Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Seelenangst

Seelenangst

Titel: Seelenangst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veit Etzold
Vom Netzwerk:
mit MacDeath telefoniert, der jetzt die Leitung der Fahndung nach dem Drachen übernommen hatte. Gemeinsam mit Interpol hatte sie mehrere Mitarbeiter von Isabel Venturas verhört, außerdem Personen aus dem privaten Umfeld der Ermordeten. Doch großartige Erkenntnisse hatte es bisher nicht erbracht.
    MacDeath hatte auch noch mit Don Alvaro in Rom telefoniert und ihn gefragt, was er davon hielte, Clara in dem sicheren Haus in dem Berliner Vorort unterzubringen; schließlich kannte Alvaro de la Torrez die Verhaltensmuster solcher Leute besser als jeder andere. Alvaro hatte sich allerdings ziemlich kryptisch dazu geäußert und erklärt, man müsse die Dinge nehmen, wie Gott sie füge.
    Außerdem hatten sie über Isabel Venturas gesprochen. »Es war der Drache«, hatte der alte Priester gesagt, »der das Kind gefressen hat.« Er habe den Eindruck, hatte Alvaro hinzugefügt, dass der Drache die Offenbarung nachspiele, die Geschichte vom Untergang der Welt.
    Doch was sollte als Nächstes kommen? Die Vernichtung Babylons? Würde der Abgrund sich öffnen, in dem die Kreaturen der Tiefe lauerten? Stand die Ankunft der vier Reiter der Apokalypse bevor?
    Don Alvaro wusste es nicht. MacDeath auch nicht. Und Clara erst recht nicht.
    Doch was Clara anging, musste sie auch gar nichts wissen, sondern hier in einer Art Zelle ausharren, bis der Drache hinter Schloss und Riegel war.
    Oder in der Hölle , fügte sie in Gedanken hinzu.
    In diesem Moment hörte sie vom Eingang her einen gellenden Schrei, der abrupt abriss.
    Einen Todesschrei.
*
    Sie schlich nach oben zum Eingang.
    Und sah die Leiche auf dem Boden liegen. Sah das blutige Messer in der Hand eines Polizisten – nur dass er offensichtlich keiner war. Sie sah den abgetrennten Kopf des Mannes, den der Uniformierte sich über den Mund hielt, wobei er das tropfende Blut mit der Zunge auffing.
    Grelles Entsetzen packte Clara. Sie sind überall, selbst bei der Polizei. Mein Name ist Legion …
    Sie wusste nicht, ob der falsche Polizist sie gesehen hatte. Jedenfalls stand er vor der Tür und verhinderte nicht nur, dass jemand hereinkam, was eigentlich seine Aufgabe gewesen wäre, sondern auch, dass Clara herauskam.
    Aber hier konnte sie nicht bleiben. Vielleicht konnte sie einen oder zwei der Männer erschießen, aber mit allen auf einmal wurde sie nicht fertig. Außerdem hatte sie ihre Waffe nicht dabei. Ihr blieb nur der Rückzug, sonst würden sie auch ihr womöglich die Kehle durchschneiden und den Kopf abtrennen.
    Mit zitternden Knien stieg sie die Treppe hinunter, so leise sie konnte.
    Die Bilder schwirrten noch durch ihren Kopf. Die Männer. Die Waffe. Das Messer. Das Blut, das der Mann getrunken hatte. Die Polizisten, von denen sie nicht wusste, wie viele von ihnen nicht waren, was sie zu sein schienen.
    Und dann war da noch die schwarze Gestalt, die sie aus den Augenwinkeln ganz in der Nähe gesehen hatte.
    Was war mit den anderen Polizisten geschehen? Waren sie tot? Wer sorgte jetzt für ihren Schutz? War sie in der Gewalt eines weiteren Wahnsinnigen vom Kaliber des schwarz gekleideten Mannes, der sich gestern Abend vor ihrer Wohnung erschossen hatte?
    Sie musste wieder daran denken, wie der Mann in der Polizeiuniform das Blut ihres Kollegen getrunken hatte, und schauderte.
    Er gehört dazu. Er ist einer von denen.
    Clara saß in der Falle. Es gab keine Fluchtmöglichkeit.
    Benommen stieg sie weiter die Treppe hinunter. Die einzige Chance, die ihr blieb, war der Weg zurück tief in die Eingeweide des Gebäudes, um dort auf ihn zu warten. Auf die schwarze Gestalt mit der schwarzen Brille, von der sie ahnte, wer es war.
    Der Drache.
    Clara atmete tief durch. Sie durfte jetzt nicht in Panik verfallen.
    Was konnte sie tun? Gegen eine Übermacht? Sie hatte nur eine Chance: Sie musste den Drachen überlisten.
    Aber wie?
    Sie blieb stehen, lauschte angestrengt, ob auf der Treppe Schritte zu hören waren.
    Nichts.
    Dafür hörte sie Worte.
    Worte in ihrem Kopf.
    Worte, die sie zuletzt in Rom gehört hatte.
    Und mit einem Mal kam ihr die Idee. Hastig öffnete sie die Tasche und holte die Heckler & Koch Fabarm FP6 hervor, ein kurzläufiges Gewehr, das in den USA hergestellt wurde und über irgendeinen Umweg beim LKA Berlin gelandet war. Clara hatte öfters mit dieser Waffe geschossen und wusste, dass ein Schuss verheerende Auswirkungen hatte.
    Sie legte die Patronen ein, während ihr die ganze Zeit der Spruch durch den Kopf ging, den sie in Rom gehört hatte.
    Sie hatte einen

Weitere Kostenlose Bücher