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Seelenfänger

Seelenfänger

Titel: Seelenfänger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Brandhorst
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davon ausgehenden dünnen Schlauch mit dem kleinen Adapter, den sie noch vom letzten Einsatz in der Armbeuge trug.
    Zacharias hatte mit einem Augen-Befehl den Elektromotor eingeschaltet und lenkte seinen Rollstuhl neben das Bett. »Wenn du noch etwas brauchst, Zach …«, sagte Florence. »Jetzt ist der richtige Moment, danach zu fragen.«
    Der Monitor drehte sich, sodass allein sie die Worte sehen konnte, die darauf erschienen. Ich brauche nur dich, Flo.
    Sie lächelte und drückte eine der schmalen Hände, die schlaff in Zacharias’ Schoß ruhten.
    Als sie den Kopf aufs Kissen sinken ließ, begegnete sie Rasmussens Blick, und auch seine Augen sprachen. Sie sagten: Es tut mir leid; mir bleibt keine Wahl.
    Hinter ihm schloss ein Mann in blauer Uniform die Tür des Behandlungszimmers und bezog davor Aufstellung. Ein anderer Uniformierter drehte die Justierstange der Jalousie am Fenster, und die Lücken zwischen den Lamellen wurden kleiner. Florence beobachtete, wie das Blau das Himmels schrumpfte, des blauen Himmels über dem blauen Meer, und die blauen Uniformen der Konzernpolizisten schienen zu einem Teil von Himmel und Meer zu werden. Tetranol, dachte sie. Der Tropf enthält nicht nur eine Nährlösung, sondern auch Tetranol. Und es begann bereits zu wirken, was auf eine hohe Dosis hindeutete. Warum gab ihr Anderson so viel, obwohl sie gerade aus einem Einsatz kam?
    Eine Welle warmen, fiebrigen Wohlbehagens schwemmte die Frage fort. Flinke Finger – Agnes – befestigten Sensoren an Stirn und Schläfen, und Florence hörte bereits das Datenflüstern der Interface-Systeme, die sie mit Lily verbanden. Gleich, dachte sie und suchte Zacharias’ wartende Augen. Gleich sehe ich dich wieder, wie du wirklich bist. Es war ein seltsamer Gedanke, losgelöst von den anderen, vielleicht schon Teil der Reise.
    Ein Gesicht erschien vor ihr. »Florence?«, fragte Thorpe. »Sie kann mich doch nicht hören, Jonas, oder?«
    »Ich … höre Sie«, sagte Florence, halb fortgetragen vom Tetranol-Wohlbehagen.
    »Bevor Sie aufbrechen, Florence … Da wäre noch etwas.« Eine besondere Eindringlichkeit lag in Thorpes Stimme. »Der Patient hat Vorrang, Florence. Verstehen Sie?«
    »Der … Patient?« Da war Zacharias, ganz nahe. Sie brauchte nur die Hand auszustrecken, die Hand des Geistes, um ihn zu begleiten. Er wartete auf sie, zuversichtlich und stark, trotz des langen Einsatzes, den sie hinter sich hatten. Sie brauchte nur die Worte zu sprechen.
    »Er hat Vorrang, Florence«, sagte Thorpe und beugte sich tiefer. Sie spürte seinen Atem. Zimt, dachte sie. Er riecht nach Zimt. Wie seltsam. »Finden Sie heraus, wer ihn entführt hat und was mit ihm geschehen ist. Das hat Vorrang, Florence. Es tut mir leid, aber es ist sehr wichtig. Anschließend können Sie sich um Teneker kümmern.«
    »Anschließend?«
    »Alle Verbindungen sind hergestellt«, erklang eine andere Stimme. Florence glaubte, dass sie Dr. Anderson gehörte.
    Sie schloss kurz die Augen. Als sie die Lider wieder hob, schien es im Zimmer dunkler geworden zu sein, und neben dem wie immer freundlichen Thorpe stand ein Mann in dunklem Anzug. Fukurokus Lippen bewegten sich, aber seine Worte galten nicht ihr, sondern Zacharias, der klein und zerbrechlich im Rollstuhl saß, den Kopf schief an der Lehne, die Augen groß und wach.
    »Identifizieren Sie den Entführer und stellen Sie fest, wie viel er herausgefunden hat, Mr. Zacharias.«
    Schluss mit dem Unfug, dachte Florence. Zuerst holen wir Teneker zurück, und dann sehen wir weiter.
    Sie sprach die magische Formel. »Programm starten.«
    Über die Interface-Verbindungen empfing Lily die Anweisungen und startete das Traveller-Programm. Der Be handlungsraum verschwand, und eine neue Welt öffnete sich vor ihr.

Penelope
    W enn ich es richtig verstehe, Jonas … Ich d arf Sie doch Jonas nennen?«, fragte Thorpe mit einem freundlichen Lächeln.
    »Natürlich«, sagte Rasmussen.
    »Nun, wenn ich es richtig verstehe, ist das Ich dieser Person an einem anderen Ort gefangen.«
    Sie standen am Bett der jungen Frau, die Penelope hieß und die man Santa Maria nannte. Thorpe befand sich erst seitwenigen Tagen bei der Foundation, aber er hatte sich gut informiert und begann zu verstehen, was die einzelnen Personen bewegte. Das gehörte zu seinen Aufgaben: sich einen Überblick zu verschaffen, nicht nur über die Projekte, sondern vor allem über die daran beteiligten Personen.
    Lebenserhaltungsmaschinen in der Nähe sangen ein leises,

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