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Seelenbrand (German Edition)

Seelenbrand (German Edition)

Titel: Seelenbrand (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Mickholz
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Schein. »Ich bin einfach nur erstaunt, daß Sie als Priester auch noch andere Sachen besitzen. Und außerdem hab’ ich Sie doch noch nie ...«, sie zögerte.
    »... in Zivil gesehen?« half er ihr auf die Sprünge.
    Sie nickte verlegen.
    »Ja, ich weiß, ich sehe aus wie ein Bauer«, entschuldigte er sich. »Wie ein Grobklotz. Hätte ich noch einen Hut«, er mußte leise lachen, »sähe ich aus wie dieser prustende Olivier.«
    Sie machte eine undefinierbare Bewegung mit den Augen.»Aber Ihnen stehen die Sachen viel besser als ihm!« flüsterte sie herüber. Schließlich räusperte sie sich und wandte sich eiligst von ihm ab. »Aber ich finde, wir sollten endlich weitergehen und die Modefrage später diskutieren.«
    Vorsichtig tasteten sie sich auf dem schmalen Pfad zwischen den Gruben voran.
    »Finden Sie es hier auch so unheimlich?« flüsterte sie, ohne den Blick von ihren Füßen zu nehmen. »Diese fürchterlichen schwarzen Löcher! Wie offene Fischmäuler! Widerlich!«
    »Ich dachte, Sie hätten es gern schön schaurig ?« Er balancierte die Balken auf seiner Schulter wie auf einem Hochseil hin und her und folgte mit zusammengekniffenen Augen dem Flackern ihrer Laternen.
    Keine Antwort.
    »Da! Da!« hüpfte sie. »Das Grab vom alten Abbé! Wir sind da!«
    Ehe er sich versah, beugte sie sich leichtsinnig weit über den Rand der Grube, aus der sie ihn befreit hatte, und in deren Boden immer noch dieses schwarze Loch klaffte.
    »Ich kann nichts sehen!« Aufgeregt sprang sie umher und streckte beide Arme mit den Laternen über der Grube aus.
    Polternd legte Pierre die dicken Balken auf die Grabplatte des Abbé.
    »Psst!« Sie fuhr herum und hatte ihren Zeigefinger an den Lippen. »Leise! Sie haben doch gesagt, wir müssen leise sein, damit ...«
    »Ja, ja«, fuhr er ihr ins Wort. »Ich weiß genau, was ich gesagt habe. Aber jetzt kommen Sie erst mal da weg!« Mit spitzen Fingern zog er sie an ihrem weißen Blusenärmel. »Das kann man ja nicht mit ansehen!«
    Widerwillig, aber ohne weiteren Protest, ließ sie sich von ihm ans Grab des Alten und seiner Geliebten drängen. Dort war sie wenigstens erst einmal sicher ... vor ihrer eigenen Neugier.
    Er sah sich um. Eine pechschwarze Nacht umhüllte sie. Kein Mond, kein Laut, ja nicht einmal ein Windzug. Alles schien den Atem anzuhalten. Sie hatte die Laternen auf der Grabplatte der Haushälterin des Alten abgestellt. Gespenstisch zitterten die Lichtkegel hin und her, wie die Seelen der Verlorenen in der ewigen Dunkelheit der Hölle.
    »Wie wär’s, wenn Sie sich erst mal da hinsetzen?« Mit sanfter Gewalt zwang er sie, sich neben den Lampen niederzulassen. Ihr Haar schillerte im Schein der Laterne, und ihr hübsches und zierliches Gesicht wurde von den Fingern aus gelbem Licht gestreichelt.
    »Und was machen wir jetzt?« riß sie ihn aus seinen Gedanken.
    Er räusperte sich kurz und kräftig. »Geben Sie mir mal den alten Sack rüber!« Er nahm den geschlossenen Blechbehälter von seinem Gürtel, öffnete ihn und tränkte mit dessen Inhalt das Lumpenstück. »Petroleum!« kam er ihrer Frage zuvor. »Alles aus dem Werkzeugschuppen!«
    Er faßte den vollgesogenen Fetzen an einer Ecke und hielt ihn über die Grube. Marie beäugte ihn neugierig, schien aber den Nutzen seines Tuns noch nicht begriffen zu haben.
    »Kommen Sie«, flüsterte er ihr schließlich aufmunternd zu, »wir wollen doch mal sehen, was da unten ist.«
    Während er die unterste Ecke des Sacks, den er immer noch in der Hand hielt, anzündete, setzte sich Marie eilig an den Rand der Grube. Aus der kleinen blauen Flamme wurde sofort ein leuchtend gelber Ball, der von dem ganzen Stoff Besitz ergriff und den Friedhof in ein helles Licht tauchte. Hastig ließ er die lodernde Fackel in das Loch fallen und kniete sich neben Marie auf dem Boden nieder. Bevor der Lappen in dem Loch verschwand, das der Grabstein im Boden der Grube geschlagen hatte, beleuchtete er kurz einige der Totenschädel und Knochen zwischen denen er noch heute morgen gestanden hatte. Der Wasserstrom hatte sie wohl vergessen und so lagen sie nun in einer Ecke des trockengefallenen Grabes.
    »Er ist schon unten!« rief Marie. »Sehen Sie!«
    Und tatsächlich. Nach kurzer Zeit war der lodernde Lumpen bereits am Grunde aufgeklatscht und brannte in hellem, gelben Licht ruhig vor sich hin. Aber so sehr sie auch ihre Hälse reckten und mit zugekniffenen Augen versuchten etwas in der Tiefe zu erspähen, es war vergebens.
    »Jetzt wissen wir

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