Seelenband
es nicht", widersprach John ihr sanft. "Sie wollten keine Gewalt anwenden und sie hatten wohl Angst davor, wie ich reagieren würde, wenn sie direkt zu mir gekommen wären. Bei dir haben sie wohl mit einer rationaleren Reaktion gerechnet."
"Da haben sie sich dann wohl geirrt!" rief Valerie aus. "Sie fanden meine Reaktion
unerfreulich
", stieß sie verächtlich hervor. "Nun, Pech für sie." Sie rappelte sich auf und nahm Johns Hand. "Komm."
"Was hast du vor?" fragte John überrascht.
"Na, von hier verschwinden, was denn sonst?"
John schüttelte kaum merklich den Kopf und Valerie spürte, wie ihre Selbstbeherrschung, die sie so mühsam bewahrt hatte, in einer Explosion aus Angst und Wut verpuffte. "Natürlich gehen wir hier weg!" schrie sie. "Was meinst du denn?"
Die ruhige Entschlossenheit, mit der er sie musterte, machte alles nur noch schlimmer.
Hinter John begann Nalla laut zu schluchzen. Er drehte sich von Valerie weg und nahm seine Tochter in den Arm.
"Wag es ja nicht, mir einfach so den Rücken zuzudrehen!" schrie Valerie. Sie war selbst den Tränen nah.
John sah sie bittend an. "Bitte, lass uns zumindest Nalla zuliebe nicht streiten. Sie hat auch so schon genug Angst."
"Ich streite doch gar nicht", sagte Valerie plötzlich erschöpft. "Ich versuche, dein Leben zu retten."
"Ich weiß. Ich bringe Nalla nach oben und dann können wir in Ruhe reden, ok?"
Valerie nickte, obwohl sie nicht wusste, worüber sie noch reden sollten. Sie sollten lieber jede Minute nutzen, um so viel Abstand wie möglich zwischen sich und die abartigen, so unglaublich friedfertigen Aliens zu bringen, die den Mann, den sie liebte, brutal ermorden wollten. Doch Nalla zuliebe beherrschte sie sich. Sie wusste, dass sie das empfindliche Mädchen nicht wirklich würde täuschen können, aber sie gab ihr Bestes, um nach außen hin ruhig zu wirken. Valerie bemühte sich sogar um ein Lächeln.
Sobald John seine Tochter ins Bett gesteckt hatte, merkte Valerie, dass sie sich ganz umsonst Sorgen gemacht hatte. Denn er holte eine Art kleine Spritze aus seiner Reisetasche und drückte sie gegen Nallas linken Oberarm. Kurze Zeit später war das Mädchen eingeschlafen.
"Können wir jetzt bitte vernünftig über unseren Plan sprechen?" fragte Valerie betont ruhig, als sie die Treppe wieder herunter gingen.
"Aber sicher." John nickte. Sie setzten sich im Wohnzimmer auf die kleine Couch und er legte seinen Arm um Valeries Schultern.
"Wir sollten sofort von hier verschwinden", sagte Valerie ohne Umschweife.
"Das sehe ich anders", widersprach John.
"Und weshalb?" Sie bemühte sich um einen sachlichen Ton, dennoch gelang es ihr nicht ganz, das Zittern aus ihrer Stimme fern zu halten.
"Weil es nichts bringen würde", erwiderte John traurig und zog sie fest an sich.
"Das kannst du nicht wissen!"
"Doch, das kann ich. Es tut mir wirklich leid, Valerie, aber wir haben verloren."
Entrüstet starrte sie ihn an. "Du willst doch nicht einfach so aufgeben?" flüsterte sie fassungslos.
"Ich will nicht dich und Nalla dazu verdammen, euer Leben mit einer sinnlosen Flucht zu vergeuden."
"Aber es ist mein Leben und meine Entscheidung!"
John atmete tief durch. "Glaub mir, wenn ich denken würde, dass wir eine Chance hätten, ich würde mit dir fliehen. Aber es wird nichts bringen."
"Das kannst du nicht wissen", beharrte Valerie. "Bisher bist du ihnen schon zweimal entwischt."
John strich ihr zärtlich über das Gesicht und Valerie fühlte ihr Herz bei dieser Geste zerbrechen. Es lag eine solche verzweifelte Endgültigkeit darin.
"Nein!" schluchzte sie und klammerte sich an ihn.
"Es tut mir leid", wiederholte er und seine eigene Stimme zitterte. "Glaub mir, für mich ist das hier nicht einfacher."
"Doch, das ist es", widersprach Valerie mit einer Bitterkeit, die sie selbst überraschte. "Wenn sie dich mitnehmen, ist es für dich bald vorbei. Aber was wird aus mir?" Vorwurfsvoll starrte sie ihn an und spürte, wie er unter ihrem Blick weich zu werden begann. "Bitte, John", flehte sie. "Bitte, lass uns von hier verschwinden. Lass mich nicht allein zurück." Tränen strömten ihr über die Wangen und auch seine Augen wurden feucht. Sie klammerte sich an ihn und gab ihm einen verzweifelten Kuss, den er stürmisch erwiderte. "Bitte", wiederholte sie.
"Also gut." Es hörte sich fast nach einem Stöhnen an, als er sie an sich riss und ihre Lippen und ihr Gesicht mit leidenschaftlichen Küssen bedeckte.
Valerie wusste kaum, was geschah, als John sie in seine Arme nahm und sie die
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