Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Seelenbrand (German Edition)

Seelenbrand (German Edition)

Titel: Seelenbrand (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Mickholz
Vom Netzwerk:
nur darum, seinen reichen Untergebenen schlechtzumachen. Und nur weil der Alte mehr Geld besessen hatte, als der Bischof, wünschte ihn dieser – aus gekränkter Eitelkeit – in die Hölle! Es war doch wohl offensichtlich, daß es hier nur ums Geld ging!
    Die Villa, über die sie sprachen, lag Mauer an Mauer im Rücken des Pfarrhauses. Bislang hatte er noch gar keine Zeit gehabt, sich das Gebäude näher anzusehen. Die Fenster und Türen waren allesamt verrammelt.
    »Er hat sie Villa Bethania genannt«, fuhr Marie fort.
    »Bethania ... Bethania?« er strich sich übers Kinn.
    »War dieses Bethanien nicht der Wohnsitz von Lazarus, dem Bruder von Maria Magdalena?« Ihr Mundwerk hatte ihn schon wieder überholt. Pierre blieb daher nur noch die Möglichkeit anerkennend zu nicken. Wie ich es mir gedacht habe: Schnüffelitis! Es gibt wohl nichts, in das sie ihre Nase noch nicht gesteckt hat!
    »Sie wissen aber eine ganze Menge über Rennes und den alten Abbé, Marie!«
    »Was glauben Sie, wieviel bei Tante Pauline in der Pensiongeredet wird, da schnappt man unwillkürlich das eine oder andere auf. Sie sollten ihre Gäste unbedingt mal kennenlernen. Einige von ihnen wohnen schon seit Jahren bei ihr.« Sie überlegte. »Ein paar haben unseren alten Pfarrer sogar noch persönlich gekannt.«
    »Und Sie?« fragte Pierre.
    »Wie?«
    Hatte sie ihn nicht verstanden, oder wollte sie nicht? »Ob Sie ihn auch persönlich gekannt haben?« Hab’ ich’s doch gewußt, daß das hübsche Luder etwas zurückhält!
    »Also ...«, wand sie sich plötzlich wie ein Aal, »wenn Sie mich so fragen ...«
    »Also, was ist nun?« setzte er noch einmal nach.
    Schließlich rang sie sich doch noch ein ausgesprochen unwilliges »Ja« ab.
    »Also wissen Sie, Abbé du Lac, ich komme schon seit meiner Kindheit regelmäßig nach Rennes zu Tante Pauline.«
    Aha! Sie wollte das Thema wechseln. Aber vielleicht erfuhr er so noch etwas Brauchbares. Auf ihr Verhältnis zum Alten würde er bei anderer Gelegenheit ohnehin noch einmal zurückkommen.
    »Früher in den Ferien. Ich war damals im Internat. Tante Pauline war wie eine Mutter für mich. Sie hat mich großgezogen.« Eine Träne kullerte aus ihrem Auge. »Ich habe meine richtige Mutter nie kennengelernt.« Eine zweite Träne rann ihre Wange hinunter, noch viel größer als die erste. »Und meinen Vater auch nicht.«
    Pierre war aufgestanden und hatte ihr seine verkrustete Hand auf die Schulter gelegt. Aber nur in seiner Eigenschaft als Pfarrer. Kein Grund zum Tuscheln!
    »Tante Pauline war immer für mich da«, schluchzte sie, »wie eine richtige Mutter. Mir hat es an nichts gefehlt.« Sie wischte sich mit ihrer schmutzigen Hand eine weitere Träne ab, die noch in ihrem Augenwinkel stand.
    Da sie den Dreck in ihrem Gesicht mit dem Ärmel so richtig schön verschmiert hatte, sah sie jetzt aus wie ein Indianer mit Kriegsbemalung. Noch vor wenigen Minuten hätte er garantiert einen Scherz darüber gemacht, aber jetzt, wo sie ihm gerade ihr Herz geöffnet hatte ...
    »Das Internat, die Kunstschule, mein Atelier ... sie hat alles bezahlt.« Sie beruhigte sich ein wenig, als er ihr vorsichtig aufdie Schulter klopfte. »Vor einigen Jahren bin ich dann ganz nach Rennes gezogen.« Sie sah ihn mit vertränten Augen an. »Mein Haus und das Atelier haben Sie ja schon gesehen.«
    Er nickte nur.
    Sie riß sich unterdessen zusammen und zupfte nervös an ihrer ohnehin ruinierten Frisur herum. »Ich kenn’ das alles hier schon fast so lange wie ich lebe. Fast dreißig Jahre!«
    Tja, und jetzt? Ratlos standen sie da. Mit Rücksicht auf ihre augenblickliche Stimmungslage wollte Pierre sie nicht mit weiteren Fragen behelligen. Jetzt jedenfalls noch nicht.
    »Was meinen Sie«, er klopfte ihr aufmunternd auf die Schulter, »sollen wir uns nachher dieses Loch mal ansehen?«
    Sie lächelte.
    »Aber vorher«, er sah an sich herunter, »sollten wir wohl erst mal diese Sachen loswerden und ein Bad nehmen.« Er drehte sich noch mal zum Grab des alten Abbé um und stellte seinen Fuß auf den Rand der Grabplatte, um seine Schuhe genauer zu betrachten. »Ich fürchte«, er seufzte herzzerreißend, »die schönen Dinger sind erledigt. Das Leder hat sich völlig mit dieser Brühe vollgesogen. Und meine Soutane«, er roch angewidert an einem Ärmel, »bäh, ich fürchte ... ich werde sie verbrennen müssen.« Wenn er ehrlich war, tat es ihm um diesen öden Sack weniger leid als um die Schuhe.
    Sie roch ebenfalls an ihrem Ärmel und

Weitere Kostenlose Bücher