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Seelenfeuer

Seelenfeuer

Titel: Seelenfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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hatte, hing an einem seidenen Faden. Zum erstenmal in den langen Jahren seines Daseins bei Hof setzte die Königin ihre ganze Hoffnung und ihr ganzes Vertrauen in ihn. Vielleicht war nun endlich der Weg frei zu seinem höchsten Ziel – dem königlichen Schlafgemach.
    Kazlah wanderte in Gedanken versunken auf und ab. Lasha beobachtete ihn; halb haßte, halb bewunderte sie diesen Arzt, von dem sie sich gegen ihren Willen im Lauf der Jahre allzu abhängig gemacht hatte. Er war ein ehrgeiziger Mann, und ehrgeizigen Männern durfte man nicht trauen. Lasha erinnerte sich noch an den Tag, als Kazlah, ein Neuling am Hof, in Furcht und Unterwürfigkeit vor ihr gekrochen war und nicht gewagt hätte, ihr ins Gesicht zu blicken. Doch was jedem anderen den Tod brachte, war ihm nun gestattet. Dank jahrelanger geschickter Intrigen war der Sohn eines arabischen Nomaden zu schwindelnden Höhen emporgeklettert. Auf seinem Weg nach oben hatte sich Kazlah die Geheimnisse der Heilkunde angeeignet und im Lauf der Jahre mit kluger Berechnung dafür gesorgt, daß die königliche Familie und jene Höflinge, die im Palast lebten, in seine Abhängigkeit gerieten. Lasha mochte ihn hassen, aber sie brauchte seine Hilfe.
    »Gut, Jungfrauen also«, sagte Kazlah endlich und verneigte sich vor der Königin. »Weiße Jungfrauen vielleicht mit reiner, makelloser Haut. Vielleicht wird das den König anregen.«
    Lashas eisiges Gesicht zeigte Unmut. Wo, in diesem Land sengender Sonne und glühender Wüstenwinde, sollte man milchhäutige Mädchen auftreiben?
    »Laß nach Palmyra schicken«, sagte sie nach einer Weile kalten Schweigens. »Dort lebt ein Mann, ein Sklavenhändler, der die Straßen beobachtet.«
    »Aber, meine Königin, die Straßen werden von römischer Polizei bewacht.«
    »Die Polizei kann nicht überall zugleich sein.«
    »Und die palmyrenische Wüstenpolizei? Diese Oasenhändler bewachen ihre Karawanenstraßen so eifersüchtig wie ein Vater seine Töchter, denn wenn sie nicht Sicherheit auf ihren Straßen garantieren könnten, würde die Stadt Palmyra ihre Vormachtstellung als Handelszentrum verlieren. Sie würde wieder dem Sand und den Skorpionen anheimfallen. Eher kann man es wagen, die Wasserversorgung abzuschneiden als jene zu bedrohen, die auf palmyrenischen Straßen reisen.«
    Lasha kniff das gesunde Auge zusammen und warf ihrem ungeliebten Berater einen scharfen Blick zu. »Ich habe gehört, daß der Mann in Palmyra diskret ist. Er schlägt schnell und plötzlich zu und verschwindet in der Wüste wie ein Dschinn. Und er weiß, welche Hände er mit Gold schmieren muß. Es muß sein, Kazlah.«
    Der Ton, in dem die letzten Worte geäußert wurden, mahnte den Arzt zu schweigen. Lasha war nicht in Stimmung, Widerworte zu dulden, und Kazlah wußte auch, weshalb das so war. Die Königin hatte Kazlah nicht verziehen, daß es ihm bisher nicht gelungen war, ihren Sohn von einem Sommerfieber zu heilen. Seit drei Tagen brannte Lashas Sohn in einem geheimnisvollen Fieber, und bisher hatte keines von Kazlahs Mitteln angeschlagen.
    Schon erging man sich im Palast in eifrigen Mutmaßungen über Kazlahs Schicksal. Was würde dem mächtigen Leibarzt geschehen, fragte man sich, wenn der junge Prinz sterben sollte?
    Kazlah fröstelte in der warmen Augustnacht. Er wollte nicht daran denken. Die Königin war nicht für ihre mitleidige und barmherzige Seele bekannt. Sie würde sich eine grausame Strafe für ihn einfallen lassen, dessen war Kazlah sicher.
    »Nun gut, meine Königin«, sagte er, klein beigebend. »Nenn mir den Namen des Palmyrenen.«

13
    »So«, sagte der alte Römer befriedigt. »Was hältst du davon?«
    Selene blickte in die Flamme, die plötzlich wie durch ein Wunder aus dem Holzhaufen in die Höhe stieg. Aber sie sagte nichts.
    Ignatius sah auf den durchsichtigen Stein in seiner Hand und zuckte die Achseln. Die meisten Leute waren beeindruckt, wenn er mit diesem Stein ein Feuer entzündete. Aber dieses Mädchen hatte mit den Schaulustigen, die ihn sonst umgaben, wenig gemein. Zum einen war da die sterbende Mutter, für die sie sich verantwortlich fühlte; zum anderen schien sie von der Vorstellung besessen, daß jemand ihr folgte. Seit sie Antiochien vor zwei Wochen verlassen hatten, war Ignatius aufgefallen, daß das Mädchen immer wieder nach rückwärts blickte, als halte sie Ausschau, als erwarte sie jemanden. Sie tat ihm leid, und er fühlte sich getrieben, ihr ein Geschenk zu machen.
    »Nimm den Stein, mein Kind«, sagte er

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