Seelenband
wenig frische Luft uns beiden gut tun. Lass uns doch zum Teich fahren."
"Ich kann nicht, ich habe noch was zu tun", widersprach Valerie. "Aber ihr könnt gerne gehen, wenn ihr wollt."
"Ich möchte dich nicht allein lassen." John wirkte unsicher.
"Schon gut", winkte Valerie ab. "Doch bleibt nicht zu lange weg." Und kommt mit besserer Laune zurück, fügte sie in Gedanken hinzu.
John beugte sich vor und gab ihr einen Kuss. "Wir kommen bald wieder und dann helfe ich dir auch. Du brauchst das nicht allein zu tun." Er deutete auf den Staubsauger, den sie bereits aus dem großen Wandschrank geholt hatte. "Nalla, wir können los!" rief er dann seiner Tochter zu, die sofort wie ein Wirbelwind angelaufen kam.
Valerie hatte es gerade geschafft, den großen Teppich im Wohnzimmer zu saugen, als es plötzlich an der Tür schellte. Neugierig, wer das sein könnte, lief sie in die Küche, um einen Blick aus dem Fenster zu werfen. Sie sah zwei Männer vor der Eingangstür stehen. Sie waren in graue Stoffhosen und dunkle Pullover gekleidet und wirkten völlig unauffällig. Wahrscheinlich irgendwelche Vertreter, dachte Valerie, als es erneut schellte. Sie zuckte mit den Schultern und ging zur Haustür. Anscheinend wollten sie nicht von allein verschwinden, sie musste sie schon persönlich loswerden.
Sie öffnete die Tür einen Spalt breit und schaute hinaus.
"Wir haben eine Botschaft für Thebeliam", sagte der linke der Männer und Valeries Herz stockte.
Einen winzigen Augenblick lang, der ihr jedoch wie eine Ewigkeit vorkam, starrte sie die beiden Männer an. "Er wohnt hier nicht!" presste sie schließlich hervor, als ihr Herz wie wild zu hämmern anfing. Ohne die Reaktion der beiden Männer abzuwarten, schlug sie mit aller Kraft die Tür zu. Hektisch tastete sie nach dem Schlüssel, doch er steckte nicht im Schloss und sie ließ ihren Blick panisch durch die Diele schweifen. In dem Moment, als sie ihn in der kleinen Kristallvase auf dem Schuhschrank erblickte, klingelte es erneut. Sie schnappte sich den Schlüssel und steckte ihn mit zittrigen Fingern ins Schloss. Es schellte schon wieder, mehrmals dieses Mal, und Valerie hielt schockiert inne. Erwarteten sie etwa, dass sie ihnen die Tür öffnete?
Anscheinend taten sie es tatsächlich, denn im nächsten Augenblick hörte sie eine Stimme, die, durch die Tür gedämpft, zu ihr sprach.
"Sie brauchen keine Angst zu haben. Wir werden Ihnen nichts tun. Wir haben eine Botschaft für Thebeliam." Obwohl die Stimme dumpf klang, konnte Valerie den gleichen leichten Akzent in ihr ausmachen, den auch Johns Aussprache besaß. Sie fühlte sich, als würde ihr der Boden unter den Füßen weggerissen. Ihre Gedanken rasten. Sie durfte nicht zulassen, dass sie John fanden. Er musste fliehen. Sie musste ihn warnen. Ihn warnen! Sie rannte ins Wohnzimmer und betete, dass er sein Handy dabei hatte und dass es eingeschaltet war. Während sie seine Nummer wählte, hörte sie, wie die Tür im Flur leise ins Schloss fiel. Sie waren im Haus.
Das Telefon fest in der Hand, rannte Valerie zur Verandatür. Wenn sie über den Gartenzaun kletterte, würde sie die Straße erreichen. Dort musste sie einfach jemand sehen, dort wäre sie in Sicherheit. Sie hörte kaum die Freizeichen, die aus dem Telefon kamen, so laut waren ihr pochendes Herz und ihr keuchender Atem.
John ging nicht ran. Verzweifelt blickte Valerie sich um und sah die beiden Männer seelenruhig in den Garten treten. Sie schaute wieder nach vorn. Sie hatte den Gartenzaun beinah erreicht. Valerie ließ das nutzlose Telefon zu Boden fallen und sprang. Sie bekam den oberen Rand des Zauns zu fassen und strampelte mit den Füßen an den glatten Holzbrettern entlang, um sich beim Hochziehen zu helfen.
Plötzlich und ohne, dass sie es gewollt hätte, ließen ihre Hände die Zaunkante los. Seltsam unbeteiligt, als würde sie ihren eigenen Körper in Zeitlupe betrachten, fiel Valerie nach unten.
Als sie wieder zu sich kam, lag sie auf der Couch. Sie rieb sich den schmerzenden Kopf, dann fiel ihr Blick auf die beiden Männer, die einige Schritte von ihr entfernt am Fenster standen, und sie sprang erschrocken auf. Die Bewegung jagte eine neue Schmerzwelle durch ihren Körper und Valerie schwankte. "Was wollen Sie von mir?" fragte sie mit zitternder Stimme. Sie hatten sich nicht einmal die Mühe gemacht, sie zu fesseln, sie mussten sich ihrer Sache ja sehr sicher sein.
"Sie brauchen keine Angst zu haben", sagte einer der Männer erstaunlich nett.
"Wir wollen
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