Seelenasche
it!«
»Wir könnten einen Landtausch machen mit Waldgrundstücken. Ich habe mit den Paragrafenreitern aus meiner Rechtsabteilung gesprochen: Wenn wir ein paar hunderttausend Dollar an die mit diesen Dingen befassten Sachbearbeiter in den zuständigen Ministerien verteilen, ist alles möglich.«
»Verstehe Sie nicht.«
»Die Idee beim Landtausch ist: Sie kaufen irgendwo hundert Hektar, die niemand haben will, und tauschen diese im Umfang eins zu eins gegen Gebiete, die der Staat noch immer am Meer besitzt. Der Staat kann nachweisen, dass sich sein Landbesitz quantitativ nicht verringert hat, und wir haben unser Grundstück am Meer hundertfach billiger bekommen, als wenn wir es zum Marktpreis gekauft hätten. Und wir können ja auch immer sagen, dass wir etwas für die bulgarische Wirtschaft tun, Arbeitsplätze schaffen und so weiter.«
In der Tat, das hörte sich schon ganz anders an. Toschev stellte sein Glas auf dem Tisch ab, begann, mit den Fingern auf den Tisch zu trommeln. Die an Sarkasmus grenzende Ironie wich aus seinem Blick; fieberhaftes Nachdenken trat an ihre Stelle.
»Können Sie sich auf Ihre Rechtsverdreher verlassen, ich meine, was die Ministerien angeht?«
»Nicht nur auf sie, auch auf einige Abgeordnete, die das Sagen im Wirtschaftsausschuss haben, und auf zwei stellvertretende Minister.«
»Listig, listig, dieser Dreh mit dem Landtausch.«
In der eintretenden Stille hörten sie das Knacken der Holzscheite und den Wind, der um ihre Hütte pfiff. Die Rehkeule wurde kalt, Eduard Toschev hatte wieder einmal den Appetit verloren, nippte nur an seinem Rotwein. Er schwenkte das Glas vor der Nase. Dann kniff er die Augen zusammen, um sich besser auf das Bouquet konzentrieren zu können. SchlieÃlich schaute er Christo voller Anerkennung an.
»GroÃartige Idee, wirklich phantastisch, vor allem, weil sie genial einfach ist und die Sache enorm gewinnträchtig macht. Und dabei ist sie im Grundsatz noch nicht einmal gesetzeswidrig. Und hat gute Argumente für sich: Der Staat hat nicht die Mittel, prächtige Lagen am Meer, die verwaist sind, instand zu setzen, also lässt er das finanzstarke Unternehmer aus der Privatwirtschaft machen. AuÃerdem haben Sie da einen alten Traum von mir berührt, Herr Weltschev: Ich wollte schon lange einen Golfplatz bauen, aber einen, der auf Weltniveau ist!«
Er unterbrach seine Bilanz, um den Burgunder in seinem Glas als dramaturgischen Link zu benutzen, bevor er die Rede auf Christo lenkte:
»Ich freue mich besonders, dass Sie beginnen, Ihre schlimme und spieÃige Angst vor dem Geld zu überwinden, die Sie â wie so viele Zöglinge aus gutem Hause â noch aus dem real existierenden Sozialismus mit seiner unerträglich kleinbürgerlichen SpieÃermoral mit sich herumschleppen. Vielleicht fangen Sie langsam an zu begreifen, was ich Ihnen vor einiger Zeit schon zu erklären versucht habe, und was alle, die die heutige Realität so nehmen, wie sie ist, schon lange wissen, vom Abgeordneten über den einfachen Schutzpolizisten bis runter zum kleinen Zigeuner: âºFür Hühnerklau / kommst du in den Bau. / Aber klaust du Millionen, / wird man dich verschonen.â¹ Und nicht nur das! Insgeheim verzeihen unsere Bulgarchen dem Millionendieb nicht nur, sie bewundern ihn sogar, denn er ist der Inbegriff einer von ihnen hochgeschätzten Eigenschaft: Bauernschläue! Damit sie trotzdem gut von sich selbst denken können, projizieren Sie auf ihn alle Anständigkeit und Sittlichkeit der Welt! ⦠Natürlich nicht, wenn sie untereinander reden, da schimpfen sie wie die Bierkutscher. Aber Sie müssen mal so einen erleben, wenn der Ihnen die Hand schütteln darf: Der kriecht im Staub vor Ihnen!«
Da er sich seit der Ankunft nicht den Kopf rasiert hatte, knisterte es, als er sich mit der trockenen Hand darüberfuhr. Es schien, als seien seine Gedanken selbst elektrostatisch geladen.
»Ich frage mich nur: Warum schlagen Sie mir die Sache vor? Sie haben doch nun die Strukturen und das Kapital, um dieses Projekt allein durchzuziehen?«
»Sie haben mich als Geschäftspartner akzeptiert und mich in einem schweren Moment meines Lebens unterstützt. Nun bin ich an der Reihe, mit einem attraktiven Projekt zu kommen, um mich bei Ihnen zu revanchieren.«
»Sich bei mir zu revanchieren?« Eduard Toschevs Blick verriet, dass er derlei nicht sonderlich
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