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Seelenfänger

Seelenfänger

Titel: Seelenfänger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Brandhorst
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immer an den Griffen des Rollstuhls. Er spricht von wir, als gehörte er wirklich zu uns.
    »Mr. Fukuroku legt großen Wert darauf, dass der Kreis der beteiligten Personen möglichst klein bleibt«, fügte Thorpe mit einem kurzen Blick auf den Asiaten hinzu.
    Rasmussen seufzte. »Na schön. Ihr habt es gehört«, wandte er sich an die anderen Traveller. »Ich gebe euch später Bescheid, wie es Teneker geht.«
    »Ist das der Mann, über den wir gesprochen haben?«, fragte der Asiat, als die anderen Traveller gegangen waren.
    »Ja«, bestätigte Thorpe.
    »Und die Frau? Brauchen wir sie?«
    »Das ist Florence, seine Therapeutin«, sagte Rasmussen. »Sie begleitet ihn bei seinen Reisen.«
    »Braucht er eine Begleiterin?«
    »Ich glaube schon, Mr. Fukuroku«, antwortete Thorpe. »Die Therapeuten der Foundation üben nicht nur eine therapeutische Funktion aus. Sie dienen dem Traveller gewissermaßen als Verbindung zur Realität und …«
    »Ja«, sagte der Asiat. »Sie haben es mir erklärt. Ich erinnere mich. Teneker ist allein aufgebrochen.«
    »Was der Grund dafür sein könnte, dass er im Geist des Patienten feststeckt«, sagte Rasmussen.
    »Zach macht sich nicht ohne mich auf den Weg, so viel steht fest«, betonte Florence und schloss die Hände etwas fester um die Griffe des Rollstuhls.
    »Ist sie vertrauenswürdig?« Fukuroku richtete die Frage nicht an den Direktor Rasmussen, sondern an Thorpe. »Der Sicherheitsaspekt darf nicht vernachlässigt werden.«
    Der Cursor wanderte über den Monitor. Was wird hier gespielt?, schrieb Zacharias mit den Augen. Was soll dieses Affentheater?
    »Ich bin sicher, dass Florence unser aller Vertrauen verdient, nicht wahr, Jonas?«, erwiderte Thorpe.
    Eine Frau in mittleren Jahren erschien in der Tür des nächsten Behandlungszimmers. Florence erkannte Agnes, die zum spezialisierten Pflegepersonal gehörte. »Es geht ihnen schlechter, ihnen beiden.«
    Eine knappe Geste von Fukuroku ließ die Uniformierten beiseitetreten, und Florence schob den Rollstuhl hinter Thorpe und dem Asiaten ins Zimmer, das Teil einer kleinen Suite war. Zwei weitere Konzernpolizisten standen neben den Topfpflanzen am breiten Fenster, als wollten sie verhindern, dass Unbefugte von dort ins Zimmer eindrangen, im fünfundzwanzigsten Stock. Tische und Stühle waren beiseitegerückt worden, um Platz zu schaffen für zusätzliche Geräte und eine Interface-Liege, über das lokale Terminal mit Lily verbunden. Es wirkte alles recht überhastet und improvisiert, fand Florence, als sie sich im Zimmer umsah, die Hände noch immer an den Griffen des Rollstuhls. Im Patientenbett auf der anderen Seite lag ein junger, schmäch tiger Mann mit asiatischen Gesichtszügen. Mehrere Pflas ter klebten in seinem zerkratzten blassen Gesicht, und die Augen unter den Lidern bewegten sich nicht. Völlig reglos lag er da, und wenn nicht die Datenkolonnen und Zackenlinien gewesen wären, die über nahe Bildschirme wanderten, hätte Florence ihn für tot gehalten.
    »Ich nehme an, das ist der Patient«, sagte sie.
    »Ja«, bestätigte Thorpe.
    Der Cursor wanderte über Zacharias’ Monitor. Wo ist Teneker?
    »Wo ist Teneker?«, fragte Florence.
    »Im Nebenzimmer.«
    Ich möchte ihn sehen, schrieb Zacharias.
    Florence schob den Rollstuhl durch die Tür in den nächsten Raum, der den Eindruck erweckte, in aller Eile in eine Notfallstation verwandelt worden sein. Medizinische Geräte summten zu beiden Seiten des Bettes, in dem Teneker lag, ebenso blass und reglos wie der Patient, das dunkle Haar zerzaust. Dr. Anderson, einer der Ärzte der Founda tion – gut vierzig, kahlköpfig und mit einem Bauch, der sich unter dem weißen Kittel wölbte –, überprüfte die Anzeigen und drehte sich um, als Florence und Zacharias hereinkamen, gefolgt von Thorpe und Fukuroku.
    »Wie geht es ihm?«, fragte Florence.
    »Schlecht«, antwortete Anderson ernst. »Wir haben die Verbindungen gekappt, und er bekommt kein Tetranol mehr, aber er bleibt im Geist des Patienten gefangen. Vor einer halben Stunde ist es uns gelungen, ihn für einige Sekunden zu wecken, aber inzwischen reagiert er kaum noch auf äußere Reize. Seine Bewusstlosigkeit weitet sich schnell zum Koma aus.«
    Penelope, dachte Florence, und der Name erschien auch auf Zacharias’ Monitor: Penelope. Der Cursor verharrte kurz, bewegte sich dann wieder und schrieb weitere Worte. Er muss wieder verbunden werden. Und er braucht eine neue Dosis Tetranol. Machen wir uns bereit, Flo.
    »Was hält ihn

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