Seelenbrand (German Edition)
weiß ja nicht mal, wo hier oben und wo unten ist.«
»Tja, schade! Ich hatte eigentlich gehofft, daß wir etwas gefunden haben, das uns weiterhilft.«
»Es hat keinen Zweck!« Vorsichtig steckte er das Röllchen ein. »Wir können es ohnehin nicht entziffern.« Er erhob sich. »Aber diesen Ring da werde ich noch mitnehmen!«
»Ach ja?« Sie holte einen der zusammengefalteten Leinensäcke aus ihrer Tasche. »Dann hast du ja auch bestimmt nichts dagegen, wenn ich – aus rein archäologischem Interesse – noch ein paar von den Goldmünzen mitnehme, oder?«
»Tu was du willst!« Er war gerade damit beschäftigt, den morschen Fingerknochen der Ritterhand mit einem leichten Druck seines Daumens zu zerbröseln. »Vielleicht kann er uns noch weiterhelfen!«
Plötzlich hielt er inne und sah auf. »Merkst du das?«
Sie hörte mit der lärmenden Klimperei auf. »Was?«
»Ich glaube ... es war ein Windhauch!«
»Hier hinten hab’ ich nichts gespürt!« Sofort fuhr sie fort, den Sack weiter mit Dublonen zu füllen.
Pierre steckte den Ring in seine Tasche und blickte in den schwarzen Gang neben sich, während Marie schon emsig den zweiten Sack vollpackte. »Da schon wieder ... ein Luftzug!« rief er. »Er kommt aus diesem Loch hier!«
Schnaufend kam Marie mit den beiden Säcken in den Händen herübergeächzt.
»Hast du ihm etwa alles weggenommen?« fragte er, als er die bis zum Platzen gefüllten Leinenbehältnisse sah.
»Er hat mit keinem Ton gesagt, daß er etwas dagegen hätte!«
Er zog ein Gesicht und nahm ihr einen Dublonensack ab. »Für mich bleibt das immer noch Leichenfledderei!«
»Und was ist mit dem Ring, den du dir in die Tasche gesteckt hast?«
Pierre wollte gerade den Gang betreten, aus dem er den Windhauch wahrgenommen hatte. »Mußt du eigentlich immer das letzte Wort haben?«
»Nein!«
Er schenkte sich die Antwort. »Dann wollen wir doch mal sehen, woher diese Brise kommt!«
Der Gang war endlos lang und die Säcke elendig schwer. Sie mußten nach wenigen Metern bereits eine Pause einlegen. »Hätten es nicht auch ein paar Münzen weniger getan?« schnaufte er.
»Typisch Mann!« japsend stellte sie ihre Beute auf den Boden. »Wenn es darum geht, irgendwelchen Geheimnissen nachzujagen ... und Himmel und Hölle aus den Angeln zu heben ... dann benutzt ihr euren ganzen Verstand ... Aber hast du schon mal darüber nachgedacht, wovon du leben willst, wenn sie dich – mit der Hilfe von Pater Zacharias – in hohem Bogen aus der Kirche werfen?«
Murrend griff er sich seinen Sack. »Mich wirft niemand raus!« Er ging voraus. »Ich gehe freiwillig!«
»Ach ... da bin ich ja mal gespannt!« stichelte sie. »Das wollen wir doch mal sehen ... wenn es soweit ist!«
»Mußt du eigentlich schon wieder das letzte Wort haben?«
»Nein, nicht unbedingt, aber ...« Weiter kam sie nicht.
»Hier geht eine Steintreppe nach oben!« Er stellte den Sack auf die unterste Stufe und hielt die Laterne in die Höhe, nachdem er das kleine Glasfensterchen auf deren Vorderseite geöffnet hatte. Das Licht begann sofort zu flackern. »Der Luftzug kommt von oben!«
Sie war mit ihrer Last ebenfalls an der Treppe angekommen. »Ooh! Da rauf? Ich hab’ jetzt schon lange Arme!«
»Hier!« Er drückte ihr die Laterne in die Hand. »Ich nehmedas Gold! Aber du gehst voran ... damit ich dich besser im Auge habe.« Sie war schon um die erste Biegung verschwunden. »Und faß um Himmels willen nichts an!« Er stöhnte einmal herzhaft und setzte sich dann – quasi als Packesel der Kolonne – ebenfalls in Trab.
In engen Wendeln schraubte sich die Steintreppe wie in einem riesigen Schneckengehäuse nach oben. Stufe für Stufe ... sein Hemd war schon klatschnaß. Eigentlich hatte er gehofft, daß sie es in einem Rutsch nach oben schaffen könnten, so gemütlich war es in diesem Muff hier unten ja schließlich auch nicht, aber ...
»Halt! Pause!« Seine Arme waren schon zehn Zentimeter länger. Schnaufend setzte er die Säcke ab. »Was willst du überhaupt mit den ganzen Goldmünzen?« Sie kam die letzten Stufen wieder zu ihm hinunter. »Willst du im nächsten Laden ab morgen einfach mit einer Golddublone bezahlen?«
»Männer!« Bei so viel Unverständnis mußte sie einfach die Arme hochreißen. »Du kennst zwar die Bibel und diesen ganzen Kirchenkram ... aber vom alltäglichen Leben habt ihr Geistlichen wohl keine Ahnung?«
»Noch-Geistlicher! Wenn ich bitten darf!«
»Pause beendet!« rief sie und war mit der Lampe schon
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