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Seelenasche

Titel: Seelenasche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vladimir Zarev
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einfach nicht sein.« Draußen waren jemandes schnelle Schritte zu hören. Erregte Stimmen. Kichern. Etwas, das schwer über den Mosaikboden kratzte.
    Er warf die Zigarette fort, lauschte auf das leise Rascheln hinter seinem Rücken, fühlte sich unbehaglich, ihrem Umkleiden beizuwohnen. Schließlich sagte er sich: Aber sie ist doch immer noch meine Frau!
    Â»Fertig!« Vor ihm stand eine Frau, die immer noch die Ausstrahlung einstiger Schönheit hatte, aber durch viele Misserfolge weise geworden war. Zugleich hatte diese Frau sich etwas mädchenhaft Begeistertes bewahrt, wie sie den Blumenstrauß an sich drückte im grenzenlosen Glück über diese so lang erträumte und so spät erlangte Anerkennung. Frisch und duftend, hatten die Blüten etwas von Wunden an sich, die der Erfolg ihr geschlagen hatte. Was Assen aber Eindruck machte, als er an ihr herabschaute, war, dass sie kein rauschendes Ballkleid trug, sondern etwas ganz Schlichtes.
    Â»Gestern hab ich mir suggeriert«, lächelte sie über seine neuerliche Verblüffung, »wenn ich mit einem tollen Abendkleid zur Premiere komme, falle ich garantiert durch. Möchtest du, dass wir irgendwohin verschwinden? Nur wir zwei beide?«
    Assen schaute ihr in die Augen und verstand sofort. Seit jeher war Emilia geradezu krankhaft eitel gewesen. Sie liebte den Premierenglanz mit seinem anschließenden Cocktailrummel. Sie brauchte dieses Vorzeigen des Gelingens, um die Wahrheit über ihren geringen Anteil daran zu kaschieren. Nun aber hatte sie ihre Kraft gespürt, hatte sich dem Martyrium anvertraut, sich selbst als Mutter Courage zu spielen, und da brauchte sie den ganzen Zirkus nicht. Der Erfolg stand ihr ja strahlend ins Gesicht geschrieben. Sie verkörperte ihn!
    Â»Es ist mir eine große Freude, wenn wir zwei allein bleiben.« Er wandte sich ab, um seine Aufgewühltheit zu verbergen.
    Sie stahlen sich durch den Hinterausgang fort. Emilia winkte dem Pförtner mit dem Blumenstrauß und lachte. Die Nacht war warm und veilchenfarben. Der Springbrunnen vor dem Volkstheater warf seine Wassergarben im Bogen in die Beckenmitte und schuf einen Tunnel aus flüssig gewordenem Licht. Sie gingen langsam, von der Nacht und ihrer Einsamkeit aneinandergedrückt. Sie hatten Zeit. Emilias Auto parkte hinter der nächsten Straßenecke.
2
    Â»Du weißt, warum ich mit dir hierher gegangen bin, nicht?«
    Assen nickte bestätigend. Sie saßen im Parkrestaurant Republika, wo sie vor über dreißig Jahren die Premiere ihres ersten Films gefeiert hatten. Damals war das Republika, umgeben vom wild wuchernden Grün des Parks und duftender Erde, ein Mode-Restaurant gewesen, und Emilia hatte geglänzt in ihrem langen Seidenkleid, als käme sie aus einem Film über den französischen Hof, dabei war der Film einer jener heillos kitschigen, pathosgeladenen Versuche mit raschem Verfallsdatum gewesen, den sozialistischen Aufbau zu verherrlichen.
    Â»Als wär’s gestern gewesen«, seufzte sie.
    Ja, nur dass das Restaurant inzwischen so heruntergekommen und öde aussah, dass eindeutig mehr als ein Tag vergangen sein musste. Die Tischdecke war übersät von unauswaschbaren Flecken, der Fischteich leer, der Kellner dafür voll. Das Geplapper der anderen Gäste lenkte ihn ab – und doch waren sie in eine von der Erinnerung geschaffene Realität eingetaucht, in der sie zugleich die jetzigen und die damaligen Assen und Emilia waren, und zwischen diesen beiden Punkten auf dem Zeitstrahl erstreckte sich ihr gemeinsames Leben mit all den notorisch durchschnittlich abgenudelten Kino- und Theaterrollen Emilias, den zermürbenden Anstrengungen Assens, sein Buch über die Macht zu schreiben, und schließlich der Versuchung, dessen Rang durch eine umfassende Analyse der Demokratie zu bestätigen. Die Nacht war mondlos und warm, der Geist hatte sich aus ihrem säuerlichen Weißwein verflüchtigt. Emilia hatte ihn hergeführt, um das Gemeinsame ihrer beider Leben zu bekräftigen, ihr beiderseitiges freundschaftliches Wohlwollen, aber auch die vollzogene Trennung. Ohne es zu wollen, hatte sie sich in psychologische Widersprüche verwickelt, war in die Falle ihrer eigenen Zwiespältigkeit gelaufen. Das zeigt nur, wie alt wir geworden sind, dachte Assen.
    Â»Ich hab im Publikum weder Jordan noch Dessislava gesehen«, begann er zerstreut. »In letzter Zeit gilt anscheinend

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