Seelengesaenge
Problem.
»Was für eine Gefahr?« erwiderte Stanyon verblüfft.
»Denkt drüber nach. Für wie lange Zeit wollen wir dieses Universum verlassen?«
»Ich hatte eigentlich nicht vor, jemals wieder zurückzukommen«, antwortete Hudson Proctor bissig.
»Ich auch nicht. Aber die Ewigkeit ist eine verdammt lange Zeit, oder nicht? Und in diesen Dimensionen müssen wir allmählich zu denken anfangen.«
»Und?« fragte er.
»Wie viele Menschen gibt es in Valisk zum gegenwärtigen Zeitpunkt?«
»Knapp neunhunderttausend.«
»Also nicht ganz neunhunderttausend Leute. Und der Sinn des Lebens, oder jedenfalls die beste Definition, die ich je dafür haben werde, ist das Sammeln von Erfahrungen. Soviel es geht, solange wie möglich.« Sie musterte ihre Berater mit einem morbiden Grinsen. »Das wird sich nicht ändern, ganz gleich, in welches Universum wir uns zurückziehen. Wie die Sache aussieht, sind wir nicht genug. Nicht, wenn wir für den Rest der Ewigkeit neue und verschiedene Erfahrungen sammeln wollen. Wir brauchen Vielfalt, um frisch zu bleiben, sonst spielen wir bis in alle Ewigkeit Varianten ein und des gleichen Grundthemas. Fünfzigtausend Jahre, und wir kommen in dieses Universum zurück vor lauter Langeweile!« Sie hatte gewonnen; sie konnte spüren, wie sich Zweifel und Unsicherheit in ihren Köpfen breitmachten.
Hudson Proctor lehnte sich in seinem Sitz zurück und schenkte ihr ein träges Lächeln. »In Ordnung, Kiera, du hast offensichtlich schon weiter gedacht als wir. Wie lautet die Lösung?«
»Es gibt zwei mögliche Lösungen. Erstens: Wir benutzen die Hellhawks und lassen uns auf eine terrakompatible Welt evakuieren, wo wir unsere Possessionskampagne fortsetzen. Ich persönlich hasse diese Vorstellung. Die Kriegsschiffe von Srinagar mögen vielleicht nicht imstande sein, in Valisk einzubrechen, aber wenn wir versuchen, auf einem Planeten zu landen, sind wir sitzende Enten. Die andere Alternative besteht darin, daß wir Leute zu uns nehmen. Valisk ist imstande, eine Bevölkerung von sechs oder sogar sieben Millionen Menschen zu unterstützen, und das ohne unsere energistischen Fähigkeiten, die Systeme zu verbessern! Sechs Millionen sollten wirklich ausreichend sein, um unsere neue Gesellschaft lebendig und vital zu erhalten.«
»Du machst Witze! Du willst fünf Millionen Leute nach Valisk schaffen?«
»Ganz genau. Es dauert seine Zeit, aber es ist zu schaffen.«
»Ein paar Leute vielleicht, ja, aber so viele … Unsere Bevölkerung wächst doch auch so, oder nicht?«
»Nicht bis auf fünf Millionen. Wir müßten die nächsten zehn Jahre dafür sorgen, daß jede Frau dauernd schwanger ist. Vielleicht sind wir im Augenblick diejenigen, die das Sagen haben, aber wenn wir versuchen, diese Vorstellung in die Tat umzusetzen, werden wir uns ganz bestimmt nicht mehr halten können.«
»Ich rede doch gar nicht von Jetzt! Ich rede von Später! Wir können auch noch Kinder haben, wenn wir aus diesem Universum verschwunden sind!«
»Tatsächlich? Das hier sind nicht unsere eigenen Körper, vergiß das nicht! Es wären niemals unsere eigenen Kinder! Der biologische Imperativ treibt uns nicht mehr an; diese Körper sind nichts weiter als sensorische Empfänger für unser Bewußtsein, das ist alles. Ich für meinen Teil habe ganz gewiß nicht vor, Kinder zu kriegen!«
»Also schön, selbst wenn wir annehmen, daß du recht hast – wohlgemerkt, ich sage nicht, daß es so ist! –, wie willst du die Menschen dazu bringen, daß sie in genügend großer Zahl kommen? Etwa die Hellhawks losschicken, um sie zu entführen?«
»Nein«, entgegnete sie zuversichtlich. »Wir laden sie ein. Ihr habt alle die Starbridge-Leute gesehen mit ihren Stämmen. Überall in der Konföderation gibt es Unzufriedene wie sie. Ich muß es wissen. Einer der Wohlfahrtsvereine, in dem ich engagiert war, half bei der Rehabilitation junger Gangster, die mit dem modernen Leben nicht zurechtkamen. Wenn wir alle aufsammeln, könnten wir wahrscheinlich zwanzig Habitate wie dieses hier mit ihnen füllen.«
»Aber wie? Wie willst du in ihnen den Wunsch erwecken, hier nach Valisk zu kommen?«
»Wir müssen eben die richtige Botschaft aussenden, das ist alles.«
Selbst tagsüber bewahrte Burley Palace seine Distanz zum Rest der Stadt Atherstone: umgeben von einer ausgedehnten Parklandschaft auf dem Kamm einer kleinen Erhebung übersah es den Rest der weitläufigen Bezirke mit einer gebührend königlichen Entrücktheit. In der Nacht
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