehen zu sehen, immer noch in derselben Haltung, immer noch allein, war Balsam für meine geschundenen Nerven. Meine Atmung und mein Herzschlag verlangsamten sich. Es war mir nicht klar, warum dieser verrückte Mensch solch eine beruhigende Wirkung auf mich hatte. Ich vermutete, es waren wirklich, wie Melanie gesagt hatte, schlimme Zeiten.
    »Nicht schlecht, was?«, fragte er mit einem stolzen Grinsen im Gesicht.
    Ich nickte wieder und gab ihm die Taschenlampe zurück.
    »Diese Höhlen sind ein großes Geschenk«, sagte er, als wir durch den dunklen Gang zurückgingen. »Ohne sie könnten wir hier nicht mit so vielen Leuten überleben. Magnolia und Sharon sind wirklich gut - überraschend gut - da oben in Chicago zurechtgekommen, aber auf Dauer hätten sie sich dort zu zweit nicht verstecken können. Es ist wirklich schön, wieder in einer Gemeinschaft zu leben. Dadurch fühle ich mich wieder als ganzer Mensch.«
    Er fasste mich am Ellbogen, als wir die grobe Steintreppe hoch stiegen.
    »Tut mir leid, wie du hier … äh … untergebracht bist. Es war der sicherste Platz, der mir eingefallen ist. Ich hätte nicht gedacht, dass dich die Jungs so schnell finden würden.« Jeb seufzte. »Na ja, Kyle kann ganz schön hartnäckig sein, wenn er will. Aber ich nehme an, er tut das alles in bester Absicht. Er wird sich schon an die neue Situation gewöhnen. Vielleicht finden wir ja noch ein bisschen was Gemütlicheres für dich. Ich denk mal drüber nach … Wenn ich da bin, musst du dich zumindest nicht in das kleine Loch zwängen. Du kannst bei mir auf dem Gang sitzen, wenn du willst. Bei Jared dagegen …« Er brach ab.
    Ich wunderte mich über seine entschuldigenden Worte; er war so viel freundlicher, als ich erwartet hatte, so viel mitfühlender, als ich mir von dieser Spezies im Umgang mit ihren Feinden erhofft hatte. Ich tätschelte die Hand auf meinem Ellbogen leicht, zögerlich, und versuchte ihm damit zu vermitteln, dass ich verstand und keine Probleme machen würde. Ich war sicher, dass Jared es vorziehen würde, wenn er mich nicht zu sehen bekam.
    Jeb war problemlos in der Lage, meine wortlose Kommunikation zu deuten. »Braves Mädchen«, sagte er. »Das wird sich schon alles irgendwie finden. Doc könnte sich eigentlich auch mal darauf konzentrieren, Menschen zu heilen, anstatt herumzuexperimentieren. Ich glaube ja, dass du lebendig viel interessanter bist.«
    Unsere Körper waren so nah, dass er mein Zittern spüren konnte.
    »Keine Sorge. Doc wird dich vorerst nicht belästigen.«
    Ich hörte nicht auf zu zittern. Jeb konnte mir das nur vorerst versprechen. Es gab keine Garantie, dass Jared es nicht plötzlich wichtiger finden würde, mein Geheimnis zu lüften, als Melanies Körper zu beschützen. Ich wusste, dass ich mir in dem Fall wünschen würde, Ian wäre letzte Nacht erfolgreich gewesen. Ich schluckte, und es fühlte sich so an, als wäre meine ganze Kehle wund.
    Du weißt nie, wie viel Zeit dir noch bleibt, hatte Melanie gesagt, vor so vielen Tagen, als ich mein Leben noch unter Kontrolle hatte.
    Ihre Worte hallten in meinem Kopf wider, als wir erneut den großen Raum betraten, das Zentrum von Jebs menschlicher Gemeinschaft. Er war voll, wie am ersten Tag, und alle starrten uns an - ihn wütend und enttäuscht, mich voller Mordgelüste. Ich hielt meinen Blick auf den Fels unter meinen Füßen geheftet. Aus den Augenwinkeln konnte ich sehen, dass Jeb sein Gewehr wieder im Anschlag hielt.
    Es war nur eine Frage der Zeit. Das konnte ich in der mit Hass und Angst aufgeladenen Atmosphäre spüren. Jeb würde mich nicht mehr lange beschützen können.
    Ich war erleichtert, als ich mich durch die enge Spalte zwängte und das gewundene schwarze Labyrinth vor mir sah, das zu meinem beengten Versteck führte. Ich hoffte, dort allein sein zu können. Hinter mir hallte ein wütendes Zischen wie von einem Nest gereizter Schlangen durch die große Höhle. Sofort wünschte ich, Jeb würde mich noch schnelleren Schritts durch das Labyrinth führen.
    Jeb kicherte leise. Je länger ich bei ihm war, umso seltsamer schien er zu werden. Sein Sinn für Humor war mir ein genauso großes Rätsel wie die Gründe für sein Verhalten.
    »Es ist manchmal ein bisschen langweilig hier unten, weißt du«, sagte er zu mir - oder zu sich selbst, bei Jeb wusste man das nie so genau. »Wenn sie nicht mehr

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