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Seelenangst

Seelenangst

Titel: Seelenangst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veit Etzold
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wollte Freese wissen.
    »Warten, bis wir die Ergebnisse des Drogentests haben«, antwortete Marquard.
    »Und wenn er negativ ist?«, fragte Clara.
    »Schauen wir, ob es eine drogeninduzierte Psychose ist.«
    »Kann man das herausfinden?«, hakte Clara nach. »Ist es nicht so, dass eine Psychose noch vorhanden sein kann, wenn die Droge längst abgebaut ist?«
    »Drogeninduzierte Psychosen können jahrelang anhalten, das stimmt. Das macht solche Drogen ja so gefährlich.«
    »Kann eine drogeninduzierte Psychose bewirken, dass eine Person stocksteif zu Boden fällt, wenn irgendjemand ein bestimmtes Zeichen macht?«, fragte MacDeath.
    »Man kann durch gewisse Verhaltensmuster auf bestimmte drogeninduzierte Psychosen schließen«, sagte Marquard. »Aber bevor wir das tun, sollten wir wissen, ob sie wirklich unter Drogen steht oder ob das Ganze eher ein psychischer Defekt ist.«
    »Und wenn alle Tests negativ sind und Ihre Medikamente nicht helfen?«
    Marquard kniff die Lippen zusammen. »Als letzte Möglichkeit bleibt die Elektrokonvulsionstherapie.«
    »Elektroschocks?«
    Marquard nickte. »Wir lösen einen epileptischen Anfall durch Verabreichung von elektrischem Strom am Schädel des narkotisierten Patienten aus. Wir machen das zum Beispiel bei schweren depressiven Störungen mit Suizidgefahr.«
    »Und wenn es schiefgeht?«, fragte Clara.
    »Dann erfahren wir noch weniger von ihr als ohnehin schon.«
    »Also gar nichts?«
    Marquard atmete hörbar aus. »So in etwa.«
    Clara schaute auf ihr Handy. Eine SMS. Von Weinstein.
    Bereit, wenn Sie es sind.
    Die Obduktion der Tattoo-Leiche würde beginnen.
    »Wir fahren nach Moabit«, sagte Clara und blickte Freese an. »Wollen Sie mal was Ekliges sehen?«
    Der nickte. »Warum nicht. Ich bin ja hier, um zu lernen. Und vielleicht könnte ich mich revanchieren.«
    »Und wie?«
    »Ich hätte da eine Idee. Sie können sie bescheuert oder genial finden, aber Sie sollten sie sich anhören.«
    »Erzählen Sie es mir im Auto«, sagte Clara. »Wir müssen los.«

10
    »Ich habe da einen interessanten Kontakt«, sagte Freese, der neben Clara auf dem Beifahrersitz saß, als sie durch die regengepeitschte Invalidenstraße fuhr. »Ein bisschen unkonventionell, aber wenn ich Sie richtig verstanden habe, mögen Sie unkonventionelle Ideen.«
    »Ja, mögen wir«, sagte MacDeath, der seine Unterlagen im Fond des Wagens ausgebreitet hatte. »Was haben Sie für uns?«
    Clara lenkte den Wagen angestrengt an den chaotischen Sandhaufen und Baustellenabgrenzungen der Invalidenstraße vorbei, wo auch heute, wie an allen 365 Tagen des Jahres, kein einziger Bauarbeiter zu sehen war und die Bagger und Sandschieber allein und verwaist wie vergessene Relikte im Regen standen. Clara fragte sich manchmal, ob es irgendeinem auffallen würde, wenn jemand diese Baumaschinen, die ja ohnehin nie im Einsatz waren, einfach stehlen würde. Und ob nicht osteuropäische Banden diese Idee nicht schon gehabt hatten. In China konnte man die Baumaschinen sicher gut gebrauchen, da wurde ja richtig gebaut und nicht nur Absperrzäune errichtet und Bagger in die Gegend gestellt.
    »Der Mann heißt Joseph Kremmer«, sagte Freese, »ein ehemaliger Stasi-Mitarbeiter. Ich kenne ihn von Vorlesungen über Kriminalistik an der Humboldt-Uni, die er noch bis vor Kurzem gehalten hat. Sie wissen ja, der Bereich Kriminalistik an der Humboldt war eigentlich eine Unterabteilung der Stasi oder des MfS, um präzise zu sein.«
    »Ministerium für Staatssicherheit«, murmelte Clara. »Kommen Sie aus dem Osten, wenn ich fragen darf?«
    Freese schüttelte den Kopf. »Nein, aber ich war ein paar Jahre bei der Treuhandanstalt für das Marketing zuständig. Und da lernt man so einiges an Netzwerken kennen.«
    »Und was hat dieser Kremmer bei der Stasi gemacht?«
    »Er war im Bereich Staatssicherheit tätig, Inland, bei der Abteilung BCD, die für Bewaffnete und Chemische Dienste zuständig war. Und für die sogenannte Aufdeckung feindlicher Zersetzungstätigkeit und Absicherung sämtlicher bewaffneter Organe der DDR. In seinen Bereich fiel allerdings noch eine streng geheime Zuständigkeit, die nirgends nachzulesen ist.«
    »Und das wäre?«
    »Die Ausrüstung der Nationalen Volksarmee mit Scharfmacherdrogen.«
    »Die perfekte Armee?«, fragte MacDeath. »Die immer kämpft, keine Angst hat und nie schläft?«
    »So ungefähr darauf lief es hinaus, ja.«
    »Und so ein Mann ist bereit, mit uns zu sprechen?«
    Freese zuckte die Schultern. »Ich bin

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