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Seelengesaenge

Seelengesaenge

Titel: Seelengesaenge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter F. Hamilton
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Meine Aufgabe wäre um vieles leichter, wenn ich mit Ihrer Inbrunst glauben könnte. Daß wir Menschen eine Seele besitzen möchte ich nicht bezweifeln, obwohl wir sicher sein können, daß unsere wunderbaren wissenschaftlichen Kollegen eine solide Rationale in den verschwommenen Schatten der Quantenkosmologie suchen werden. Und wer weiß, vielleicht finden sie sogar, wonach sie forschen? Und was dann, Horst? Sie müssen jetzt darüber nachdenken. Sie können sicher sein, daß andere das ebenfalls tun. Von heute an ist Spiritualität real, und sämtliche Religionen der Menschheit werden gewissenhaft wie niemals zuvor an dieses Thema gehen. Was ist mit all den anderen, die behaupten, ihr Weg wäre der richtige Pfad zu Gott? Was ist mit den Muslimen, den Hindus, den Buddhisten, den Sikhs, den Konfuzianern, den Shintoisten, selbst den Starbridge-Leuten, ganz zu schweigen von all den vielen Kultisten und Sektierern?«
    »Der Ursprung aller Religionen ist identisch, das ist es, was zählt. Die Menschen müssen Vertrauen haben und an Gott glauben. Wenn man an seinen Gott glaubt, dann glaubt man an sich selbst. Es gibt kein größeres Geschenk im Leben als das.«
    »Wir fischen in sehr trübem Wasser, Horst«, murmelte Joseph Saro. »Und Sie, sie sind zu einem Mann mit starken und beeindruckenden Visionen geworden. Ich verneige mich demütig vor Ihnen, und ich verspüre sogar so etwas wie Angst. Sie müssen unbedingt am nächsten Sonntag die Predigt halten; Sie werden die Menschen in Scharen in die Kirche ziehen. Vielleicht sind Sie ja einer der ersten Neuen Evangelisten.«
    »Das glaube ich nicht, Hochwürden. Ich bin einfach durch das Nadelöhr gegangen, weiter nichts. Der Herr hat mich geprüft, wie er uns alle in den kommenden Monaten prüfen wird. Ich habe meinen Glauben zurückgewonnen. Dafür muß ich den Besessenen sogar danken.« Unbewußt strich er sich über den Hals und betastete die winzigen Narben, die unsichtbare Hände an seiner Kehle hinterlassen hatten.
    »Ich hoffe nur, der Herr prüft mich nicht so hart wie Sie«, antwortete Joseph Saro unglücklich. »Ich bin viel zu alt und eingefahren, um das zu vollbringen, was Sie auf Lalonde getan haben. Damit will ich nicht andeuten, daß ich nicht stolz bin auf Sie, Horst, denn das bin ich ganz gewiß. Sie und ich, wir beide predigen strikt das Neue Testament, und doch hat der Herr Ihnen eine alttestamentarische Aufgabe gestellt. Und sie haben allen Ernstes einen Exorzismus durchgeführt, mein Sohn?«
    Horst mußte lächeln. »Ja, Hochwürden, das habe ich tatsächlich.«
     
    Captain Gourtan Mauer erbrach sich noch immer, als der Deckel der Null-Tau-Kapsel über ihm zuglitt und Schwärze ihn umfing. Die Foltern und Obszönitäten mochten seine Würde zerstört haben; das erbärmliche Flehen und die Versprechungen waren Beweis genug dafür, doch er war noch immer bei vollem Verstand. Quinn trug dafür Sorge, und er meinte es ernst. Nur Menschen, die geistig bei voller Gesundheit waren, waren imstande, die feinen Nuancen der Qualen zu spüren, die ihnen zugefügt wurden. Und so waren Barbarei und Grausamkeit stets einen Deut unterhalb dessen geblieben, was den Kommandanten der Tantu unwiederbringlich in den Wahnsinn getrieben hätte. Auf diese Weise konnte er Tage durchstehen, vielleicht sogar Wochen. Und das Null-Tau würde ihn frisch halten, für den Fall, daß Quinns Wut wieder aufstieg. Für Mauer würde es keine Phasen der Erleichterung geben, nur eine einzige anhaltende Tortur.
    Quinn lächelte bei dem Gedanken daran. Seine Robe mitsamt der Kapuze schrumpfte zu einer mehr praktischen Größe, und er stieß sich vom Decksboden ab. Das Zwischenspiel war nötig geworden, damit er sein inneres Gleichgewicht nach dem Desaster im irdischen Sonnensystem und der demütigenden Flucht wiederfand. Gourtan Mauer war ein geeignetes Ventil für Quinns Wut. Er konnte sich kaum an der Schiffsbesatzung austoben; sie waren nur noch fünfzehn Leute, und davon war niemand entbehrlich.
    »Wohin gehen wir jetzt, Quinn?« fragte Lawrence Dillon, als die beiden durch den Niedergang in Richtung Brücke schwebten.
    »Ich weiß es nicht. Ich wette, inzwischen weiß der größte Teil der Konföderation Bescheid über die Possession. Das macht es verdammt schwierig.« Er wand sich durch die Schleuse auf die Brücke und warf einen Blick in die Runde, um zu sehen, wie weit die Arbeiten während seiner Abwesenheit gediehen waren.
    »Wir sind fast fertig, Quinn«, meldete Dwyer stolz. »Die

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