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Seelenfeuer

Seelenfeuer

Titel: Seelenfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cornelia Haller
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auf der
Seite. Ein zerrissenes Hemd bedeckte ihren abgemagerten Leib nur an manchen Stellen. Dazwischen waren Luzias Rücken, ihre Schultern und ihre Brüste zu sehen. Die Haut war von einem wirren Netz blutverkrusteter Wunden überzogen. Ihre Beine zeigten überall blaue Male und offene Stellen. Als Johannes’ bestürzter Blick auf Luzias kahlgeschorenen Kopf fiel, traten ihm Tränen in die Augen. »Allmächtiger, was haben dir diese Bestien nur angetan?« Er ließ sich neben Luzias zusammengekauerter Gestalt auf die Knie fallen und berührte behutsam ihre schmale Hand. »Luzia, Liebes. Großer Gott!«, entfuhr es ihm, als sein ungläubiger Blick an ihren leblosen Zügen hing. Sie wirkte so verletzlich, so zart und hilflos, dass er für einen Augenblick befürchtete, zu spät gekommen zu sein. Ihre geschlossenen Augen lagen, von schwarzen Schatten umgeben, tief in den Höhlen. »Luzia, Liebes, kannst du mich hören?«, rief er voller Angst.
    Luzia erwachte nur zögernd. Sie wollte ihren Traum nicht verlassen, in dem sie Johannes’ warme Stimme hörte. »Johannes!« Mehr brachte sie nicht hervor, denn ein Schluchzen und Zittern erfasste ihren Leib.
    Er riss sie in seine Arme. Benommen fühlte sie zuerst seine tröstende Hand auf ihrer Wange, ehe sie seinen warmen Mund auf ihren Lippen spürte. Vor Glück, ihn wenigstens ein letztes Mal wiedersehen zu dürfen, konnte sie nicht aufhören zu weinen.
    Während er Luzias Gesicht mit zarten Küssen bedeckte, wiegte er sie still in seinen Armen. Für einen Augenblick war es, als hielte die Zeit das Pendel des Lebens an, um ihre Seelen für die Dauer einiger Herzschläge zu vereinen.

    »Uns bleibt nicht viel Zeit!«, flüsterte er und weihte Luzia, die nur langsam verstand, dass sie nicht träumte, in seinen Plan ein.
    »Wir fliehen gemeinsam?«, murmelte sie schwach.
    Johannes nickte. Mit fliegenden Händen legte er das Leinen bereit. Dann löste er Luzias Fußfesseln und trug sie hinüber, denn sie war viel zu schwach, um ohne seine Hilfe gehen zu können.
    »Du musst mir jetzt vertrauen! Ich gebe dir von der Alraune. Sie nimmt dir die Schmerzen und lässt dich tief schlafen.«
    Luzia schluchzte und nickte dankbar. Sie wollte endlich keine Schmerzen mehr fühlen und sich von Johannes davontragen lassen. So oft hatte sie auf ihn gehofft. Hatte gebetet und manchmal auch geflucht, und jetzt endlich war er doch noch gekommen. Der Medicus legte ihr ein zusammengerolltes Rosenblatt unter die Zunge. Luzia fühlte die starke Wirkung der frischen Alraune, die in Verbindung mit dem Schlafmohn bald dafür sorgte, dass sie müde wurde und sich ihre Glieder entspannten.
    Ehe sich der Stoff endgültig über ihr schloss, berührte Johannes ihre Wange.
    »Wenn du wieder aufwachst, bist du in Sicherheit, und ich werde nie wieder von deiner Seite weichen«, flüsterte er.
    »Was habt Ihr hier zu schaffen?«
    Ein gewaltiger Schreck fuhr Johannes durch die Glieder. Wer war das? Was sollte er antworten? Er holte Atem, ehe er sich zur Tür drehte. Unter der Tür stand ein kräftiger Mann, dessen Gesichtsausdruck auf Heftigkeit schließen ließ. Auf Antwort wartend, stemmte er ungeduldig die Hände in die Hüften. Johannes setzte das strenge Gesicht des Medicus auf, der wusste, was er tat.

    »Wer will das wissen?«, fragte er mit der ganzen Autorität, die er in diesem Augenblick aufbringen konnte.
    »Urban Stauber, ich bin als neuer Wachmann durch die Stadt Ravensburg beauftragt, zu sehen, was Ihr hier unten treibt!«, gab Stauber zur Antwort.
    »Was ich hier unten treibe?«, wiederholte der Medicus die Worte des Wachmanns. »Macht besser, dass Ihr hinauskommt, oder wollt Ihr dem alten Burger in den Tod folgen?«, fuhr Johannes den Wächter an.
    »Das magere Gerippe soll Burgers Leiche sein?«, fragte Stauber misstrauisch und deutete auf Luzias in Leinen gehüllte Gestalt.
    Johannes spürte, wie unter der enormen Anspannung seine Hände zu zittern begannen. Sein Mund fühlte sich an, als würde ein Sandsturm darin toben. Er schluckte trocken.
    »Kanntet Ihr Magnus Burger denn?«
    Der Wächter schüttelte den Kopf und murmelte etwas Unverständliches.
    »Immerhin schmachtete er bereits seit zwei Wochen in diesem Loch. Kost und Logis scheinen mir nicht gerade vom Feinsten gewesen zu sein. Allein das hat seinen Leib stark geschwächt, dazu die furchtbare Geißel der Pest. Habt Ihr je einen Pestkranken versorgt?«
    »Bei Gott, nein!«, entfuhr es dem Wachmann, und er bekreuzigte sich

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