Seelengesaenge
erhabener.
Hunderte von Innenhöfen mit wunderbar gepflegten Gärten darin glitten unter dem Flieger hindurch, während der Pilot langsam tiefer ging. Ralph aktivierte ein schwaches Beruhigungsprogramm – wahrscheinlich verstieß es gegen jede niedergeschriebene oder überlieferte Etikette, elektronisch stimuliert vor seinen Souverän zu treten, aber verdammt, er konnte es sich einfach nicht leisten, Nerven zu zeigen. Das Königreich konnte es sich nicht leisten.
Acht bewaffnete Gardisten der Königlichen Marines erwarteten ihn am Fuß der Aluminiumleiter, nachdem der Flieger in einem der äußeren Gärten gelandet war. Der Kommandant der Gardisten schlug die Hacken zusammen und salutierte.
»Verzeihung, Sir, aber ich muß Sie bitten stillzuhalten.«
Ralph schielte auf die chemischen Projektilwaffen, die auf ihn gerichtet waren. »Selbstverständlich.« Die kalte Luft ließ seinen Atem zu grauem Dampf kondensieren.
Der Kommandant gab einem seiner Leute einen Wink, und die Soldatin trat mit einem Sensorpad in der Hand zu Ralph. Sie hielt das Pad an seine Stirn, dann fuhr sie über seine Hände.
»Negativ, Sir!« bellte sie.
»Sehr gut. Mister Hiltch, würden Sie mir bitte Ihren ESA-Identifikationskode sowie Ihre militärische Transportautorisierung übermitteln?« Der Kommandant hielt Ralph einen Prozessorblock hin. »Per Datavis, Sir.«
Ralph kam der Bitte nach.
»Danke sehr, Sir.«
Die Marines schulterten ihre Waffen, und Ralph atmete erleichtert auf. Er war froh zu sehen, wie ernst sie die Bedrohung durch Possession nahmen, auch wenn die Prozedur für den einzelnen unangenehm war.
Ein Mann in mittlerem Alter trat aus einer der Türen ganz in der Nähe und kam zu Ralph. »Willkommen auf Kulu, Mister Hiltch«, sagte er und streckte Ralph die Hand entgegen.
Daß er ein Saldana war, erkannte man auf den ersten Blick – seine Größe, seine Statur, die charakteristische Nase machten es für jedermann offensichtlich. Das Dumme war nur, daß es so viele Saldanas gab. Ralph startete eine Identitätsüberprüfung in seiner neuralen Nanonik – sein Gegenüber war der Duke of Salion, einer der mächtigsten und zugleich unauffälligsten Männer des Reiches. Der Duke war Vorsitzender des Sicherheitsrates der Krone und der erste Vetter von Alastair II.
»Sir! Danke sehr, daß Sie mich hier empfangen.«
»Keine Ursache.« Er führte Ralph durch die Tür ins Innere des Gebäudes. »Die Botschaft von Prinzessin Kirsten machte deutlich, daß Sie ein bedeutender Mann sind. Ich muß sagen, daß wir hier alle extrem erleichtert waren zu hören, daß Ombey einen so massiven Angriff der Besessenen abwehren konnte. Dem Fürstentum fehlen schließlich die Ressourcen, die den weiter entwickelten Welten des Königreichs zur Verfügung stehen.«
»Ich habe den Rauch über Nova Kong gesehen, während wir landeten. Wie es scheint, ist niemand gegen die Besessenen immun.«
Unmittelbar hinter der Tür erwartete ein Lift die beiden Männer. Der Duke übermittelte dem Prozessor per Datavis einen Befehl, und Ralph spürte, wie sich die Kabine zuerst ein Stück weit abwärts und dann in horizontaler Richtung bewegte.
»Bedauerlicherweise, ja«, gestand der Duke. »Allerdings gehen wir davon aus, daß wir sie hier auf Kulu unter Kontrolle haben. Und erste Anzeichen in den übrigen Fürstentümern sprechen dafür, daß auch dort die Invasion zum Stillstand gekommen ist. Glücklicherweise sieht alles danach aus, als wäre das Schlimmste vorüber.«
»Wenn ich fragen dürfte – was war das für ein Sensor, mit dem die Soldatin mich überprüft hat, Sir?«
»Sie wurden auf das Vorhandensein statischer Elektrizität überprüft. Die Ingenieure der Konföderierten Navy haben herausgefunden, daß die Besessenen eine schwache, aber beständige elektrostatische Ladung tragen. Eine sehr einfache Methode, aber bisher hat sie sich als unfehlbar erwiesen.«
»Das nenne ich zur Abwechslung mal eine gute Nachricht, Sir.«
»Sicher.« Der Duke lächelte sarkastisch.
Die Lifttüren öffneten sich zu einem langgestreckten Vorraum hin. Ralph mußte sich zusammenreißen, um nicht mit offenem Mund zu gaffen. Er hatte geglaubt, der Burley Palace sei opulent, doch hier erreichte das Konzept von Schmuck und Zierde eine völlig neue Dimension. Marmor ertrank fast unter arabesken Mustern aus gehämmertem Platin, und die kirchenhohe Decke war mit Fresken verziert, die unter dem hellen Strahlen der galaktischen Kronleuchter kaum zu erkennen waren.
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