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Seelenbrand (German Edition)

Seelenbrand (German Edition)

Titel: Seelenbrand (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Mickholz
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kann?«
    Pierre schüttelte den Kopf.
    »Na, sehen Sie! Solch ein Prachtstück könnte ich mit zeitlebens nicht kaufen! Und da bin ich eben Fahrer geworden.« Er öffnete die Tür des hinteren Kompartiments. »Und? Wie sieht’s aus Madame? Bis zum Pfarrhaus?«
    Sie sah Pierre an, der eifrig nickend an der Tür neben dem Beifahrersitz stand.
    »Und Sie können sich neben mich setzen!« rief Louis zu ihm herüber. »Nur Mut!« Er half Marie das Trittbrett hinauf und ließ sie dann in die helle Lederpolsterung sinken.
    Pierre hatte unterdessen, ohne eine zweite Einladung abzuwarten, auf der schwarz belederten Bank im vorderen Teil Platz genommen und drehte sich zu Marie um. »Na! Steht dir gar nicht schlecht, so ein Automobil, Gräfin!«
    Alle lachten, während sich der Fahrer erstaunlich behende auf seinen Arbeitsplatz schwang und dem Gefährt Leben einhauchte. Ohne großen Kraftaufwand zog er am Schalthebel und gab Gas. Das Fahrzeug rollte mit dumpfem Brummen rückwärts. »Sonst komm’ ich nicht durchs Tor!« sagte Louis, der wie selbstverständlich mit diesem Riesending hantierte.
    »Lebst du noch?« rief Pierre zu Marie nach hinten, die unsicher in der vibrierenden Polsterung hin- und herrutschte und ängstlich um sich blickte.
    »Keine Angst, wir explodieren nicht!«
    Die Männer hielten sich den Bauch vor Lachen. Mit einem kleinen Knock schaltete er in den Vorwärtsgang und rollte langsam durch den Torbogen vor die Kirche und bog dann scharf nach links ab, direkt vor das Pfarrhaus.
    »So! Das war’s schon, Herrschaften! Endstation!« lächelte Louis und brachte den Motor zum Schweigen.
    »Sie sind doch ein Glückspilz!« Pierre klopfte ihm freundschaftlich auf die Schulter. »Sie können meinen Job als Pfarrer hier sofort haben!«
    Louis lachte. »Dann hätten Sie aber diese beiden schrägen Patres am Hals!«
    »Wieso? Wie Sie sehen, haben sich die beiden doch schon in mich verbissen, oder?« Alle lachten.
    »Aber dafür wäre ich der Fahrer eines solch wunderschönen Gefährts ... quasi als Entschädigung!«
    »Männerträume!« meldete sich Marie aus dem hinteren Abteil. »Typisch!« Unsicher kletterte sie aus dem fahrenden Wohnzimmer des Gefährts hinaus. »Wenn ihr wieder auf dem Teppich seid, können wir uns um Louis’ Zimmer in der Schenke kümmern.« Sie schüttelte ihren Kopf. »Es ist mir ein Rätsel, wie sich zwei erwachsene Männer derartig für ein solches Spielzeug begeistern können.«
    Louis zwinkerte mit dem Auge. »Wenn das Ihre Haushälterin ist ... dann haben Sie hier aber auch keinen leichten Stand ... als Mann, meine ich!«
    Sie hielten sich wieder den Bauch vor Lachen.
    »Das hab’ ich gehört!« rief Marie und ging schon vor in Richtung Schenke.
    Als sie am niedergebrannten Haus des Totengräbers vorbeikamen, blieben sie einen Augenblick stehen.
    »Na, wie läuft’s?« rief Pierre herüber.
    »Danke! Sie haben mir sehr geholfen«, antwortete der Angesprochene und warf mit frischem Schwung einen verkohlten Balken vor die Tür. »Aber bis ich hier fertig bin ...«, er sah sich um und trocknete seine Stirn, »... dauert es wohl noch eine Weile.« Er reichte Pierre die Hand. »Ich schulde Ihnen was, Herr Pfarrer! Wenn Sie mich brauchen, wissen Sie ja, wo Sie mich finden!«
    »Ach was! Nicht der Rede wert!« Ein kräftiger Händedruck unter Männern besiegelte den Pakt. »Ich bin froh, daß ich wenigstens einen Menschen in der Gemeinde glücklich gemacht habe!«
    Als sie auf den plattierten Weg zur Schenke abbogen, hörten sie schon von draußen lautes Gerede und Gelache.
    »Kommst du etwa da mit herein?« fragte Marie, als sie die Klinke der Tür niederdrückte.
    »Wir haben keinen Meßwein mehr, für morgen, für die Taufe. Und was soll heute noch schiefgehen? Schlimmer geht’s ja nicht mehr!«
    Als sie zusammen mit Louis den Schankraum betraten, verstummte abrupt das Gewirr der Stimmen. Das Schnappen der zufallenden Tür war das einzige Geräusch, das durch den verrauchten Raum schoß. Vorbei an den vielleicht zwanzig Männern, die mit ihren Gläsern schweigend an alten Tischen saßen und zu ihnen herüberstarrten. Die Atmosphäre knisterte, als plötzlich ...
    »Bravo! Bravo!« rief eine Männerstimme aus der Ecke, und ein anderer applaudierte. »Bravo, Marie!« riefen andere und stimmten in das Geklatsche ein, welches unter den Rufen immer mehr anschwoll und in einem wilden Begeisterungssturm aus Jubelrufen und Applaus gipfelte. Alle Männer im Schankraum waren aufgestanden und

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